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Erstes deutsches Staatsoberhaupt auf Kreta: Steinmeier bittet um Vergebung für deutsche Verbrechen
Deutsche Soldaten haben im Zweiten Weltkrieg auch auf Kreta gewütet, Dörfer zerstört, Menschen umgebracht. Als erster Bundespräsident kommt Frank-Walter Steinmeier hierher – mit einer wichtigen Geste.
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Abschluss seines Griechenland-Besuches die Menschen auf Kreta um Vergebung für das Morden der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg gebeten. „Ich bitte Sie, die Überlebenden und Nachfahren, um Vergebung für die schweren Verbrechen, die Deutsche hier verübt haben“, sagte Steinmeier bei einem Besuch des Dorfes Kandanos. Und: „Ich bitte um Vergebung dafür, dass mein Land über Jahrzehnte die Ahndung der Verbrechen verschleppt hat. Dass es nach dem Krieg zunächst weggesehen und geschwiegen hat.“
Kandanos war am 3. Juni 1941 von der Wehrmacht vollständig zerstört worden, nur wenige Tage nach der Eroberung der Insel durch deutsche Truppen. Die Aktion wurde als Vergeltungsmaßnahme gegen den griechischen Widerstand für den Tod von 25 deutschen Fallschirm- und Gebirgsjägern ausgegeben. Einwohner, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, wurden brutal umgebracht. Ihre genaue Zahl ist unklar. In einem Bericht ist von 23 Toten die Rede, andere Schätzungen gehen sogar von bis zu 189 Toten aus.
Kandanos heute für die Griechen ein „Märtyrerdorf“
Der später wieder aufgebaute Ort zählt heute etwa 1000 Einwohner. An die Gräueltaten erinnern noch Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dieser Zeit, die im Ort zu sehen sind. Kandanos ist heute für die Griechen ein „Märtyrerdorf“, von denen es 120 im ganzen Land gibt.
Steinmeier war das erste deutsche Staatsoberhaupt, das Kreta besuchte. „Es ist ein schwerer Weg, als deutscher Bundespräsident an diesen Ort zu kommen und zu reden. Aber ich kann nicht hier auf Kreta sein, ohne diesen Ort deutscher Scham zu besuchen.“ Er wisse, dass in den Familien Leid und Schmerz fortlebten. „Und doch haben Sie uns die Hand zur Versöhnung gereicht, und dafür bin ich Ihnen dankbar“, sagte Steinmeier. „Die Brutalität, die Grausamkeit, die Menschenverachtung der deutschen Besatzer, sie lässt auch mir und gerade heute den Atem stocken.“
Der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender legten an der Gedenkstätte für die Opfer der Zerstörung von Kandanos einen Kranz nieder und sprachen lange mit Überlebenden. Dabei wurde Steinmeier erneut mit der Forderung nach deutschen Wiedergutmachungszahlungen konfrontiert. Vier Überlebende verlangten auf einem Transparent „Gerechtigkeit und Entschädigung“, andere Menschen riefen diese Worte lautstark. (dpa)
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