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Der russische Präsident Wladimir Putin gestikuliert während seiner Rede auf dem Jahreskongress der Russischen Union der Industriellen und Unternehmer.

© dpa/MAXIM SHEMETOV

„Bereit, ein Jahrhundert lang Krieg zu führen“: Putin geht angeblich nicht von einem schnellen Ukraine-Frieden aus

Der Eindruck drängt sich auf, dass der russische Präsident die Friedensverhandlungen in die Länge zieht. Passend dazu hat Putin die russische Wirtschaftselite einem Bericht zufolge darüber informiert, keinen schnellen Frieden zu erwarten.

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Bisher verhandelt Russland, soweit öffentlich bekannt, nach dieser Formel: „Wir wollen Frieden in der Ukraine, aber …“. Schon die Behauptung vor dem Komma lässt sich anzweifeln. Doch selbst wenn man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach seinem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine einen Friedenswillen zutraut, fällt auf, dass die russische Seite in den Verhandlungen beständig auf bisher nicht erfüllte Bedingungen pocht. Und sich nur auf kleine Kompromisse wie den Angriffsstopp auf bestimmte Energieanlagen einlässt – wo der eigene Vorteil offensichtlich ist, weil zuletzt viele russische Öllager nach ukrainischen Drohnenangriffen brannten.

Mit einem umfangreichen Waffenstillstand oder gar echten Frieden in der Ukraine kann es also noch dauern – wenn er denn überhaupt kommt. Offenbar hat Putin einem elitären Personenkreis vor Kurzem mitgeteilt, dass der Verhandlungsprozess noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Das schreiben die Journalisten Farida Rustamova und Maxim Tovkaylo in ihrem Newsletter „Faridaily“. Er ist auf Berichterstattung über den Kreml spezialisiert. Rustamova und Tovkaylo schrieben zuvor unter anderem für die „New York Times“, „The Daily Telegraph“ und „Forbes“. Sie gelten als gut vernetzt.

Putin stimmt russische Wirtschaft auf langen Krieg ein

Am 18. März hatte Putin laut „Faridaily“-Report ein Meeting „mit einer Gruppe einflussreicher Wirtschaftsvertreter“. Es habe „hinter verschlossenen Türen stattgefunden“. Themen seien der Krieg in der Ukraine und die Beziehungen zwischen Russland und den USA gewesen. „Für viele der Anwesenden war es eine seltene Gelegenheit, einen Eindruck davon zu bekommen, wie die Verhandlungen mit den USA verlaufen und wie die Chancen auf Frieden in der Ukraine sind“, schreiben Rustamova und Tovkaylo. Öffentlich bekannt war, dass Putin am 18. März auf einem Kongress des russischen Industriellen- und Unternehmerverbands eine Rede hielt.

Aber Putin ist auch bereit, ein Jahrhundert lang Krieg zu führen.

Bei „Faridaily“ zitierte Quelle

Die „Faridaily“-Journalisten haben demnach mit Personen gesprochen, die an dem Treffen teilnahmen. Putin habe ihnen klargemacht, dass jeder Friedensprozess eine langwierige Angelegenheit sein würde. Außerdem habe der russische Machthaber keinen Erfolg der Gespräche garantiert.

Putins Verhandlungsstrategie sehe simpel aus, sagen die Quellen. Er glaube, dass er Trump gut einschätzen und darum bei ihm durchsetzen könne, den Krieg zu Russlands Bedingungen zu beenden. Eine mit den Verhandlungen vertraute Quelle wird jedoch auch wie folgt zitiert: „Aber Putin ist auch bereit, ein Jahrhundert lang Krieg zu führen. Seine Idee, auf den Zusammenbruch der Ukraine zu warten, ist gar nicht so dumm.“

Putins neuester Vorschlag: Die durch seine Truppen überfallene Ukraine könnte unter UN-Verwaltung gestellt werden. Das Ziel sei die Durchführung demokratischer Wahlen. Die neue Regierung solle dann über einen Friedensvertrag verhandeln. Einen Zeitplan nannte Putin nicht.

Seine Forderung bedient gleich zwei Propagandamuster des Kremls. So behauptet Moskau, dass die Ukraine ein gescheiterter Staat sei, in dem nationalsozialistische Gruppierungen die Macht ergriffen hätten. Die zweite These geht dahin, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Ablauf seiner Amtszeit im vergangenen Jahr kein Mandat mehr besitze. Ukrainischen Juristen zufolge ist die Verlängerung der Vollmachten aber durch das Kriegsrecht gedeckt. (mit dpa)

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