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Angeblich 14.000 Kilometer Reichweite: Was steckt hinter Putins „einzigartigem“ Atom-Marschflugkörper?
Russlands Präsident verkündet erfolgreiche Tests eines neuartigen, nuklear betriebenen Marschflugkörpers. Ein Sicherheitsexperte ordnet ein, wie gefährlich das ist.
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Wladimir Putin trägt Militäruniform, während er bei einem Treffen mit russischen Streitkräften von seiner neuen „Superwaffe“ schwärmt: „Unbesiegbar“ soll sie sein, eine „einzigartige Waffe, die niemand sonst auf der Welt hat“, und die mit nahezu unbegrenzter Reichweite jedes Raketenabwehrsystem umfliegen kann.
In dem am Sonntag veröffentlichten Video erklärt Russlands Staatschef, die Armee habe die Tests mit dem neuartigen, atomgetriebenen Marschflugkörper „Burewestnik“ – auf Deutsch „Sturmvogel“ – abgeschlossen.
Ein Projekt aus dem Jahr 2018
Etwa 15 Stunden lang soll der Marschflugkörper bei einem Testflug 14.000 Kilometer zurückgelegt haben. Die Waffe soll nun stationiert werden.
Bereits seit 2018 spricht Putin von diesem Projekt. „Bislang war es aber durch seine gescheiterten Testläufe bekannt“, sagt Andreas Umland, Analyst am Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien des Schwedischen Instituts für Internationale Angelegenheiten.
Wie gefährlich könnte diese Waffe sein?
Für Russlands Kriegsführung in der Ukraine, sagt Umland, dürfte der Burewestnik nur geringe Bedeutung haben. „Die Flugzeiten der Marschflugkörper zwischen den Ländern ist gering, der entscheidende Vorteil des Sturmvogels – die Distanz – hätte wenig Nutzen.“
Die Waffe würde außerdem nur wenig am bisherigen Kräftegleichgewicht zwischen den USA und Russland verändern, das ohnehin schon von Interkontinentalraketen mit Mehrfachsprengkörpern bestimmt wird. Russland habe bereits verschiedene Träger für Atomsprengköpfe.
Laut einem Bericht der Nuclear Threat Initiative aus dem Jahr 2019 könne der Burewestnik durch seine hohe Reichweite allerdings in geringer Höhe fliegen und dadurch „Raketenabwehrsysteme umgehen und Geländehindernissen ausweichen“.
„Im Zuge des Russisch-Ukrainischen Krieges entwickeln sich Luftabwehrwaffen weltweit rapide“, gibt Sicherheitsexperte Umland zu Bedenken. „Es ist daher unklar, ob der Marschflugkörper noch jene Bedeutung haben wird, die er bei seiner ersten Ankündigung 2018 zu haben schien“, und etwa so schwer abzufangen ist, wie Putin suggeriert.
Neu ist allerdings der Atomantrieb – und der macht Umland sehr wohl Sorgen: „Der Einschlag eines atomgetriebenen Flugkörpers könnte zu einer radioaktiven Verseuchung des Einschlaggebietes führen. Damit wäre Burewestnik nicht nur eine potenzielle Nuklearwaffe, sondern auch mit einem nichtnuklearen Sprengkopf eine radiologische Waffe beziehungsweise sogenannte ‚schmutzige Bombe’.“
Ein solcher Einsatz, spekuliert Umland, könnte dann wiederum die Ukraine dazu veranlassen, ihre Marschflugkörper mit radioaktivem Material zu beladen und nach Russland zu schießen. „Das wäre eine enorme Eskalation des Krieges.“ Wahrscheinlicher sei deshalb, dass diese Waffe nicht in der Ukraine zum Einsatz kommt.
Die Ankündigungen Putins scheinen eher Teil der russischen psychologischen Kriegsführung gegen den Westen zu sein.
Andreas Umland, Sicherheitsexperte
Dass Putin gerade jetzt die Tests eines neuen Atom-Marschflugkörpers verkündet, dürfte kein Zufall sein. Vor wenigen Tagen erst hatte US-Präsident Donald Trump neue Sanktionen gegen Russland verkündet – zum ersten Mal in seiner zweiten Amtszeit.
Sie richten sich gegen die größten Ölkonzerne Lukoil und Rosneft und sollen so die russische Wirtschaft empfindlich treffen. Trump verliert offenbar die Geduld mit Russlands Staatschef, der in Verhandlungen bislang nicht von seinen maximalen Kriegszielen abrücken will.
Deshalb steht Sicherheitsexperte Umland den Ankündigungen Putins kritisch gegenüber: „Sie scheinen eher Teil der russischen psychologischen Kriegsführung gegen den Westen zu sein als der Vorbote einer wirklichen Kräfteveränderung.“
Wähler und Politiker in Europa und Nordamerika, vermutet er, sollen eingeschüchtert und von weiterer Hilfe für die Ukraine abgehalten werden. „Man kann nur hoffen, dass das in den westlichen Hauptstädten erkannt wird.“
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