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Verstaubtes Gehirn: Die Luft, die wir atmen, beeinflusst unser Demenzrisiko
Feinste Partikel, noch viel schmaler als ein menschliches Haar, können im Gehirn großen Schaden anrichten. Gut, dass endlich etwas dagegen getan wird, findet unser Kolumnist.

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In Bochum wurde eine viel befahrene Straße „entschleunigt“: Tempo 30. „Luftreinhaltung“ steht unter dem Schild. Es wird geblitzt. Was wie Schikane klingt, hat einen sehr realen Hintergrund, zumal in einem Wohngebiet. Feinstaub. Genauer: die kleinen Feinstaubteilchen PM2,5. Das sind Staub-, Ruß- oder Rauchpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 µm, also Millionstel Metern. Ein menschliches Haar ist gut 20-mal dicker. Die geringe Größe ist es, die die Teilchen gefährlich macht. Weil sie tief in die Lungenbläschen eindringen, weil sie leicht in den Blutkreislauf wechseln, weil sie sich in Organen anreichern können. Auch im Gehirn.
Nicht jeder kann aufs Land ziehen. Umso wichtiger sind luftverbessernde Maßnahmen.
Magnus Heier, Kolumnist
In einer aktuellen Studie in der Zeitschrift JAMA wurde der Zusammenhang zwischen PM2,5 und Demenz analysiert: 602 Gehirne verstorbener Probanden wurden untersucht. Außerdem wurde festgestellt, wo die Personen gelebt hatten und in welcher Menge Feinstaubteilchen dort in der Luft vorkamen.
War deren Konzentration hoch, hatten die Verstorbenen ein erhöhtes Risiko schwerwiegender neuropathologischer Alzheimer-Veränderungen im Gehirn. Und zu Lebzeiten ein höheres Risiko kognitiver Einschränkungen, also etwa bei Gedächtnis, Orientierung und Konzentration. Zahlreiche ältere Studien kommen zu ganz ähnlichen Ergebnissen: Die Luft, die wir atmen, beeinflusst die Denkfähigkeit.
Schon vor fünf Jahren hat die Lancet-Kommission Feinstaub zu den vermeidbaren Risikofaktoren für die Entstehung von Demenz (Alzheimer und andere Formen) hinzugefügt. Andere Faktoren sind Schwerhörigkeit, Diabetes, Rauchen und Bluthochdruck. Alle lassen sich beeinflussen. Der Feinstaub am schwersten: Nicht jeder kann aufs Land ziehen. Umso wichtiger sind luftverbessernde Maßnahmen wie Tempobeschränkungen, aber auch E-Autos. Allerdings nur, wenn der Strom selbst sauber ist – sonst raucht statt des Auspuffs irgendwo ein Schornstein.
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