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Die Bundeswehr in der Ukraine?: Mehrheit der Deutschen dagegen – Experte mahnt Versachlichung der Debatte an
Die Diskussion über eine Entsendung der Bundeswehr zur Friedenssicherung in die Ukraine läuft. In einer Umfrage spricht sich eine Mehrheit dagegen aus. Militärexperte Nico Lange will unterdessen mit falschen Vorstellungen aufräumen.
Stand:
Nach den Gesprächen von US-Präsident Donald Trump mit den europäischen Staatschefs steht nun wieder die Frage von Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Falle eines Friedensabkommens im Raum. Noch ist die Debatte darüber sehr theoretisch, weil Russland bislang jede Präsenz von Nato-Truppen auf ukrainischem Boden ablehnt. Dass der Westen stattdessen europäische Soldaten aus Nicht-Nato-Ländern wie Österreich, San Marino oder Monaco schickt, darf bezweifelt werden.
Der mögliche Auslandseinsatz ist ein Aufregerthema – Mehrheit in Deutschland dagegen
Doch klar ist auch: Die Frage, welches europäische Nato-Land welche Militärunterstützung zur Absicherung der Ukraine leisten könnte, hat schon jetzt enormes politisches wie gesellschaftliches Spaltpotenzial. In Deutschland haben bereits AfD, Linkspartei und BSW ihre Ablehnung gegen die Stationierung deutscher Soldaten in der Ukraine deutlich gemacht. Auch aus der ostdeutschen CDU kam Widerstand.
Die Mehrheit der Deutschen lehnt einer Umfrage zufolge die Entsendung von Bundeswehr-Soldaten in die Ukraine ab. Bei einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von „web.de“ sprachen sich 51 Prozent gegen die deutsche Beteiligung an einer Friedensmission in der Ukraine aus. Lediglich 36 Prozent der Befragten würden das richtig finden, 13 Prozent waren unentschlossen.
Militärexperte Nico Lange von der Münchener Sicherheitskonferenz mahnt unterdessen eine Versachlichung der Debatte an.
Niemand soll Auge in Auge mit den Russen an der Front stehen
„Mit dem Wort „Bodentruppen“ kann man reißerisch Menschen erschrecken und Ablehnung auslösen“, schrieb Lange auf Bluesky. Im Interview mit „n-tv“ sagte er dazu: „Es geht bei einer möglichen Militärpräsenz in der Ukraine innerhalb von Sicherheitsgarantien nicht darum, an einer Kontaktlinie zu patrouillieren oder, wie im Kalten Krieg, Auge in Auge mit den Russen an irgendeiner Front zu stehen. Die Ukrainer können ihre Frontlinie ehrlicherweise besser verteidigen als wir.“
Aus Langes Sicht würden die Nato-Soldaten also nicht an der Front stehen – und wären Teil einer umfassenderen Absicherung der Ukraine gegen weitere russische Aggressionen. Der Experte identifiziert insgesamt fünf Punkte der Sicherheitsgarantien.
- Die Ukraine muss die Leistungsfähigkeit ihrer Streitkräfte weiter steigern.
- Es braucht eine europäische und/oder amerikanische Militärpräsenz in der Ukraine hinter den Streitkräften Kiews – dabei geht es um eine Unterstützung beispielsweise mit Kampfflugzeugen.
- Nötig ist eine maritime Überwachung und ein Küstenschutz im Schwarzen Meer – hier dürfen laut internationaler Vereinbarung aber nur die Anrainerstaaten des Meeres aktiv werden.
- Notwendig ist auch die konventionelle Abschreckung durch weit reichende Abstandswaffen, wie etwa amerikanische Marschflugkörper.
- Außerdem muss ein Plan für den Fall eines russischen Angriffs nach einer Waffenruhe ausgearbeitet werden: Wer redet dann mit wem, wie wird genau reagiert?
Was bisher zu möglichen Friedenstruppen bekannt ist
Das US-Magazin „Bloomberg“ berichtete von zehn nicht benannten europäischen Ländern, die Truppen zur Absicherung in die Ukraine schicken wollen. Schweden erklärte sich öffentlich bereit, einen Frieden in der Ukraine durch Luftraumüberwachung und vom Meer aus zu sichern, Litauen will Truppen und militärische Ausrüstung senden.
Trump wiederum kann sich US-Luftunterstützung, jedoch keine amerikanischen Bodensoldaten in der Ukraine vorstellen. Er ging in einem TV-Interview am Dienstag davon aus, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien dazu bereit seien.
Bundeskanzler Friedrich Merz aber sagte zuletzt nur, Deutschland habe „eine hohe Verantwortung“, sich an Sicherheitsgarantien zu beteiligen. Eine endgültige Antwort wollte er nicht geben. (TMA/Reuters/dpa)
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