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Makler allein zu Hause? Das Geschäft läuft nicht mehr reibungslos wie von selbst - es wird nicht mehr jeder Preis bezahlt.

© imago images / Westend61

Immobilienmakler: Vermarkter vor der Neuaufstellung

Handlungsdruck durch veränderten Immobilienmarkt mit weniger Renditen und geringeren Provisionen

Stand:

Das sensible Geflecht und Zusammenwirken vieler Akteure in der Immobilienwirtschaft ist der gegenwärtigen Situation zum Zerreißen gespannt. Unsicherheiten belasten das Geschäft. Auch auf diesem Feld wird es unbehaglich – Kollateralschäden nicht ausgeschlossen. Viele Stellschrauben haben sich verhakt: Kaufzurückhaltung und Inflation, Fachkräftemangel und Lieferprobleme, Nachhaltigkeitsgedanken und Renditeerwartungen, hinzu kommt nun noch die Energiekrise, respektive die Energiewende. Eine Welle von Unternehmensinsolvenzen, die sich auch auf den Immobilienmarkt auswirken, könnte sich aufbauen.

Das Berliner Maklerhaus Ziegert stellt sich neu auf

Aus dem Makler- und Immobilienvertriebsunternehmen Ziegert (Berlin) kommen aktuell beunruhigende Nachrichten, die für Schwierigkeiten der gesamten Branche stehen könnten. „Angesichts des veränderten gesamtwirtschaftlichen Umfelds adjustiert die Ziegert Group ihre Unternehmensstrategie, optimiert Prozesse und stellt sich organisatorisch neu auf“, teilte das Berliner Unternehmen am 17. Oktober mit.

„Das schwierige wirtschaftliche Umfeld und eine durch multiple – insbesondere geopolitisch verursachte – Krisen verbreitete Verunsicherung haben zu einem erheblichen Rückgang der Nachfrage nach Immobilien in der Branche geführt.“ Man müsse sich von Mitarbeitern trennen. Man wolle sich auf die „kanalunabhängige und individuelle Beratung für Geschäftskunden fokussieren“.

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Auch beim international tätigen Maklerunternehmen Colliers in München ist offenbar viel in Bewegung: Die Immobilien Zeitung berichtet von einem „überraschenden Aderlass“ unter langjährigen Mitarbeitern. Insgesamt sollen insgesamt sieben Angestellte zum Ende des Jahres gekündigt haben.

Das renommierte Maklerhaus „Von Poll Immobilien“ stellte sich ebenfalls neu auf und startete am 11. Oktober mit dem Lizenzmodell einer Hausverwaltungssparte. Das Angebot umfasst die Mietverwaltung für Eigentümer von Mehrfamilien-, Wohn- und Geschäftshäusern sowie Wohnanlagen, ließ das Unternehmen mitteilen. Zudem bietet das Maklerhaus Finanzierungskonzepte an.

Laute „Gründerszene Newsletter“ ist auch beim einstigen Vorzeige-Startup McMakler etwa in Bewegung gekommen: Mehrere hundert Angestellte habe das Unternehmen in diesem Jahr bereits entlassen, darunter auch Immobilienmakler, die eigentlich das Kernstück der Firma bilden.

Die neue Marktsituation ist auch durch die gestiegenen Hypothekenzinsen und die hohe Inflationsrate bedingt. Die Preissteigerungen der vergangenen Jahre setzen sich nicht fort. Gleichzeitig steigen die Baupreise. Die Folgen aus Maklersicht: Die Vermarktungsprozesse dauern länger, die Gewinn- bzw. Provisionsmargen werden kleiner. Hinzu kommt: Die Maklerkosten sind in der Regel hälftig vom Erwerber zu bezahlen - doch die fälligen Provisionen werden von den Käufern angesichts hoher Quadratmeterpreise nicht mehr bedenkenlos gezahlt. Zumal immer auch Grunderwerbsteuern und Notarkosten zu zahlen sind - bei erschwerten Finanzierungsbedingungen.

Der Auftragseingang bricht ein

„Die seit Monaten stark gestiegenen Baumaterial- und somit Baupreise haben schon viele gewerbliche und private Hausbauer veranlasst, von ihren Projekten zurückzutreten“, sagte Tim Oliver Müller, zu den am 6. Oktober vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindizes. „Entweder die Projekte rechnen sich nicht mehr, oder die gestiegenen Baupreise und Zinsen sprengen das Haushaltsbudget, das ohnehin schon durch die explodierenden Energiekosten enorm belastet ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Der Auftragseingang breche seit Monaten ein.

„Wir befinden uns in einer neuen und für viele ungewohnten Situation. Nachdem der Wohnimmobilienmarkt in Deutschland viele Jahre größtenteils ein Verkäufermarkt war, erleben wir aktuell eine Entwicklung hin zu einem Käufermarkt“, sagt Till-Fabian Zalewski, Geschäftsführer der DACH-Region bei Engel & Völkers zum diesjährigen „Wohnimmobilien Marktbericht Deutschland“ seines Unternehmens. Von starken Preisrückgängen sei zukünftig nicht auszugehen. „Vielmehr ist die Entwicklung eine gesunde Regulierung der außergewöhnlich hohen Preiszuwächse der letzten Jahre“, sagt Zalewski.

„Im Ergebnis führt dies bereits heute teilweise zu erheblichen Umsatzeinbußen bei den Maklern“, sagt auf Anfrage Rechtsanwalt Eckrolf Berg, der Unternehmen in allen Bereichen des Immobilienrechts vertritt. Dieser Effekt werde sich gegebenenfalls dadurch noch vergrößern, dass Projektentwickler aufgrund der Inflation und der kaum noch kalkulierbaren Baukosten immer mehr geneigt sein werden erst fertiggestellte Wohnungen zu veräußern und nicht Wohnungen, die sich erst in der Fertigstellung befinden.

Im Direktvertrieb werden Makler ausgeschaltet

Teilweise könne beobachtet werden, dass es zu einem Direktvertrieb, d.h. ohne Einschaltung eines Maklers, des jeweiligen Projektentwicklers kommt. „Hier wird auch versucht, Paketverkäufe an institutionelle Investoren zu organisieren, das heißt es werden gegebenenfalls ganze Projekte beispielsweise an einen Fonds ohne Einbindung eines Maklers verkauft“, sagt Berg.

Vermögensverwalter Andreas Görler (Pruschke & Kaml GmbH, Berlin) glaubt, dass es zu einer Marktbereinigung in der Maklerbranche kommt. In Deutschland gebe es rund 35000 Immobilienmakler insgesamt. Nicht nur sie müssten sich neu aufstellen. Vor einer Neuorientierung stünden zudem „im Prinzip alle Finanzdienstleister, Anlageberater, Vermögensverwalter und Banken, die im Geschäftsmodell auch einen stärkeren Fokus auf der Immobiliardarlehensvermittlung oder der direkten Immobilienvermakelung setzen“.

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