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Eine Starlink-Schüssel an der Frontline in der Ukraine.

© Reuters/Clodagh Kilcoyne

Update

„Es herrschte Chaos“: Bevor Musk der ukrainischen Armee Starlink abstellte, sprach er angeblich mit Putin

Laut dem „New Yorker“ hat der Unternehmer dem Pentagon im Rahmen der Starlink-Verhandlungen von dem Gespräch erzählt. Kurz darauf veröffentlichte er auch seinen „Friedensplan“.

Stand:

Tech-Milliardär Elon Musk soll im vergangenen Jahr im Rahmen der Verhandlungen über die Nutzung von Starlink in der Ukraine das US-Verteidigungsministerium über ein persönliches Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin informiert haben. Das berichtet das US-Magazin „New Yorker“ und bezieht sich in seinem Artikel auf Aussagen des ehemaligen ranghohen Pentagon-Mitarbeiter Colin Kahl sowie einen weiteren namentlich nicht genannten Regierungsvertreter.

Seit Beginn von Russlands Invasion versorgt Musks Weltraumfirma SpaceX die ukrainische Armee mit dem Internet-Satellitensystems Starlink. Denn Russlands Bodenoffensive ging Hand in Hand mit einem Cyberangriff, der Kiew das Internet abzudrehen versuchte.

Vor knapp einem Jahr änderte Musk dann seinen Ton und erklärte, SpaceX könne den Betrieb der Terminals nicht dauerhaft weiter zahlen. Berichten zufolge kam es in dieser Zeit auch zu Ausfällen der Starlink-Verbindung bei einzelnen Teilen der ukrainischen Armee. Davon sollen die Gebiete südlich der Stadt Cherson und in der Region Saporischschja und an der östlichen Front in Charkiw, in Donezk und Luhansk betroffen gewesen sein.

In all diesen Gebieten fanden damals heftige Kämpfe statt, teilweise befand sich Kiews Armee dort auf dem Vormarsch. Auch der „New Yorker“ zitiert in seinem Bericht einen Soldaten der ukrainischen Fernmeldeeinheit, der dies bestätigt. Seine Einheit sei nahe an der Frontlinie gewesen, als Starlink plötzlich nicht mehr funktionierte. Die vorrückenden Einheiten seien isoliert worden.

„Wenn man in der Offensive ist, braucht man als Kommandeur, einen ständigen Informationsfluss von den kämpfenden Bataillonen. Die Kommandeure mussten daher selbst auf das Schlachtfeld fahren, um in Funkreichweite ihrer Einheiten zu sein. So mussten sie sich selbst in Gefahr bringen. Es herrschte Chaos“, berichtete der Soldat dem Magazin.

Die Präsidentin und CEO des Herstellers SpaceX, Gwynne Shotwell, bestätigte damals die Ausfälle und sagte, das System sei nur für humanitäre Zwecke gedacht. „Es war nie unsere Absicht, dass es für offensive Zwecke eingesetzt wird“, sagte Shotwell damals.

In dieser angespannten Situation im vergangenen September verhandelte das US-Verteidigungsministerium mit Musk über den Weiterbetrieb der Internetstationen. Musk habe Pentagon-Mitarbeitern bei Gesprächen darüber von seiner Unterhaltung mit Putin erzählt, berichtet der „New Yorker“. Als es darum ging, wie Russland den Einsatz von Starlink bewertet, habe Musk gesagt: „Also ich hatte dieses sehr interessante Gespräch mit Putin“.

Mehr Details zu dem Gespräch nannte die Quelle dem „New Yorker“ nicht. Sein Austausch mit dem Kreml habe laut einer anderen Quelle sogar „regelmäßig’“ stattgefunden, heißt es in dem Bericht.

Damals plädierte Musk laut Reid Hoffman, einem Weggefährten, mit dem Musk einst den Vorläufer von PayPal gründete, bereits für direkte Friedensverhandlungen. Putin wolle Frieden und wir sollten mit Putin über Frieden verhandeln, soll Musk gesagt haben

Brisantes Timing

Brisant an der angeblichen Unterhaltung mit Putin wäre nicht zuletzt deren Timing. Denn Musk veröffentlichte kurz darauf auch seine von vielen als prorussisch wahrgenommenen Vorschläge für eine Lösung des Konflikts. Er hatte unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf die von Russland völkerrechtswidrig annektierte Halbinsel Krim sowie Volksabstimmungen in russisch besetzten Gebieten vorgeschlagen.

Nicht minder spannend: Musk teilte der Financial Times mit, dass auch Peking seine Bereitstellung von Starlink kritisiert habe und von ihm eine Zusicherung verlangt habe, die Technologie nicht in China einzusetzen. Auch im Konflikt um den Status Taiwans schlug der Unternehmer kurz darauf einen Friedensplan vor. Dieser wurde ebenfalls als einseitig und prochinesisch kritisiert, da er den de-facto unabhängigen Inselstaat in eine gemeinsam mit Peking kontrollierte Freihandelszone umwandeln wollte.

Inzwischen bezahlt das US-Verteidigungsministerium für das mobile Internet

Elon Musk bestreitet allerdings jeglichen politischen Austausch mit Putin. Schon als im Herbst 2022 erstmals von einer solchen Unterhaltung mit dem Kremlchef berichtet worden war, hatte der Tech-Unternehmer dies zurückgewiesen. „Ich habe mit Putin nur einmal gesprochen und das war vor 18 Monaten“, schrieb er in einem Tweet. Dabei sei es um Raumfahrt gegangen.

In jedem Fall erklärte sich SpaceX kurz nach den Verhandlungen Ende letzten Jahres bereit, die Nutzung der Starlink-Terminals weiter zu ermöglichen. Seitdem wurden auch keine Ausfälle mehr bekannt. Inzwischen hat das US-Verteidigungsministerium einen Vertrag mit der Firma abgeschlossen, der die Kostenfrage regelt und der Ukraine das mobile Internet langfristig zur Verfügung stellen will.

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