
© dpa/Martial Trezzini
NBC berichtet über Alleingänge und Schlampereien: Trumps Sondergesandter Witkoff wird zum Sicherheitsrisiko – und lässt Rubio auflaufen
Ein Machtkampf innerhalb der US-Regierung sorgt seit Wochen für Unruhe. Im Zentrum des Konflikts stehen Chefunterhändler Steve Witkoff und seine hemdsärmelige Ukraine-Diplomatie.
Stand:
Es ist ein weiteres Kapitel der vielfach chaotischen Friedensbemühungen der Trump-Regierung: Wie der US-Sender NBC News berichtet, soll es massive Spannungen zwischen Außenminister Marco Rubio und dem US-Sondergesandten Steve Witkoff geben. Der Konflikt ist demnach nicht nur inhaltlicher Natur – es geht auch um Zuständigkeiten, Alleingänge und Sicherheitsfragen.
Das „Wall Street Journal“ hatte am Wochenende bereits in einer großen Recherche enthüllt, dass es offenbar Russlands Präsident Putin persönlich war, der sich wünschte, Witkoff möge die Ukraine-Verhandlungen auf US-Seite übernehmen. Putin tat es laut der Recherche in der Hoffnung, diesen manipulieren und auf Russlands Seite ziehen zu können. Die Bitte um ein erstes Treffen zwischen Witkoff und Putin sei demnach im Frühjahr vom saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman übermittelt worden.
Witkoffs Konflikt mit Rubio soll sich wiederum im November anlässlich des 28-Punkte-Plans für einen Frieden in der Ukraine zugespitzt haben. Der von Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner entworfene „Friedensplan“ war an einem Donnerstag an die Öffentlichkeit gekommen. Der Plan war nach einem Treffen mit dem russischen Unterhändler Kirill Dimitriew entstanden und hatte große Übereinstimmungen mit einem Friedensplan, der im Umfeld des Kreml entstand.
Während Rubio auf einer Hochzeit verweilte, reiste Witkoff eigenmächtig nach Genf
Marco Rubio verweilte den folgenden Samstag als Gast bei einer privaten Hochzeit im US-Bundesstaat North Carolina, an der seine Töchter als Brautjungfern teilnahmen. Kurz darauf sollte Rubio, der auch Nationaler Sicherheitsberater ist, an Friedensgesprächen mit ukrainischen und europäischen Vertretern in Genf partizipieren. Doch während der Hochzeit erfuhr Rubio, dass Witkoff vorzeitig nach Genf gereist war, ohne das Außenministerium zu informieren.
Mehrere US-Beamte werteten dies als Versuch, Rubio zu umgehen und eigenständig mit der Ukraine zu verhandeln. Rubio reagierte hektisch, reiste ebenfalls nach Genf und verhinderte damit, dass Witkoff allein Gespräche führte. In Genf gelang es Rubio wiederum, den 28-Punkte-Plan zu entschärfen.
Mehr als ein Dutzend aktueller und ehemaliger US- sowie europäischer Regierungsvertreter berichten gegenüber NBC News von einem dauerhaften Zerwürfnis zwischen Rubio und Witkoff. Seit Monaten soll Witkoff wiederholt versucht haben, Rubio zu umgehen – etwa mit unangekündigten Auslandsreisen, Solo-Gesprächen oder eigenmächtigen Kontakten.
Alleingang in Paris
Witkoff drängt im Sinne Trumps und mit Wirtschaftsinteressen im Hinterkopf auf einen schnellen Deal mit Russland und nimmt dabei weitreichende Zugeständnisse der Ukraine – etwa Gebietsverluste – in Kauf. Damit ist er auch auf einer Linie mit Vizepräsident JD Vance. Rubio plädiert dagegen für stärkeren Druck auf Russland und Sicherheitsgarantien für Kiew. Diese Linie deckt sich weitgehend mit der Haltung der europäischen Verbündeten.
Alexander Vershbow, ehemaliger US-Botschafter bei der NATO, spricht von einer gefährlichen Uneinigkeit: „Ohne gemeinsames Verständnis über Gegner und Ziele kann erfolgreiche Diplomatie kaum gelingen“, zitiert ihn NBC. Offiziell weist das US-Außenministerium die Berichte über einen Konflikt zurück. Sprecher Tommy Pigott erklärte, Rubio und Witkoff seien eng abgestimmt, persönliche Freunde und vollständig auf Trumps Kurs eingeschworen. Auch Rubio selbst betonte am Freitag bei einer Pressekonferenz öffentlich, es gebe keine unkoordinierten Alleingänge und lobte Witkoff als hochkompetenten Verhandler.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Dennoch zeichnen interne Berichte ein anderes Bild. Kritiker innerhalb und außerhalb der Regierung halten Witkoff für diplomatisch unerfahren und zu leichtgläubig gegenüber Zusicherungen aus Moskau. Ein Kongressmitarbeiter bezeichnete ihn sogar als „Geschenk für die Russen“.
Schon im April kam es laut NBC zu einem Witkoffschen Alleingang. Damals sollte Rubio an Ukraine‑Gesprächen in Paris teilnehmen, erfuhr jedoch kurzfristig, dass Witkoff sich ein Einzelgespräch mit Präsident Emmanuel Macron organisiert hatte – ohne Rubio. Der bat die Franzosen, bei dem Gespräch dabei sein zu können, doch diese verwiesen ihn an Witkoff. Dieser war zunächst für Rubio nicht zu erreichen, akzeptierte schließlich aber, dass der Minister ebenfalls mit Macron sprach.
Massive Sicherheitsbedenken gegenüber Witkoff
Neben politischen Differenzen gibt es laut NBC News auch massive Sicherheitsbedenken. Mehrere US-Beamte äußerten Zweifel an Witkoffs Umgang mit sensibler Kommunikation – insbesondere da er teilweise mit seinem eigenen Privatjet zu den hochrangigen Treffen reist. Auch begleite ihn mitunter seine Freundin Lauren Olaya auf den Reisen. Witkoff soll laut „Wall Street Journal“ auch eine CIA-Schulung für den Umgang mit diversen geheimdienstlichen Fallen in Moskau abgelehnt haben.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Das Außenministerium habe wiederum eine interne Überprüfung durchgeführt und Witkoff zusätzliche gesicherte Kommunikationsmittel zur Verfügung gestellt. Es bestehen weiterhin Zweifel, ob diese konsequent genutzt werden.
Brisant ist in diesem Zusammenhang die jüngste Veröffentlichung eines Gesprächsprotokolls zwischen Witkoff und Putins außenpolitischem Berater Juri Uschakow. Darin gab Witkoff strategische Ratschläge für ein Telefonat zwischen Trump und Putin. Witkoffs Schlampigkeit beim Abhörschutz würde erklären, wie dieses Gespräch an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Zusätzlich räumte Uschakow ein, Witkoff auch über WhatsApp kontaktiert zu haben – ein Umstand, der Sicherheitsexperten ebenfalls alarmiert.
Am vergangenen Wochenende trafen sich Witkoff und Rubio in Florida gemeinsam mit Vertretern der Ukraine und Europas zu weiteren Gesprächen. Der Treffpunkt befand sich eine halbe Stunde nördlich von Miami Beach, in Witkoffs „Shell Bay“ Golfklub. Russlands Unterhändler Kirill Dimitriew reiste ebenfalls an und traf sich am Samstag mit Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Rubio war bei diesem Gespräch nicht dabei.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: