
© Stefan Braun
Im weißen Kittel : Ein langes und gutes Leben trotz ALS
Stephen Hawking hat seine fatale Diagnose 55 Jahre lang überlebt – entgegen jeder statistischen Erwartung. Das können Betroffene von ihm lernen.

Stand:
Mit 21 Jahren verlor der Physiker Stephen Hawking sein Leben: Er bekam in den 60er Jahren die Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) – eine unheilbare Krankheit, bei der das Rückenmark die Verbindung zu den Muskeln verliert. Die Betroffenen werden immer schwächer, können schnell nicht mehr laufen, später nicht mehr sitzen, nicht mehr reden – und schließlich nicht mehr atmen. Nach drei bis fünf Jahren sei Schluss – so die Prognose der Ärzte seinerzeit. Eine grausame Diagnose, die dem jungen Wissenschaftler keine Chance mehr gab. Hawking gab auf.
Und fing wieder an. Zwar saß er nach fünf Jahren im Rollstuhl, aber er machte als Wissenschaftler weiter. Zwar verlor er nach zwei Jahrzehnten seine Stimme, aber er hielt mit einem Sprachcomputer weiter Vorlesungen. Hawking gründete eine Familie, lehrte an der Universität, schrieb populäre Bücher über das Universum – und wurde zu einem Idol der Wissenschaft. In einer Zeit, in der er nach allen Regeln der Statistik längst tot hätte sein müssen. Statt der erwarteten kurzen Zeit lebte Hawking 55 weitere Jahre, bis er 2018 im Alter von 76 Jahren starb. Und er lebte – nach eigener Einschätzung – ein gutes Leben.
Wie hat er das gemacht? Es waren vermutlich drei Gründe: Wir können davon ausgehen, dass er optimale Pflege und Betreuung bekam. Zweitens erkrankte er in jungen Jahren, was eine längere Lebenserwartung versprechen kann (aber niemals 55 Jahre!). Und drittens, das scheint mir entscheidend, hat er seinen Lebenswillen wiedergefunden.
Hawking hat seine Krankheit akzeptiert. Nie aufgegeben. Und gemacht, was möglich war: „Meiner Meinung nach sollten sich behinderte Menschen auf Dinge konzentrieren, die ihnen möglich sind, statt solchen hinterher zu trauern, die ihnen nicht möglich sind.“ Damit lebte Hawking ein Leben, das Niemand für möglich gehalten hatte.
Alle bisher erschienenen Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Kolumnenseite des Tagesspiegel.
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