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Kolumne – Die gute Frage

© Lisa Rock für den Tagesspiegel

Die gute Frage: Warum erkälten wir uns im Winter leichter als im Sommer?

Trockene Luft und ein schwächeres Immunsystem machen anfälliger für die Viren, die ihrerseits in der kalten Jahreszeit bessere Verbreitungsbedingungen finden.

Eine Kolumne von Thomas Goebel

„Das ist eine hoch spannende Frage, die wissenschaftlich gar nicht so einfach zu erklären ist“, sagt Roland Elling, Oberarzt an der Uni-Kinderklinik in Freiburg und Spezialist für Virusinfektionen. Für einen Antwort müsse man sich sowohl den Wirt – in unserem Fall den Menschen –, als auch den Erreger – also das Virus – anschauen.

Beginnen wir mit dem „Wirt“. Die draußen kalte und in Innenräumen sehr trockene Winterluft kann unsere Schleimhäute in Nase und Mund-Rachen-Bereich schädigen, weil sie die Durchblutung verringert und austrocknend wirkt. „Außerdem funktionieren die so genannten Flimmerhärchen, die den Schleim und damit auch die eingedrungenen Krankheitserreger aus den Atemwegen abtransportieren, dann nicht mehr so gut“, sagt Elling.

Viele klassische Erkältungsviren vermehren sich im Winter besser.

Roland Elling, Kinderinfektiologe

Daneben hätten Versuche bei Tieren belegt, dass auch das Immunsystem bei Kälte weniger gut arbeitet: Das so genannte Interferonsystem ist ein Teil unseres Immunsystems. Die Botenstoffe sorgen dafür, dass die Zellen schnell und wirksam gegen eine Virusinfektion geschützt sind. Studien hätten gezeigt, dass dieses System bei niedrigeren Temperaturen weniger wirksam sei, sagt Elling – auch wenn die genaue Erklärung hierfür noch unklar ist.

Tierexperimente hätten zudem gezeigt, dass eine geringere Zahl von täglichen Sonnenstunden wohl auch einen negativen Einfluss auf das Immunsystem haben könne. Das könnte auch daran liegen, dass dann weniger Vitamin D, das wichtig für die Abwehr ist, gebildet wird.

Auch auf der Erreger-Seite spielen die Umweltbedingungen eine Rolle. Manche Viren reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. „Viele klassische Erkältungsviren vermehren sich im Winter deshalb besser“, erklärt der Kinderinfektiologe.

Aber: „Die typischen Infektionswellen, wie wir sie auch bei Corona sehen konnten, hängen vor allem auch damit zusammen, wie viele Menschen gerade empfänglich für eine Infektion sind.“

Weitere Versuche hätten Hinweise darauf ergeben, dass es im Winter bei Mensch oder Virus noch andere Faktoren geben müsse, die die saisontypischen Erkältungen ebenfalls begünstigten – wie diese aussehen, sei aber bisher noch unklar.

Um sich gegen Erkältungen zu schützen, sei es in jedem Fall sinnvoll, die Raumluft zu befeuchten und gelegentlich zu lüften. Was unser Immunsystem auch im Winter stärkt, sei ganz einfach: „Gute Ernährung und ausreichend Schlaf.“

Viele andere landläufige Tipps, wie etwa nicht mit feuchten Haaren aus dem Haus zu gehen, seien eher moderne Mythen.

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