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Wechselduschen, Raumklima und Rotalgennasenspray: So kommen Sie gesund durch die Erkältungssaison

Tipps zur Virenabwehr gibt es viele. Manche sind überraschend, andere teuer und wirkungslos: Diese Hausmittel, Verhaltensweisen und Vitamine helfen wirklich.

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Schniefende Mitmenschen in der U-Bahn, volle Wartezimmer beim Haus- oder Kinderarzt, leere Büros – die erste Erkältungswelle schwappt bereits durchs Land. Dabei steht die kalte Jahreszeit und damit ein noch viel größeres Infektionsgeschehen erst noch bevor.

Was also kann man tun, um sich zu schützen? Natürlich wären da die pandemieerprobten Maßnahmen: Impfen, Maske tragen, Abstand halten, Hände waschen. Daneben gibt es viele Hausmittelchen und Tipps, die helfen sollen, einer Infektion mit Erkältungsviren vorzubeugen. Doch was hilft wirklich und was kann man sich sparen?

Nichtraucher haben einen großen Vorteil

Werfen wir zunächst einen Blick auf die körpereigenen Abwehrstrategien und wie diese gestärkt werden können. Die erste Verteidigungslinie zwischen Außenwelt und Körper bilden die Drüsenzellen der Nase, die einen zähen Schleim produzieren. Dieses aus Zucker-Protein-Ketten gebildete Netzwerk ist für viele Erreger nur schwer zu durchdringen und schützt so die Atemwege.

Rauchen erleichtert die Virenausbreitung in Richtung Lunge.

Reinhold Förster, Immunologe

Die zweite Verteidigungslinie ist ein Teppich aus Millionen Flimmerhärchen. Die sogenannte Zilien bewegen sich hin und her und transportieren Schleim und an ihm haftende Erreger aus den Atemwegen ab. Das funktioniert bei Nichtrauchern gut. „Aber Rauchen schädigt das Flimmerepithel. Es verlangsamt dessen Bewegung und erleichtert dadurch die Virenausbreitung in Richtung Lunge“, sagt der Immunologe und Experte für Schleimhautimmunität Reinhold Förster vom Institut für Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Das Raumklima ist wichtig für die Schleimhäute

Ist die Luft in Innenräumen warm und trocken, dann kann dies die Schleimhaut sowie die Flimmerhärchen austrocknen, sie bewegen sich weniger. Damit dies nicht passiert, braucht es in Innenräumen eine relative Luftfeuchtigkeit von etwa 50 Prozent.

Wer lüftet und es ist draußen kalt, wirkt dem entgegen: „Kalte und auch feuchte Luft, die von draußen in warme Innenräume kommt, wird dort erwärmt“, sagt Förster, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie ist. Das habe zur Folge, dass sich die relative Luftfeuchtigkeit, also die, die für uns verfügbar ist, deutlich verringert. Die Luft im Raum wird dann trockener. „In unserem Atem geben wir eine gewisse Menge an Feuchtigkeit ab. In der Luft, die wir einatmen, ist dann jedoch weniger Feuchtigkeit enthalten als unsere Schleimhäute im Atemtrakt eigentlich brauchen.“

Deshalb ist es wichtig, die Luftfeuchtigkeit auf andere Weise zu erhöhen. Beispielsweise durch Pflanzen in den Wohnräumen sowie durch auf der Heizung stehende wassergefüllte Schalen mit großer Öffnung. Allerdings können solche Schalen auch zu Bakterienbecken werden. Deswegen müssen sie täglich gereinigt und neu befüllt werden.

Der Berufsverband der Lungenärzte warnt daher auch vor Geräten zur Luftbefeuchtung. Die Stiftung Warentest hat die Annahme bestätigt. Sowohl Verdampfer als auch Ultraschall-Vernebler haben danach die Bakterienkonzentration in der Luft erheblich erhöht. Lediglich zwei Verdunster verteilten keine wesentliche Menge an Bakterien im Raum.

