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Durchbruch bei Regierungsgesprächen in Österreich: ÖVP, SPÖ und Neos einigen sich auf Koalition
Erstmals in der Geschichte der Alpenrepublik soll Österreich eine Dreier-Koalition bekommen: ÖVP, SPÖ und Neos sind sich einig. Christian Stocker steht als neuer Kanzler in den Startlöchern.
Stand:
Konservative, Sozialdemokraten und Liberale in Österreich haben sich im zweiten Anlauf auf eine Koalition geeinigt. Der Chef der konservativen ÖVP, Christian Stocker, präsentierte am Donnerstag das gemeinsame Regierungsprogramm mit der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos.
Dieses enthält unter anderem die Einführung eines verpflichtenden Integrationsprogramms für Migranten „ab dem ersten Tag“ und ein Kopftuchverbot für unter 14-Jährige. Zudem soll mit einer „Entbürokratisierungsstelle“ die Entbürokratisierung vorangetrieben werden. International bekenne man sich zur EU und zur Unterstützung für die Ukraine.
„Hinter uns liegen die vielleicht schwierigsten Regierungsverhandlungen in der Geschichte unseres Landes“, sagte ÖVP-Chef Stocker bei der Vorstellung des Koalitionsprogramms am Donnerstag. Die drei Parteien seien bereit, „das Wohl unseres Landes über Partei und Einzelinteressen zu stellen“. Vorstellungen und Prioritäten aller drei Koalitionspartner seien in einem „gemeinsamen Programm für die Zukunft Österreichs vereint“.
SPÖ-Chef Andreas Babler sagte, er sei froh und stolz über den Regierungspakt, „nicht nur, weil dieser Zusammenhalt der konstruktiven Kräfte Herbert Kickl als Kanzler und die rechtsextreme FPÖ in den wichtigsten Institutionen unseres Landes verhindert“.
Babler sei auch stolz, weil die drei Parteien einen Kompromiss gefunden hätten, um Antworten auf die Rezession, das Budgetdefizit und die Teuerungskrise zu liefern, sagte der künftige Vizekanzler. Aus Sicht der Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist das Programm auch vom Reformwillen geprägt.
Parteien müssen dem Koalitionsprogramm noch zustimmen
Über die Ministerposten wird laut der österreichischen Nachrichtenagentur APA erst in den kommenden Tagen in den jeweiligen Parteien entschieden. Vereidigt werden könnte die neue Regierung demnach bereits am kommenden Montag. Voraussetzung dafür ist, dass die Gremien der drei Parteien grünes Licht für den Koalitionsvertrag geben. Das Land würde dann erstmals eine Dreiparteien-Koalition bekommen, auch „Zuckerlkoalition“ genannt.
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Die jetzigen potenziellen Partner hatten schon nach der Parlamentswahl im Herbst 2024 Verhandlungen aufgenommen. Die Gespräche scheiterten aber rund um den Jahreswechsel.
Danach bekam die rechte FPÖ als Wahlsieger den Regierungsbildungsauftrag. Aber auch der Versuch, eine FPÖ-ÖVP-Koalition zu schmieden, wurde unlängst aufgegeben. Damit dauerte die Suche nach einer Regierung etwa 150 Tage – ein Rekord für Österreich.
Der Einigung zufolge soll der 64 Jahre alte Christian Stocker neuer Regierungschef der Alpenrepublik werden. Er war im Januar zum Nachfolger des damals zurückgetretenen Kanzlers Karl Nehammer zum ÖVP-Parteichef bestimmt worden. Nehammer gab sein Amt auf, weil er – im Gegensatz zu Stocker – nicht mit den Rechtspopulisten verhandeln wollte.
Von einer neuen Regierung wird unter anderem erwartet, dass sie das große Budgetloch verkleinert und die lahmende Wirtschaft ankurbelt. Auch Migrationsfragen spielen in der österreichischen Innenpolitik eine wichtige Rolle. So will die ÖVP – ähnlich wie die CDU/CSU in Deutschland – ihren Kurs bei der Zuwanderung weiter verschärfen. (dpa, Reuters, AFP)
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