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Am Palmsonntag war Papst Franziskus (rechts) überraschend auf dem Petersplatz aufgetreten.

© Imago/Abaca/Vatican Media

Der Papst und die Feiern an Ostern: Schafft der kranke Franziskus sein Programm?

Ostern hat das Oberhaupt der katholischen Kirche eigentlich ein volles Programm: Doch Franziskus ringt mit der Schwäche – und Rom bangt um die Zukunft seines Pontifikats.

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Unter seinen Ärzten ist Franziskus eigentlich berüchtigt für seinen Starrsinn und dafür, alle gut gemeinten medizinischen Ratschläge regelmäßig in den Wind zu schlagen.

Doch seit seiner beidseitigen Lungenentzündung, die ihn im Februar und im März zu einem fünfwöchigen Aufenthalt in der Gemelli-Klinik zwang, hat sich das geändert. Der 88 Jahre alte Papst befolgt mit eiserner Disziplin – die ihm als Jesuit ja keineswegs fremd ist – die Vorschriften der Mediziner.

Er absolviert in seiner Wohnung im vatikanischen Pilgerheim Santa Marta zwei bis drei Stunden täglich Atemübungen und macht zudem eine Physiotherapie, die ihm nach der langen Immobilität im Krankenhaus verordnet worden war.

Überraschende öffentliche Auftritte

Drei Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus tragen die Rehabilitationsmaßnahmen offensichtlich Früchte: Wie der vatikanische Pressedienst alle paar Tage versichert, geht es gesundheitlich aufwärts mit dem Papst, wenn auch nur langsam.

Immer öfter verlässt Franziskus inzwischen das Santa-Marta-Heim, wo er sich, wie schon im Gemelli-Krankenhaus, eingesperrt fühlt, um sich den Gläubigen und Pilgernden zu zeigen.

So ließ er sich am Palmsonntag im Rollstuhl vor den Petersdom schieben, um den mehr als 20.000 Menschen auf dem Petersplatz frohe Ostertage zu wünschen.

Ein paar Tage zuvor hatte der Argentinier sich in Zivilkleidung in die Basilika begeben, um sich Restaurierungsarbeiten anzusehen und einige Minuten am Grab von Pius X. zu beten.

„Sein Überraschungsauftritt hat die Anwesenden derart gerührt, dass alle Tränen in den Augen hatten“, berichtete danach der Domherr von St. Peter, Bischof Valerio Di Palma.

Wird er den Segen Urbi et Orbi sprechen?

Und so lautet die Frage nicht mehr, ob Franziskus an den Osterfeierlichkeiten wird teilnehmen können, sondern wann und in welcher Form.

Das Pressebüro des Vatikans hat sich dazu noch nicht festgelegt; vieles wird von der Tagesform und von spontanen Entscheidungen des rekonvaleszenten katholischen Kirchenoberhaupts abhängen.

Sicherlich wird Franziskus noch keine ganze Messe lesen können – dafür strengt ihn das Sprechen zu sehr an. Aber er wird wohl einzelne Texte lesen, unter anderem die Meditationen für die traditionelle Kreuzwegzeremonie am Karfreitag beim Kolosseum.

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Und in ganz Rom geht man schon jetzt davon aus, dass der Papst am Ostersonntag nach der großen Messe auf dem voll besetzten Petersplatz persönlich den traditionellen Segen Urbi et Orbi für die Stadt und den Erdkreis spenden wird.

Dramatische Stunden im Krankenhaus

Die diesjährigen Osterfeierlichkeiten sind für Franziskus zweifellos besondere: Wie nah er noch vor wenigen Wochen dem Tod war, hatte der Chefarzt der Gemelli-Klinik, Sergio Alfieri, einige Tage nach der Entlassung des Papstes in einem Interview mit dem „Corriere della Sera“ beschrieben.

„Am 28. Februar, bei seiner ersten Atemkrise, fürchteten wir, ihn zu verlieren. Es war schrecklich. Auch er selber wusste, dass er die nächste Nacht vielleicht nicht überleben würde.“

Wir standen auf verlorenem Posten, aber dann geschah das Wunder.