Spaziergänge in kalter und feuchter Luft sind empfehlenswert.

Reinhold Förster, Immunologe

Statt nur in Haus und Wohnung zu sitzen, rät Förster: „Sehr empfehlenswert sind auch Spaziergänge in kalter und feuchter Luft.“ Aber Jogger aufgepasst: „Wer sich in der Kälte zu stark anstrengt, atmet viel kalte Luft ein und wird es nicht mehr schaffen, diese großen Luftmengen ausreichend aufzuwärmen“, warnt Förster. Dann haben es Erkältungsviren wieder leichter, die Barriere der Schleimhäute zu durchdringen.

Ingwer verbessert Durchblutung der Schleimhaut

Gleich vorweg: Es gibt keine guten Studien zur Wirkung von Ingwer. „So basiert auch die Aussage, dass Ingwertee gegen Erkältungen hilft, auf Erfahrungen der traditionellen chinesischen Medizin und der Vorstellung, dass Ingwertee wärmt“, sagt Matthias Melzig, bis vor kurzem Professor für Biologische Pharmazie an der Freien Universität Berlin. Die Schleimhaut werde jedoch durch den warmen Tee besser durchblutet. „Es sind mehr Immunzellen vor Ort, die Erkältungsviren abwehren.“ Zudem hat Ingwer aufgrund seiner Scharfstoffe auch schleimlösende Effekte.

Ingwer regt die Durchblutung an und wirkt schleimlösend.

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Rotalgenhaltiges Nasenspray bildet schützende Barriere

Der Wirkstoff Carragelose, so der Name der aus Rotalgen gewonnenen Substanz, bildet einen Schutzfilm auf der Nasenschleimhaut und kann dadurch Viren das Eindringen in die Schleimhautzellen erschweren. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt deshalb das Rotalgenextrakt. Beispielsweise zum Schutz bei größeren Menschenansammlungen wie Kino und Theater.

Ergebnisse von Studien deuten an, dass ein Spray – für Kinder und Erwachsene – mit Carragelose bei verschiedenen Atemwegserregern wirksam ist. Es kann die Viruslast im Nasensekret und die Krankheitsdauer im Vergleich zu einer nicht behandelten Kontrollgruppe verringern. Die Frage ist, wie groß der Effekt beim Einzelnen ist – es ist eine Option.

Schützt tägliches Wechselduschen vor einer Erkältung?

Beim Wechselduschen wird der Körper abwechselnd mit kaltem und warmem Wasser abgeduscht. Dieser Temperaturwechsel regt die Durchblutung von Haut und darunterliegendem Gewebe sowie die Durchblutung der Schleimhäute an. Wechselduschen sind vor allem ein gutes Training für die Blutgefäße. Techniken, die schon Pfarrer Sebastian Kneipp propagierte. Im 19. Jahrhundert sei das Erfahrungswissen gewesen, sagen Immunologen. Der Haupteffekt der Kältereize sei eine stärkere Durchblutung der Schleimhäute der oberen Atemwege. Das wiederum verhindere deren Austrocknung.

Allerdings fehlen laut der Cochrane Collaboration, ein Fundus für evidenzbasierte wissenschaftliche Informationen zusammengetragen hat, wissenschaftliche Beweise, dass Wechselduschen den Immunschutz vor Erkältungen verbessern können.

Vitamin C – beugt nicht vor, kann aber Erkältungssymptome verkürzen

Zwar kann die regelmäßige Einnahme von Vitamin C (0,2 Gramm pro Tag) laut Cochrane Erkältungen nicht verhindern. Doch die regelmäßige Nahrungsergänzung könne, so heißt es auf der Cochrane-Seite, die Dauer von Erkältungssymptomen mäßig verkürzen.

