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Gesundheit: Zeit zum Blühen

Wissenschaftler erforschen, wie Pflanzen den richtigen Moment abpassen

Schneeglöckchen blühen mit dem letzten Schnee des Jahres, die Glockenblume blüht im Frühling und Clematis lässt auf sich warten bis zum Hochsommer. Wie entscheiden Pflanzen, wann sie blühen? Für die Pflanze ist diese Frage lebenswichtig: blüht sie zu früh, sind die Insekten für die Bestäubung noch nicht da, blüht sie zu spät, reicht die Zeit für Samen- und Fruchtbildung nicht mehr aus, bevor der nächste Winter hereinbricht.

Margret Sauter, Leiterin der Abteilung Entwicklungsphysiologie des Botanischen Institutes der Universität Kiel meint, dass der Blühzeitpunkt, je nach Pflanzenart, von inneren und äußeren Faktoren beeinflusst wird.

„Der wichtigste Faktor ist das Licht, genauer gesagt die Tageslänge“, sagt Sauter. Manche Pflanzen sind Langtag-Pflanzen, andere Kurztag-Pflanzen und wiederum andere sind tagneutral, erläutert Margret Sauter weiter. Wie misst aber nun eine Pflanze die Tageslänge? Untersuchungen der Erbsubstanz von Langtag-Pflanzen enthüllten, dass dafür ein Gen, Constans genannt, die Ursache ist. Genau wie bei uns Menschen Stoffwechselvorgänge, Konzentrationsfähigkeit und andere Funktionen des Nervensystems durch die innere biologische Uhr den Anforderungen des Tages angepasst sind, werden auch bei Pflanzen eine periodische Bewegungen und Lebensvorgänge durch diese innere Uhr geregelt.

Das Constans-Gen wird von der biologischen Uhr reguliert. Das heißt, die Menge des von diesem Gen produzierten Proteins steigt und fällt nach Maßgabe dieser biologischen Uhr. Damit die Pflanze blüht, muss sich eine bestimmte Menge davon angesammelt haben. Aber auch das reicht noch nicht aus, um den Vorgang des Blühens auszulösen. Das Überschreiten der kritischen Menge des Proteins muss zu einem Zeitpunkt geschehen, wo die Sonne scheint oder wenn es hell ist. Gewöhnlich ist das in den späten Nachmittagsstunden der Fall.

Sind die Tage aber, wie im Winter, zu kurz, wird Constans durch ein Enzym wieder abgebaut und die Pflanze blüht noch nicht. „Neben der Dauer der Lichteinwirkung ist aber auch die Lichtqualittät wichtig“, erklärt die Biologin Sauter. „Vor allem Rotlicht ist wirksam. Der Lichtreiz wird von den Blättern über ein Eiweiß mit Namen Phytochrom wahrgenommen.“ Stimmen Lichtqualität und Tageslänge, senden die Blätter ein chemisches Signal an die Sprossspitze, die daraufhin beginnt, die Blüte auszubilden.

Im Frühling blühende Pflanzen haben ein früheres Zeitfenster. Entweder dadurch, dass bereits niedrigere Constans- Proteinkonzentrationen ausreichen. Oder dadurch, dass es schneller gebildet wird. Bei später im Jahr blühenden Pflanzen sind höhere Konzentrationen nötig.

Wie gelingt es einer Pflanze aber, ein paar warme Tage im Winter nicht für den Frühling zu halten? „Pflanzen, die allein temperaturgesteuert sind, schaffen das nicht“, sagt Margret Sauter. „Auch tagneutrale Pflanzen sind gefährdet, in einem warmen Winter zu blühen. Gut geschützt sind dagegen Pflanzen, die nur an langen Tagen blühen, weil die Tageslänge strikter an die Jahreszeit gekoppelt ist als die Temperatur.“

Ein weiterer Faktor, der die Blütenbildung steuert, ist niedrige Temperatur. Sie hilft, nicht zu früh zu blühen. Solche Pflanzen blühen erst, wenn sie eine Kälteperiode hinter sich haben – etwa Winterweizen. Inzwischen hat man ein Gen entdeckt, dass wie ein Wecker funktioniert. Es wird nur dann aktiv, wenn die Pflanze eine komplette Kälteperiode hinter sich hat und sorgt dann dafür, dass sie wieder blühen kann. Kommt die richtige Tageslänge hinzu, ist es geschafft: die Pflanze blüht.

Katrin Käppler-Hanno

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