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„Es ist Putin, der diesen Krieg führt“: Experten dämpfen Erwartungen an Trump-Putin-Treffen
An diesem Freitag treffen sich Trump und Putin in Alaska. Grundlegende Vereinbarungen werden nicht erwartet. Zudem gibt es ein grundlegendes Problem.
Stand:
Donald Trump und Wladimir Putin wollen sich an diesem Freitag auf dem US-Militärstützpunkt Elmendorf-Richardson in Anchorage im US-Bundesstaat Alaska treffen. Ein Kreml-Vertreter sagte am Donnerstag, dass zunächst direkte Gespräche zwischen dem US-Präsidenten und dem Kremlchef stattfinden sollen, an denen lediglich Übersetzer teilnehmen sollen. Anschließend sollen die Delegationen der beiden Staaten Verhandlungen führen.
Putin bewertete die Bemühungen der USA zur Beendigung des Ukrainekriegs positiv. „Die US-Regierung (...) unternimmt meiner Ansicht nach ganz energische und aufrichtige Anstrengungen, um die Kämpfe zu beenden, aus der Krise herauszukommen und zu Vereinbarungen zu gelangen, die alle beteiligten Parteien zufriedenstellen“, sagte Putin nach Angaben des Kreml.
Wenn Putin sich wirklich bemühen würde, wäre der Krieg längst vorbei.
Kurt Volker, ehemaliger US-Sondergesandter für die Ukraine
Kurt Volker, ehemaliger US-Sondergesandter für die Ukraine, sieht diese Äußerung kritisch: „Diese Aussage ist unglaublich zynisch. Es ist Putin, der diesen Krieg führt. Wenn Putin sich wirklich bemühen würde, wäre der Krieg längst vorbei. So schiebt er Trump die Verantwortung zu, den Konflikt zu beenden“, sagte er in einem Interview mit der „Welt“.
Keine Änderung an Russlands Position
Volker erwartet keine grundlegenden Zugeständnisse von russischer Seite: „Es gibt keine Änderung in Putins Position, was nicht überraschend ist. In den vergangenen Woche haben die Russen immer wieder betont, dass sich ihre Position nicht geändert hat.“ Russland fordere weiterhin, dass sich die Ukraine aus Gebieten zurückziehen müsse, die Russland gar nicht besetzt halte.
Bisherige Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine nach dreieinhalb Jahren Krieg sind ergebnislos geblieben. Moskau verlangt von Kiew, die vier von Russland teilweise besetzten ostukrainischen Regionen Saporischschja, Donezk, Luhansk und Cherson sowie die von Russland annektierte Halbinsel Krim vollständig abzutreten und zudem auf westliche Militärhilfe und einen Nato-Beitritt zu verzichten. Die Ukraine weist diese Forderungen als unannehmbar zurück und fordert westliche Sicherheitsgarantien.
Bestes Szenario: Einigung auf Folgeprozess
Samuel Charap, Russlandexperte bei der US-Denkfabrik Rand Corporation, sieht das beste Szenario in einer Einigung auf einen diplomatischen Prozess: „Das beste Szenario wäre, wenn beide Seiten sich auf einen Prozess einigen, in dessen Verlauf man sich auf ein Rahmenabkommen einigen könnte. Dieser Prozess müsste Ziele definieren, einen klar definierten Kreis von Teilnehmern, vielleicht sogar eine Frist“, sagte er im Interview mit dem „Spiegel“.
Auch der ehemalige US-Sondergesandte Volker hält eine Einigung auf ein Folgetreffen mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für möglich: „Wobei Putin sagen würde: Dann, wenn die Bedingungen stimmen. Mithin verkünden sie eine Einigung, obwohl diese eigentlich keine ist.“
Warnung vor den Folgen eines Scheiterns
Russlandexperte Charap warnt jedoch auch vor den Konsequenzen eines gescheiterten Gipfels: „Auf dem Gipfel treffen sich mit Trump und Putin nicht nur zwei Staatspräsidenten, sondern auch die Anführer von zwei großen Regierungsapparaten. Diese Systeme nehmen die Signale von der Spitze auf. Wenn der Gipfel scheitert, dann gibt es im Apparat wenig Anreiz, die Scherben aufzukehren und sie wieder zusammenzufügen.“
Der Experte sieht ein besonders problematisches Szenario: „Es gibt die Sorge, dass die Vereinigten Staaten einem russischen Vorschlag zustimmen, den die Ukraine nicht akzeptieren kann. Und die USA daraufhin ihre Unterstützung für die Ukraine stoppen, falls sich Kyjiw nicht auf ein Angebot einlässt, das Trump als vernünftig betrachtet.“
Skepsis über Trumps Drohungen
Volker zeigt sich zudem skeptisch gegenüber Trumps wiederholten Drohungen mit schwerwiegenden Konsequenzen, sollte Putin einem Waffenstillstand nicht zustimmen. Da der US-Präsident diese „ungefähr einmal pro Woche“ wiederholt, könne man „Trumps Drohungen (...) nicht mehr ernst nehmen, weil er das schon so oft gesagt und nichts unternommen hat.“
Als Beispiel führt er Trumps Drohung gegen Indien an: „Trump hatte anfangs 100 Prozent (Zölle) angedroht. Indien sagt trotzdem, dass es sich davon nicht beeinflussen lässt und weiterhin russisches Öl und Gas kauft.“
„Henne-Ei-Problem“ bei Verhandlungsbemühungen
Charap sieht ein grundlegendes Dilemma bei den Verhandlungsbemühungen. Ein „Henne-Ei-Problem“, wie er dem „Spiegel“ sagte. „Die Russen wollen einem Waffenstillstand nicht zustimmen, solange sie nicht wissen, wie eine politische Vereinbarung aussehen könnte. Die Ukrainer wollen nicht über eine politische Lösung verhandeln, solange es keinen Waffenstillstand gibt.“
Eine mögliche Lösung wäre laut dem Russlandexperten ein Rahmenabkommen, das die Prinzipien eines Abkommens umreißt, ohne die Details festzulegen: „Das bedeutet: Im Prinzip einigt man sich auf das, worauf man sich einigen wird.“
Trumps ehemaliger Sondergesandter rechnet dem US-Präsidenten immerhin an, „dass er alle zum Reden und Reagieren gebracht hat. Er hat also viel Unruhe gestiftet, alle sind involviert. Das ist gut.“ (Tsp/AFP)
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