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Beschönigt Selenskyj die Lage?: Deutscher General sieht keine Entlastung der Ukraine durch Kursk-Vorstoß
Der ukrainische Präsident bezeichnet den Gegenangriff auf Russland als Erfolg. Der militärische Chefkoordinator der deutschen Ukraine-Hilfe schätzt die Situation dagegen anders ein.
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Die Ukraine hat für ihre Offensive auf russischem Territorium in Kursk mehrere Ziele formuliert. Laut offiziellen Angaben gehe unter anderem um die Gefangennahme russischer Soldaten, um territoriales Pfand für mögliche Friedensverhandlungen – und um eine Entlastung an der Ostfront im eigenen Land.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj räumte in seiner nächtlichen Videoansprache eine schwierige Lage in Donezk ein, sprach aber auch davon, dass Russlands Angriffspotenzial nun verringert worden sei. Nach seiner Darstellung sei Russland nämlich dazu gezwungen worden, 40.000 Soldaten in das Gebiet Kursk zu verlegen. Doch andere teilen diese Einschätzung nicht.
Den ukrainischen Streitkräften hat ihr Überraschungsangriff auf das russische Grenzgebiet bei Kursk bisher keine Entlastung für die heftig unter Druck geratenen Verteidiger im Donbass gebracht, meint der militärische Chefkoordinator der deutschen Ukraine-Hilfe, Christian Freuding.
Zwar habe Russland Kampfunterstützung statt in den Donbass nun in Richtung Kursk verlegt und Truppenteile aus Kaliningrad und Zentralrussland herangezogen, so Freuding gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Aber wir haben nicht beobachten können, dass signifikante Kampftruppen aus dem Bereich Donbass abgezogen und in Richtung Kursk verlegt wurde“, sagte der Generalmajor.
„Aufgegangen ist die Rechnung der Ukrainer beim Überraschungseffekt, bei der Möglichkeit, ein Faustpfand in die Hände zu bekommen. Die russischen Streitkräfte sind in diesem Bereich stark abgenutzt worden“, sagte Freuding, der vor einigen Tagen zu Gesprächen in der Ukraine war. „Jetzt wird es für die Ukrainer sehr darauf ankommen, diesen Raum auch weiter zu behaupten, zu halten, zu verteidigen.“ Die Ukrainer seien bei Kursk „ein bewusst hohes Risiko“ eingegangen.
Nun kommt es auf die weitere Unterstützung der Ukraine an
Freuding betonte die Bedeutung der weiteren Militärhilfe für das von Russland angegriffene Land. Deutschland habe dabei eine Führungsrolle und einen hohen Eigenanspruch. „Die eine Komponente ist natürlich, voranzugehen, bei dem, was wir selber leisten. Die zweite Komponente ist, Partner zu ermuntern, ihnen Wege aufzuzeigen, wie wir auch durch gemeinsame Initiativen und Projekte diese Unterstützung noch verstärken können“, sagte er.
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Freuding sagte mit Blick auf die Waffenproduktion Russlands: „Wir beurteilen die Situation schon so, dass es schwieriger geworden ist für die Russen, auch die Rüstungsindustrie mit ihren komplexen Komponentenzulieferungen weiter am Laufen zu halten, aber es gelingt eben immer noch. Es gelingt ihnen, indem sie Umwege gehen, und es gelingt ihnen dadurch, dass sie auf die Unterstützung von Partnern wie China, Nordkorea und Iran zählen können.“
Zwar sei zu erkennen, dass Sanktionen greifen, doch gebe es Möglichkeiten, „Schlupflöcher zu finden oder auch ganz legale Umgehungsmöglichkeiten“. (dpa/Reuters/Tsp)
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