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 Donald Trump während seiner Zeit als US-Präsident im Jahr 2020 (Archivbild)

© REUTERS/Carlos Barria

Anklage gegen Donald Trump: Der nächste Stresstest für die Demokratie in den USA

Ex-Präsident Donald Trump muss sich in der Schweigegeldaffäre um eine Pornodarstellerin tatsächlich vor Gericht verantworten. Eine Belastungsprobe für die US-Demokratie und die Republikanische Partei.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Unvoreingenommen reagiert wohl niemand auf diese Nachricht. Bei den einen knallen die Sektkorken, bei den anderen explodiert die Wut. Und bei einigen wächst die Sorge, dass da etwas in die falsche Richtung laufen könnte.

Die Nachricht ist, und das ist keine Übertreibung, nichts weniger als ein Test für die amerikanische Demokratie. Sie lautet: Donald Trump wird in einem Strafverfahren angeklagt. Das ist noch keinem amerikanischen Präsidenten widerfahren, keinem ehemaligen und keinem amtierenden in mehr als 200 Jahren. Dieser Tag ist, egal wie man darüber denkt und wie es enden wird, historisch.

Die Grand Jury in Manhattan hat am Donnerstag entschieden, dass die bisher aufgeführten Beweise und Zeugenaussagen in der Schweigegeldaffäre um die Pornodarstellerin Stormy Daniels für eine Anklage ausreichen.

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Der federführende Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg erklärte der Öffentlichkeit anschließend noch einmal, welches Spektakel nun in den nächsten Tagen zu erwarten ist: Ein Ex-Präsident stellt sich freiwillig – oder wird ausgeliefert –, um die Anklage verlesen zu bekommen.

Und er muss sich wie jeder andere Bürger Fingerabdrücke abnehmen und fotografieren lassen. Nach US-Medienberichten könnte es am Dienstag so weit sein. Die New Yorker Sicherheitsbehörden sind in Alarmbereitschaft versetzt.

Noch ist vieles unklar

Allerdings ist vieles noch unklar. Zum Beispiel, wie die Anklagepunkte lauten, wie viele es sind, und was dem 76-Jährigen droht. Das alles soll erst in den kommenden Tagen bekanntgegeben werden. Bei allen nachvollziehbaren Gefühlsaufwallungen empfiehlt es sich, darauf zu warten.

So oder so gilt, auch wenn es banal klingt: Eine Anklage macht noch keine Verurteilung. Auch gilt der Manhattan-Fall als der schwächste in der Reihe möglicher Anklagen.

Welche Konsequenzen ein Freispruch Trumps mitten im anziehenden Präsidentschaftswahlkampf hätte, kann sich jeder schnell ausmalen, der die vergangenen Jahre erlebt hat. Und selbst wenn er verurteilt wird, bedeutet das nicht automatisch das politische Aus für den Teflon-Republikaner.

Wieder einmal übertönt Trump alles

Eines bewirkt die Entscheidung für eine Anklage indes schon jetzt: Sie verändert den republikanischen Vorwahlkampf. Alle potenziellen oder bereits erklärten Bewerber müssen Stellung beziehen. Wieder einmal droht das Trumpsche Chaos, alles zu übertönen. Das ist keine gute Nachricht für die Republikanische Partei.

Kurz bevor die Entscheidung des Geschworenengerichts durchsickerte, trat sein potenzieller gefährlichster innerparteilicher Konkurrent Ron DeSantis in Atlanta, Georgia, auf.

Der Gouverneur von Florida, der seine Bewerbung bald bekannt geben wird, erwähnte Trumps Namen kein einziges Mal in seiner einstündigen Rede. Aber nach der Eilmeldung musste er Stellung beziehen: Da erklärte er, Trump nicht aus Florida nach New York ausliefern zu lassen, sollte der nicht kooperieren.

Man kann das als gefährlichen, und wohl folgenlosen Populismus kritisieren. Trumps Anwälte hatten bereits erklärt, dass er sich nicht widersetzen würde. Aber es zeigt eben auch: Trump zu ignorieren, gelingt in der „Grand Old Party” immer noch keinem. Wenige wagen die offene Konfrontation. Lieber reihen sie sich ein in die Riege derer, die das demokratische System in Frage stellen.

Die Geschwindigkeit, mit der sich führende Republikaner auf Trumps Seite schlagen und der Justiz eine politisch motivierte Hexenjagd vorwerfen, erinnert an die beiden Impeachment-Verfahren.

Ja, viele beugen sich nur zähneknirschend, da sie ahnen, dass das Trump-Chaos einmal mehr in eine Wahlniederlage münden könnte. Sie verweisen auf die Parteibasis, wo der Ex-Präsident wie ein Märtyrer verehrt wird.

Aber das ändert nichts: Trump ist immer noch nicht Geschichte. Er fordert das demokratische System heraus. Und dabei machen viel zu viele mit. Wie diese Konfrontation ausgeht, ist offen. Die Sektflaschen sollten noch nicht sprudeln.

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