Sergio Alfieri, Chefarzt der Gemelli-Klinik, zur Genesung des Papstes

Man habe sich entscheiden müssen: „Lassen wir ihn gehen – oder wenden wir alle in dieser Situation noch möglichen Medikamente und Therapien an, auf die Gefahr hin, seine Organe zu schädigen?“, beschrieb Alfieri den dramatischen Moment. Man habe sich dann zusammen mit dem Papst für den zweiten Weg entschieden.

Papst Franziskus (links) verlässt nach fünf Wochen im Auto das Krankenhaus.

© dpa/AP/Marco Ravagli

Tagelang habe man riskiert, dass die starken Medikamente Schäden an den Nieren und am Knochenmark des betagten Patienten auslösen, bis der Körper auf die Behandlung angesprochen hat und die Infektion der Lungen abzuklingen begann.

„Wir standen auf verlorenem Posten, aber dann geschah das Wunder“, fasste Alfieri die kritische Phase zusammen.

Etwas Ruhe nach Spekulationen um Franziskus-Nachfolge

Seit der Entlassung des Papstes aus der Klinik ist auch im Vatikan wieder etwas Ruhe eingekehrt.

Zuvor hatte angesichts seines möglichen Todes „ein Hauch von Konklave“ durch den Kirchenstaat geweht – wie Franziskus nach einem früheren Krankenhausaufenthalt selbst einmal die Positionskämpfe im Vatikan ironisch beschrieben hatte.

Mit Geschenken und Genesungswünschen: Der Papst hat am Mittwoch Mitarbeiter der Gemelli-Klinik in einer Privataudienz empfangen.

© Imago/Catholicpressphoto/Vatican Media

Jetzt, wo der Chef wieder im Vatikan die Stellung hält und sich anschickt, an den Osterfeierlichkeiten teilzunehmen, sind die Spekulationen um einen möglichen Nachfolger erst einmal wieder verstummt.

Der zweitälteste Papst der Geschichte

Doch das ändert nichts daran, dass im Vatikan große Ungewissheit darüber herrscht, wie es mit dem Pontifikat von Franziskus weitergehen wird.

Denn unabhängig davon, ob der Papst in den nächsten Wochen und Monaten wieder ganz genesen und sein einstiges Arbeits- und Reisepensum wieder aufnehmen können wird, ist der 88 Jahre alte Franziskus schon jetzt der zweitälteste Papst der Kirchengeschichte – nach Leo XIII., der 1903 mit 93 Jahren starb.

Sein Vorgänger Benedikt XVI. war mit 85 Jahren zurückgetreten, weil er sich den hohen Anforderungen seines Amtes nicht mehr gewachsen fühlte.

Trotz der Genesung stellt sich die Frage, wie lange der betagte Papst (hier im Rollstuhl) sein Amt noch ausüben kann.

© Imago/Abaca Press/Vatican Media

Auch Franziskus hat die Möglichkeit eines Amtsverzichts nie ausgeschlossen. Für den Fall, dass er so schwer erkranken sollte, dass er selbst nicht mehr fähig wäre, seinen Rücktritt zu verkünden, hat er ein entsprechendes Schreiben hinterlegt.

Zugleich betonte er aber auch, dass „Papstrücktritte nicht zu einer Mode werden sollten“.

Möglicher Rücktritt erst ab nächstem Jahr

Vatikanexperten und Papstvertraute schließen aus, dass Franziskus – sollte er einigermaßen gesund bleiben – einen Rücktritt vor Abschluss des laufenden, von ihm ausgerufenen Heiligen Jahres verkünden könnte.

Aber danach dürfte sich der betagte Pontifex irgendwann selbst fragen, ob er sein Papstamt weiterhin ausüben kann und will.

Im Fall eines Amtsverzichts würde sich Jorge Mario Bergoglio – anders als sein Vorgänger Joseph Ratzinger – nicht als „emeritierter Papst“, sondern als „emeritierter Bischof von Rom“ bezeichnen lassen. Und er würde weder den weißen Talar tragen noch weiterhin im Vatikan wohnen.

Vielleicht kam sein Auftritt in Zivilkleidung im Petersdom einem Blick in die Zukunft gleich. Bekleidet mit einem argentinischen Poncho, dunklen Hosen, orthopädischen Schuhen, im Rollstuhl sitzend: So müsste man sich den Papst im Ruhestand wohl ungefähr vorstellen.

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