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Warten auf Psychiater und Psychotherapeuten: Wie viel Therapie könnten Hausärzte leisten?
Selbst in akuten Krisen ist es schwer, einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu bekommen. Das darf eigentlich nicht so sein. Doch es könnte eine Alternative geben – und zwar nicht ChatGPT.

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Tage, Wochen, Monate: Die Wartezeit auf einen Arzttermin ist in Deutschland lang – ansteigend vom Hausarzt über Augenarzt, Hautarzt, zum Psychiater und Psychotherapeuten wartet man durchschnittlich immer länger. Das darf eigentlich gar nicht sein, denn die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, die ambulante medizinische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Ob monatelange Wartezeiten diesem Vertrag entsprechen, darf man bezweifeln.
Eine psychosomatische Grundversorgung ist Teil der Facharztausbildung
Extrem sind die Wartezeiten auf Psychiater (nicht identisch mit Neurologen, die oft, aber nicht immer auch Psychiater sind) und Psychotherapeuten. Es kann viele Monate dauern, was vor allem in akuten Krisen nicht akzeptabel ist. In diesem Zusammenhang wird schon diskutiert, ob künstliche Intelligenz wie ChatGPT eine Rolle zumindest in der Überbrückung der Wartezeit übernehmen sollte – eine hochproblematische Idee mit Risiken.
Mit einem anderen Vorschlag meldete sich gerade die Ärztezeitung: Sie betont die Rolle der Hausärzte auch in der Behandlung von psychischen Krankheiten. Die Psychosomatische Grundversorgung sei längst obligater Teil der allgemeinmedizinischen Facharztausbildung – und entsprechende Gespräche könnten abgerechnet werden. Hinzu kommt, dass der Hausarzt, die Hausärztin ein „natürlicher“ erster Ansprechpartner für Patienten ist: Beide kennen einander gut, sind sich vertraut.
Damit ist die Hemmschwelle geringer als gegenüber einem fremden Therapeuten, auch über psychische Probleme zu reden. Oder über Beschwerden, die psychische Ursachen haben könnten (die Unterscheidung zwischen organischen und psychischen Krankheiten kann schwierig sein).
Ausdrücklich sollen die Hausärzte weder Psychiater noch Psychotherapeuten ersetzen. Aber sie könnten lange Wartezeiten überbrücken. Und ein erster Ansprechpartner sein. Und sie können, wie auch bei organischen Krankheiten, entscheiden, ob und wie schnell Psychiater oder Psychotherapeut hinzugezogen werden sollten.
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