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Volkskrankheit Alzheimer?: Die Angst vor der Demenz ist oft größer als das Risiko
Bis 2040 könnte die Zahl der Demenzkranken in Deutschland auf über zwei Millionen steigen. Doch die schockierenden Prognosen sind nur ein Teil der Wahrheit, sagt unser Kolumnist.

Stand:
Immer wieder kommen Patienten in die Praxis, die befürchten, unter einer beginnenden Demenz zu leiden: „Ich vergesse Namen, Zahlen, Gesichter!“
Mehrere sehr einfache Tests zeigen fast immer, dass die Angst in dem Moment unbegründet ist. Aber sie ist verständlich: Denn einerseits ist Alzheimer oder eine andere Form von Demenz für viele Menschen das Allerschlimmste, was passieren kann. Andererseits sind Berichte über Demenzerkrankte in allen Medien omnipräsent.
Und jetzt schätzt der aktuelle Barmer-Krankenhausreport, dass die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen bis 2040 von 1,7 auf rund 2,1 Millionen zunehmen wird: katastrophale Zahlen.
Bei 80- bis 84-Jährigen liegt das Demenzrisiko bei etwa 15 Prozent, das heißt, sechs von sieben Menschen haben die Krankheit trotz hohen Alters nicht!
Magnus Heier, Kolumnist
Dabei ist anzumerken: Das Risiko, in einem bestimmten Alter an Demenz zu erkranken, ist geringer als in früheren Generationen. Eine 80-Jährige heute hat ein deutlich geringeres Risiko, als ihre gleichaltrige Großmutter gehabt hatte. Gleichzeitig hat sie aber eine große Chance, sehr viel älter als ihre Großmutter zu werden: In den vergangenen 50 Jahren hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung bei Frauen und Männern um neun bis zehn Jahre erhöht.
Genau dadurch ist aber auch die Gefahr einer Demenzerkrankung gestiegen – weil das Alter der entscheidende Risikofaktor ist: Eine 100-Jährige hat ein deutlich größeres Demenzrisiko als eine 80-Jährige. Aber auch das wird überschätzt: Bei 80- bis 84-Jährigen liegt das Risiko bei etwa 15 Prozent, das heißt, sechs von sieben Menschen haben die Krankheit trotz hohen Alters nicht!
Dass die Lebenserwartung in vielen Ländern – und auch in Deutschland – so drastisch gestiegen ist, hat zahlreiche Gründe: bessere medizinische und notfallmedizinische Behandlungen, aber auch bessere Bildung, weniger Risikoverhalten, mehr Bewegung. Bis auf Weiteres sind die höheren Demenzzahlen der Preis für ein längeres Leben.
Alle Folgen der Kolumne „Im weißen Kittel“ finden Sie auf der Übersichtsseite.
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