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Mehr Lebensqualität wagen: Diagnosen verändern das Leben oft radikaler, als die Krankheit selbst.
Epilepsie, Multiple Sklerose – solche Diagnosen sind für Betroffene und Angehörige ein Schock. Nicht selten richten sie ihr Leben auf die Krankheit aus. Doch das muss nicht immer sein.

Stand:
Oft passiert mehr, als nötig wäre. Beispiel Schlaganfall: Die Krankheit ist ein Schock – für Patienten und Angehörige. Meist kommt der „Schlag“ völlig überraschend. Danach regiert die Angst: Kann es wieder passieren? Aus verständlichen Gründen versuchen Angehörige, den Patienten zu schonen und zu schützen.
Aber deren Weg zurück ins Leben setzt voraus, selbst wieder aktiv zu werden. Sie müssen sich etwa Sprache, Schrift und Bewegung wieder antrainieren. Sich im Alltag behaupten. Ein befreundeter Neurologe pflegte Angehörige zu warnen: „Sie können Ihre Frau nicht für den Rest ihres Lebens in Watte packen.“
Ausführliche Gespräche können helfen, Lebensqualität zu bewahren
Beispiel Epilepsie: Der Patient hatte einen großen epileptischen Anfall. Der Anblick ist für die Angehörigen erschreckend, der Betroffene schlägt ohne Bewusstsein um sich und kann sich verletzen. Für die Familie schien sich nun alles zu ändern: Den geplanten Urlaub wollten sie absagen, das Leben auf die neue Situation hin grundlegend umbauen.
Einer Diagnose sollten immer längere Gespräche folgen!
Magnus Heier
Erst einige Gespräche später hatten sie ihren Weg gefunden: Urlaub, Beruf, Sport Freizeit sind weiterhin möglich – mit Einschränkungen: Autofahren etwa oder Schwimmen gehen zunächst nicht. Das meiste andere aber schon.
Beispiel Multiple Sklerose: Die junge Patientin hatte eine leichte Taubheit am Unterschenkel. Nach einigen Untersuchungen stand die Diagnose: MS. Der weitere Verlauf, der Grad zukünftiger Einschränkungen ist allerdings nicht zuverlässig vorhersehbar. Die junge Frau plante trotzdem ihr Leben radikal um – Familienplanung und Beruf wurden auf einen schweren Krankheitsverlauf, ein Leben im Rollstuhl ausgerichtet.
Das trat aber nicht ein: Nach zehn Jahren hatte sie keinen weiteren Schub gehabt, keine weiteren Symptome, keine Einschränkungen. Die Diagnose hatte ihr Leben radikal verändert, die Krankheit nicht. Eine rechtzeitige, realistische Aufklärung hätte das verhindern können. Einer Diagnose sollten immer längere Gespräche folgen!
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