Beide Aussagen basieren jeweils auf zahlreichen Studien. Was die Behandlung einer Erkältung anbelangt: Möglicherweise hat eine größere Dosis Vitamin C einen stärkeren Effekt. Bei einer einzelnen großen Studie mit Erwachsenen und einer Behandlungsdosis von 8 Gramm beim Einsetzen der Symptome sowie bei zwei weiteren Behandlungsstudien, bei denen über 5 Tage Vitamin C eingenommen wurde, zeigte sich jedenfalls ein Nutzen. Es ist sinnvoll, über eine gesunde vitaminreiche (auch an Vitamin C) Ernährung, eine gute Grundversorgung des Organismus sicherzustellen.

Experten raten auch in der kalten Jahreszeit zu Spaziergängen.

© dpa/Marijan Murat

Zink stärkt tatsächlich das Immunsystem

Oft wird ein „zur Stärkung des Immunsystems“ angebotenes Nahrungsergänzungsmittel Vitamin C in Kombination mit Zink angeboten. Und tatsächlich ergänzt sich das Zusammenspiel dieser beiden sogenannten Mikronährstoffe in der Wirkung auf das Immunsystem. „Zink, das innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der Symptome verabreicht wird, reduziert die Dauer und Schwere der Erkältung bei gesunden Menschen“, heißt es in einer Metaanalyse der Cochrane Library

36
Prozent aller Krankschreibungen im Jahr 2022 gingen auf Atemwegserkrankungen zurück (laut BKK-Dachverband).

Zudem zeigten einige Studien, dass das Spurenelement Erkältungen verhindern kann, zumindest bei Kindern. „Wenn (Zink) für mindestens fünf Monate ergänzt wird, reduziert es das Auftreten von Erkältungen, krankheitsbedingter Abwesenheit von der Schule und die Verschreibung von Antibiotika bei Kindern.“

Laut der Metaanalyse behindert Zink die Vermehrung der Erkältungsviren. In Kombination mit Vitamin C schütze es zudem die Immunzellen vor der schädlichen Wirkung freier Sauerstoffradikale. Diese entstehen während des Abwehrkampfes des Immunsystems gegen Krankheitserreger, konkret bei der Zerlegung und Vernichtung der Keime durch die Granulozyten. Allerdings kann hoch dosiertes Zink auch unerwünschte Nebenwirkungen haben, vor allem Geschmacksveränderungen und Übelkeit.

Bei Vitamin-D-Mangel leidet das Immunsystem

Untersuchungen zeigen, dass die zusätzliche Zufuhr von Vitamin D das Immunsystem stärken kann. Dieses Vitamin kann der Mensch mit der Nahrung aber nur unzureichend aufnehmen. Der Körper muss das Vitamin selbst zusammenbauen, und dafür benötigt er Sonnenlicht. Steht das Licht nicht ausreichend zur Verfügung, zum Beispiel im Winter, kann es schnell zu einem Mangel kommen. 

Nach einer in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlichten Untersuchung der Universität Kopenhagen steuert Vitamin D die Aktivierung der T-Lymphozyten („Killerzellen“), um einen Krankheitserreger zu bekämpfen. Ist zu wenig Vitamin D im Blut, werden bei einem Angriff von Keimen zu wenige T-Lymphozyten aktiviert oder bleiben möglicherweise sogar komplett inaktiv.

Dann besteht ein höheres Risiko, sich mit Erkältungsviren oder auch dem Coronavirus anzustecken. „Menschen mit einer unzureichenden Vitamin-D-Versorgung weisen ein erhöhtes Risiko für akute Atemwegsinfekte auf und können von der Gabe von Vitamin-D-Präparaten profitieren“, heißt es in einer Beurteilung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR).

Was jedoch nicht heißt, dass im Umkehrschluss ein besonders hoher Vitamin-D-Spiegel gut vor Infektionen schützt. „Für Personen mit einem angemessenen Vitamin-D-Status konnte ein solcher Nutzen bisher nicht belegt werden“, heißt es beim BfR. „Eine generelle Empfehlung zur Vorbeugung von akuten Atemwegserkrankungen durch die Einnahme von Vitamin-D-haltigen Präparaten ist daher derzeit nicht begründbar.“

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