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Rückkehr aus den USA: Am Donnerstagmorgen (Ortszeit) wird Jair Bolsonaro am Flughafen in Brasilia erwartet.

© REUTERS/MARCO BELLO

Bolsonaro kehrt nach Brasilien zurück: Was hat der Ex-Präsident jetzt vor?

Nach seiner Wahlniederlage ist Bolsonaro erstmals wieder in Brasilien. Dort wird gegen ihn ermittelt - unter anderem wegen möglicher Beteiligung am Putschversuch und Genozidverdacht.

Er kehrt zurück auf brasilianischen Boden – und auf die politische Bühne. Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro reist am Donnerstagmorgen (Ortszeit) aus seinem selbstgewählten Exil in den USA nach Brasilia.

Kurz vor Abflug sagte er: Oppositionsführer möchte er nach Rückkehr nicht werden. Noch im Februar kündigte er allerdings genau das in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ an. Was auch immer er jetzt vorhat, Bolsonaro erwartet in Brasilien eine schwierige Realität. Gegen den rechtsradikalen Bolsonaro laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Manches könnte ihm durchaus gefährlich werden.

Seit dem Sturm auf das Regierungsviertel in Brasilia am 8. Januar ermittelt die brasilianische Justiz gegen Bolsonaro. Damals, acht Tage nach Lulas Amtsantritt, besetzten Tausende seiner Anhängern den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast. Sie forderten einen Militärputsch.

Seine Rhetorik glich der von Trump

Dass Bolsonaro eine politische Mitschuld an dem Angriff auf Brasiliens Demokratie trägt, gilt als unumstritten. Die Justiz versucht seitdem, ihn dafür rechtlich zu belangen. Ist sie erfolgreich, könnte er von künftigen Wahlen ausgeschlossen – und sogar inhaftiert – werden. Expert:innen sind sich allerdings uneinig, wie wahrscheinlich ein Gerichtsprozess ist.

Bolsonaro reiste am 30. Dezember 2022 in die USA – zwei Tage vor Amtsübergabe. Er wollte seinem Widersacher nicht, wie es die Tradition will, persönlich die Präsidentenschärpe übergeben. Bis heute hat er seine Niederlage gegen Lula nie offiziell anerkannt.

In einer ähnlichen Rhetorik wie Donald Trump damals vor dessen Niederlage, sprach auch Bolsonaro regelmäßig von einer möglicherweise manipulierten Wahl. Während seine Anhänger im Januar auf dem Dach des brasilianischen Kongresses jubelten, hüllte er sich in stundenlanges Schweigen, bis er sich schließlich doch auf Twitter von der Aktion distanzierte.

Im Januar stürmten Anhänger:innen des Ex-Präsidenten Bolsonaro das Regierungsviertel in Brasilia. War Bolsonaro an der Aktion beteiligt?
Im Januar stürmten Anhänger:innen des Ex-Präsidenten Bolsonaro das Regierungsviertel in Brasilia. War Bolsonaro an der Aktion beteiligt?

© AFP/ SERGIO LIMA

Es gibt Hinweise darauf, dass Bolsonaros ehemaliger Justizminister Anderson Torres – zu dem Zeitpunkt Sicherheitschef von Brasilia – dafür sorgte, dass die Regierungsgebäude am 8. Januar kaum geschützt waren. Wenn hier Verbindungen zum Ex-Präsidenten gefunden werden, könnte es für ihn heikel werden.

Darüber hinaus ermittelt die Bundespolizei auch wegen Genozidverdacht, unterlassener Hilfeleistung und Umweltdelikten: Der Vorwurf steht im Raum, Bolsonaros Regierung habe die indigene Gemeinschaft der Yanomami im Amazonas systematisch ausgehungert und sie illegal operierenden Goldsuchern ausgeliefert.

Die dritten Ermittlungen, die gegen den rechtsradikalen Politiker laufen, sind deutlich konkreter: Seine Delegation wurde im Oktober 2021 bei der Rückkehr von einem Staatsbesuch in Saudi-Arabien mit Diamantschmuck erwischt, den sie bei der Einreise nicht deklariert hatte.

Gegen Bolsonaro laufen mehrere Ermittlungen

Wie auch immer die laufenden Ermittlungen ausgehen: Bolsonaros Rückkehr versetzt das Land in Unruhe. „Es belebt die Masse seiner radikalen Anhänger wieder, die seit der schnellen Reaktion von Justiz und Bundespolizei auf den 8. Januar in der Defensive sind“, sagt Lucas Figueiredo, brasilianischer Autor und Militärexperte, dem Tagesspiegel. „Kein gutes Szenario für das politisch ohnehin gespaltene Brasilien.“

Die Polizei erhöhte bereits die Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen in Brasilia, es wird mit Tumulten gerechnet. „Spannend wird auch, wie Lulas Regierung reagiert“, sagt Victor Farinelli, Journalist der brasilianischen Plattform Opera Mundi. „Wird sie darauf Bezug nehmen, es vielleicht sogar zu ihrem Vorteil nutzen, indem sie aktuelle Probleme als Altlasten der Bolsonaro-Regierung darstellt?“

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Bolsonaro entwickelt mit seiner Partei Partido Liberal währenddessen eine Strategie, um seine neue politische Rolle zu planen: Er soll durch das Land reisen, sich mit rechtsgerichteten Gouverneuren und Bürgermeistern vernetzen und im Austausch mit seiner Fraktion im Kongress stehen. Im Laufe des Jahres stehen in mehreren Bundesstaaten Kommunalwahlen an. Bolsonaro will für seine Partei Wahlkampf machen.

Erstmal könnte er also aus dem Hintergrund arbeiten. Obwohl seine Rückkehr in den eigenen Reihen gefeiert wird, fürchten manche Parteimitglieder, dass er einen „Realitätsschock“ erleiden werde – er ist erstmals seit seiner Wahlniederlage wieder im Land.

Sie wollen deshalb vorerst Ruhe bewahren, während Bolsonaro in den vergangenen Tagen bereits aus dem Ausland gegen die Regierung Lulas wetterte. Mit ihm wird auch seine brutale Rhetorik zurückkommen. Auch, wenn er jetzt Gegenteiliges behauptet: Es ist zu erwarten, dass er auf kurz oder lang wieder in den Vordergrund will. Nicht zuletzt, um 2026 erneut als Präsident zu kandidieren.

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