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Leeres Wartezimmer in einer Arztpraxis.

© dpa/Daniel Karmann

Update

„Diskriminierung der gesetzlich Versicherten“: Kassen pochen auf Terminvergaben nach medizinischer Notwendigkeit

Wer gesetzlich versichert ist, muss meist wochenlang auf einen Arzttermin warten. Das sei nicht länger hinzunehmen, kritisieren die Kassen. Auch Patientenschützer fordern eine Reform der Vergabepraxis.

Stand:

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen moniert bei der Vergabe von Arztterminen eine Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber gesetzlich Versicherten.

„Wer echte Gleichbehandlung will, sollte dafür sorgen, dass bei der Terminvergabe nicht mehr danach gefragt werden darf, ob jemand gesetzlich oder privat versichert ist“, sagte die stellvertretende GKV-Chefin Stefanie Stoff-Ahnis dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

„Wenn sie auf ein Buchungsportal gehen und als gesetzlich Versicherte einen Facharzttermin suchen, bekommen sie einen in sechs Wochen oder noch später angeboten. Klicken sie dagegen ‚Privatpatient‘ an, klappt es schon am nächsten Tag“, fuhr Stoff-Ahnis fort. „Die Diskriminierung der gesetzlich Versicherten gegenüber Privatpatienten bei der Terminvergabe werden wir nicht länger hinnehmen.“

Den Angaben zufolge sind 90 Prozent der Menschen in Deutschland gesetzlich versichert. „Da ist es mehr als gerechtfertigt, dass es künftig bei der Terminvergabe zu 100 Prozent um die medizinische Notwendigkeit geht und nicht darum, ob jemand GKV- oder PKV-versichert ist“, sagte Stoff-Ahnis.

Patientenschutz pocht auf transparenteres Vergabesystem

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, bemängelte ebenfalls eine Ungleichbehandlung, warf den zugleich aber den gesetzlichen Kassen vor, Hilfesuchende nicht zu unterstützen.

Das Vergabesystem für Fach- und Hausarzttermine sei undurchsichtig und seine Überprüfung überfällig, kritisierte Brysch. Dafür seien die Kassenärztlichen Vereinigungen gesetzlich verantwortlich zu machen.

Zudem müsse die künftige Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Terminvergabepraxis vorlegen. „Transparenz beendet die Diskriminierung“, betonte Brysch. Dadurch werde auch sichtbar, wie viele der bundesweit knapp 100.000 Arztpraxen an ihrer Belastungsgrenze seien.

Krankenkassen-Vorständin Stoff-Ahnis forderte zudem bei der Terminvergabe eine gesetzliche Verpflichtung für alle Arztpraxen, freie Termine tagesaktuell einem Onlineportal zur Verfügung zu stellen, auf das die gesetzlichen Kassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen zugreifen können.

„Anhand dieses Portals können dann insbesondere auch Krankenkassen Termine für ihre Versicherten vermitteln. Damit kann dann ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Arztpraxen gewährleistet werden“, erklärte sie.

Patientenschützer Brysch stellte die Online-Terminvergabe grundsätzlich infrage. „Die Vergabepraxis online zu steuern, wird im Dschungel der Zuständigkeiten verlaufen“, betonte er. Zudem seien rund 20 Prozent der Bevölkerung nicht technikaffin. (dpa, epd)

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