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Daimler-Truck will seine Lastwagen in Senegal komplett zusammenbauen lassen.

© picture alliance/dpa/MediaPortal Daimler AG

Deutscher Großkonzern wagt Investition im Senegal: Eine Premiere, die Schule machen sollte

Ab 2026 sollen im Senegal montierte Lastwagen von Daimler-Truck vom Band rollen. Auf eine solche Kooperation hat das Land gewartet. Weiter so, sagt unsere Gastautorin.

Ein Gastbeitrag von Alexandra Heldt

Stand:

Auch im westafrikanischen Senegal herrscht Urlaubsstimmung. Die Flieger aus Paris und Brüssel sind voll, die Hotels ausgebucht von Mitgliedern der afrikanischen Diaspora und Europäern, die seit vielen Jahren das touristische Potenzial der afrikanischen Küste von Senegal bis Elfenbeinküste entdeckt haben.

Deutsche Touristen sind hier kaum zu sehen, obwohl sie weltweit als besonders reisefreudig gelten. Das ist symptomatisch für die generelle Abwesenheit der Bundesrepublik vom afrikanischen Kontinent.

Obwohl viele Analysen und Prognosen die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Relevanz des Kontinents und insbesondere Westafrikas für Europa unterstreichen, bewegt sich hier wenig.

Autokonzern steigt ein

Umso mehr ließ eine knappe Mitteilung in der senegalesischen Presse Mitte Juli aufhorchen: Daimler-Truck, bekannter deutscher Großkonzern, hat im Senegal einen mehrjährigen Vertrag abgeschlossen.

Das Unternehmen plant, zunächst bescheiden, die Montage vor Ort verschiedener LKW-Baureihen für das senegalesische Verteidigungsministerium, die Feuerwehr und Polizei sowie für den Einsatz in der Privatwirtschaft.

Die Wirtschaft ist die ideale Basis für eine deutsch-afrikanische Annäherung.

Alexandra Heldt

Entstehen soll das Montagewerk in Diamniadio, dem geplanten neuen Verwaltungszentrum Senegals, strategisch zentral gelegen auf halbem Weg zwischen der Hauptstadt Dakar und dem Internationalen Flughafen. Es soll schnell gehen; die ersten Fahrzeuge könnten bereits 2026 vom Band rollen.

Das für diese Niederlassung gewählte Modell ist das Completely Knocked Down (CKD), bei dem vor Ort Fahrzeuge aus Einzelteilen zusammengebaut werden.

Dies ermöglicht es, die Importkosten zu begrenzen und zugleich die Entwicklung lokaler Kompetenzen in den Bereichen Ingenieurwesen und mechanische Produktion zu fördern. Es stärkt die Industriekompetenz eines bisher stark von französischen und chinesischen Champions dominierten Landes.

Im Senegal wird gejubelt

Das Vorhaben wird in der senegalesischen Presse gefeiert. Von Deutschland, das in Westafrika hohe Anerkennung genießt, verspricht man sich Partnerschaft auf Augenhöhe und Qualität.

Senegal biete gute Infrastruktur – hier der Containerhafen von Dakar

© AFP/PATRICK MEINHARDT

Hier wünscht man sich, dass aus der jahrzehntelangen Entwicklungszusammenarbeit stärker eine wirtschaftliche Zusammenarbeit hervorgeht. Ein Schritt in diese Richtung war das 2023 geschlossene Abkommen zur Unterstützung der Energiewende im Senegal.

Politik und Wirtschaft ziehen nicht an einem Strang

Das wäre auch im deutschen Interesse – die Bundesrepublik braucht neue Absatzmärkte, neue Energiequellen und Fach- und Arbeitskräfte. Die Automobilindustrie kann in Afrika zu günstigen Preisen ausbilden und produzieren, langfristige Verträge abschließen, Serviceleistungen inklusive. Daimler-Truck macht es vor.

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Milliarde Euro weniger für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Afrika will die Bundesregierung 2025 ausgeben.

Aber trotz des Versprechens der neuen deutschen Regierung, Afrika stärker in den Fokus zu nehmen, wurde dem für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zuständigen Ministerium (BMZ) das Budget 2025 für Afrika um eine Milliarde Euro gekürzt.

Dabei ist gerade die Wirtschaft eine ideale Basis für eine deutsch-afrikanische Annäherung. Dabei können die klassischen Akteure der Entwicklungszusammenarbeit wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder die deutschen politischen Stiftungen als Wegbereiter und Türöffner dienen.

Andere Länder haben das längst verstanden und umgesetzt. In Westafrika, wo der französische Einfluss massiv abnimmt, füllen Länder wie China, Indien, Türkei, Marokko oder Katar die entstandenen Lücken.

Sie wollen die Trümpfe des Senegals nutzen – Energie, Landwirtschaft, Mineralien, seltene Erden, Gold und Silber sowie eine wachsende Bevölkerung und Mittelschicht, die Absatzmärkte und Ausbildungspotential bieten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (r.) mit Senegals Premierminister Ousmane Sonko im August 2025 in Ankara.

© AFP/HANDOUT

Und Deutschland? Dessen Außenhandel mit Afrika ging 2024 laut der Außenwirtschaftsagentur des Bundes (GTAI) um knapp fünf Prozent auf 58,3 Milliarden Euro zurück.

Dabei würde eine Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen auch der Vision entsprechen, die Außenminister Johann Wadephul beim Treffen der Außenminister von Europäischer und Afrikanischer Union im Mai 2025 in Brüssel engagiert vertreten hatte: den Dreiklang von Sicherheit, Freiheit und Wohlstand.

Die Wirtschaft kann dazu beitragen, die afrikanischen Gesellschaften zu stabilisieren, damit sie sich besser gegen extremistische Tendenzen wehren können, Migration nicht mehr als einziger Ausweg erscheint und die Hinwendung zu autoritären Staatsformen zurückgeht.

Deutschland und seine Unternehmen sollten in den afrikanischen Ländern Verbündete mit Gestaltungswillen und immensem Potenzial sehen und sich als verlässlicher Partner etablieren – damit das Projekt von Daimler-Truck kein Solitär bleibt, sondern den Auftakt bildet für eine Win-win-Entwicklung.

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