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Ein Screenshot aus dem Video, das die gekennzeichneten und beleuchteten Rettungswagen zeigt.

© REUTERS/PALESTINIAN RED CRESCENT

Update

Nach Auftauchen von Handyvideo: Israel ändert seine Darstellung des Angriffs auf Konvoi mit Krankenwagen

Die Armee gibt zu, dass Soldaten falsche Aussagen zum Blaulicht gemacht haben. Vorwürfe zum Verscharren der Leichen weist Israel dagegen zurück.

Stand:

Die israelische Armee hat ihre Angaben zum Tod von Sanitätern im Süden des Gazastreifens geändert. Dennoch bleiben viele Fragen offen. Zunächst hatte das Militär erklärt, dass die Soldaten das Feuer auf „verdächtige“ Fahrzeuge eröffnet hätten, die im Dunkeln ohne Kennzeichnung oder Warnlichter unterwegs gewesen waren. Dabei seien neun Mitglieder der Hamas sowie des Islamistischen Dschihad getötet worden, die in Fahrzeugen des Roten Halbmondes unterwegs gewesen sein sollen.

Auf einem Video, das auf dem Mobiltelefon eines der Getöteten gefunden wurde, war jedoch zu sehen, dass Krankenwagen klar als solche zu erkennen waren und auch Warnlichter leuchteten. Ein Vertreter des israelischen Militärs erklärte am späten Samstagabend vor der Presse, dass die beteiligten Soldaten zunächst falsche Aussagen zu dem Blaulicht gemacht hätten. „Unserem derzeitigen Verständnis nach lag die Person, die den ursprünglichen Bericht vorlegte, falsch. Wir versuchen herauszufinden, warum.“

Der Vorfall ereignete sich am 23. März. Die Leichen der 15 Männer konnten allerdings erst sieben Tage später aus einem Massengrab geborgen werden. Der Chef des Palästinensischen Roten Halbmonds, Dr. Younis Al-Khatib, hatte am Freitag erklärt, die Helfer seien „aus nächster Nähe angegriffen“ worden und Israel habe „uns acht Tage lang im Unklaren gelassen“ über den Verbleib der Leichen. Auch gab es Vorwürfe, dass mehrere der Getöteten gefesselt worden seien. Dies ließ sich bisher nicht unabhängig überprüfen.

Nach Darstellung der israelischen Armee war in der Nacht ein Fahrzeug der Hamas-Polizei in dem Gebiet unterwegs, mit dem die Soldaten sich einen Schusswechsel lieferten, einen der Polizisten töteten und zwei gefangen nahmen. Das am Straßenrand liegen gebliebene Fahrzeug sieht man auch in dem Handyvideo, über das die „New York Times“ berichtet hatte.

Das Video beginnt, als ein Konvoi von Krankenwagen auf das Fahrzeug zufährt und mehrere Männer dort aussteigen. Nicht zu sehen ist, was dort vorher passierte. Dann bricht der Bild ab, aber die Ton-Aufnahme legt da, dass der Konvoi unter Beschuss gerät. Daraufhin sind unter anderem Gebete der Angegriffenen zu hören, wie sie Muslime sprechen, wenn sie sich dem Tod nahe wähnen. Auch nicht verständliche Kommandorufe der israelischen Soldaten auf Hebräisch sind zu hören.

Israel: UN wurden informiert

Die israelische Armee gab an, auf die Rettungsfahrzeuge geschossen zu haben, da sie auf der Straße neben dem verlassenen Hamas-Fahrzeug anhielten und mehrere Personen „aus dem Konvoi sprangen und davonliefen“. Die Soldaten sollen nicht gewusst haben, dass es sich um Unbewaffnete handelte. Unklar ist aber weiterhin, warum diese das Feuer eröffneten.

Die IDF wies die Behauptung zurück, die Truppen hätten die Leichen in einem Massengrab verscharrt, ohne jemanden darüber zu informieren. Das Vergraben von Leichen während der Kämpfe sei gängige Praxis und die Vereinten Nationen seien umgehend über den Ort informiert worden, um die Leichen zu bergen. Als diese den Ort am nächsten Tag nicht finden konnten, wurden sie aufgefordert, einige Tage später zurückzukehren. Schließlich seien die Leichen in Abstimmung mit der IDF geborgen worden.

Sechs der 15 Getöteten sollen Terroristen sein

Sechs der 15 Getöteten seien als Hamas-Mitglieder identifiziert worden, deren Identität nach Abschluss der andauernden Untersuchung bekanntgegeben werden soll. Die Erkenntnisse sollten noch am Sonntag den israelischen Kommandeuren vorgelegt werden. Die Vereinten Nationen und das Palästinensische Rote Kreuz verlangen eine unabhängige Untersuchung.

Die israelischen Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Die islamistischen Terrorgruppen haben allerdings in der Vergangenheit Krankenwägen zum Transport missbraucht und immer wieder aus medizinischen Einrichtungen heraus operiert.

Bereits am Mittwoch hatte die deutsche Bundesregierung die Forderungen nach einer Untersuchung unterstützt. „Auch wir finden, dass eine umfassende Untersuchung der Vorfälle notwendig ist“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Sie bezeichnete die Bilder aus Rafah als „bestürzend“ und betonte, medizinisches Personal und humanitäre Helfer dürften niemals Ziel von Angriffen werden. (Trf, dpa, Reuters)

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