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Finnland diskutiert über das Hakenkreuz: „Schon immer ein Symbol für Unabhängigkeit und Freiheit“
Altes Symbol, neue Debatte: Finnlands Luftwaffe will das Hakenkreuz von ihren Flaggen entfernen. Auch wegen Beklemmungen bei den Nato-Partnern.
Stand:
In Helsinki weht ein Hakenkreuz. Ganz klein, kaum erkennbar und versteckt in der linken oberen Ecke der offiziellen Flagge des Präsidenten schimmert es gelb.
Nicht nur auf der Fahne des finnischen Staatsoberhaupts finden sich im Land Hakenkreuze – auch auf Ehrenmedaillen, Gemeindewappen, Häusereingängen und Flaggen der finnischen Luftwaffe.
Das Hakenkreuz steht im nordischen Land weniger für völkische Nazi-Ideologie, sondern seit mehr als 100 Jahren für Freiheit. Das Nato-Land überdenkt nun dennoch die Nutzung.
Irritation bei den Nato-Partnern
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Yle zufolge plant zumindest die finnische Luftwaffe, die Hakenkreuze zeitnah von den Flaggen ihrer Einheiten zu entfernen.
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Der Kommandeur des Luftkommandos Karelien, Tomo Böhm, sagte dem Sender am Donnerstag, die Luftwaffe wolle sich damit der Zeit anpassen. Derzeit wird demnach an einer Flaggenreform gearbeitet. Dabei wird Böhm zufolge auch eine Entfernung der Hakenkreuze diskutiert. Wie lange dieser Prozess dauere, ist aktuell unklar.
Insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Nato-Partnern hat das Symbol demnach immer wieder für Irritationen gesorgt. „Wir könnten die Flagge weiterhin verwenden, aber manchmal kommt es dabei zu unangenehmen Situationen mit ausländischen Besuchern“, sagte Böhm.
Auch in der Vergangenheit hat der etwas freimütigere Umgang mit dem Hakenkreuz bereits für diplomatische Probleme gesorgt.
Als der in Finnlands äußerst beliebte Präsident Urho Kekkonen 1962 etwa zu einem Staatsbesuch nach Paris reiste, überreichte er seinem Amtskollegen Charles de Gaulle den zweithöchsten finnischen Orden der Weißen Rose. Der Franzose fühlte sich allerdings kaum geschmeichelt – die Kette der Medaille war verziert mit Hakenkreuzen.
Kekkonen soll Jahre später in einem privaten Brief berichtet haben, dass de Gaulle von der Kette offenbar äußerst beunruhigt war und versucht hatte, sie unter seinen anderen Orden zu verstecken. Dies soll den Anstoß gegeben haben, das Hakenkreuz von der Ordenskette zu entfernen.
Seit 1918 als Symbol der finnischen Luftwaffe
Auf Flaggen ist das Hakenkreuz jedoch weiterzusehen – und sorgte auch hier in der Vergangenheit immer wieder für Unruhe bei Gästen.
Nach einer gemeinsamen Militärübung sollten alliierte Partnerländer mit einer feierlichen Parade 2021 aus Lappland verabschiedet werden – die lappische Einheit schwenkte dafür Hakenkreuz-Fahnen. Die deutschen Gäste blieben der Feier deshalb fern.
Zunächst einmal hatte es nichts mit den Nazis zu tun, denn wir haben es 1918 bekommen.
Kai Mecklin, Direktor des finnischen Luftwaffenmuseums
Zugleich hat die Verwendung des Hakenkreuzes im nordischen Land eine lange Tradition.
Seit 1918 nutzt die nationale Luftwaffe das Symbol. Zuvor erlebte das mehr als Tausend Jahre alte Symbol im 19. Jahrhundert unter Verfechter:innen des finnischen Nationalismus eine Renaissance, es wurde zu einem Lieblingsmotiv führender Künstler:innen.
Der bekannte finnische Maler Akseli Gallen-Kallela wurde nach dem ersten Weltkrieg mit der Gestaltung von Ehrenabzeichen beauftragt, nutzte dafür immer wieder kurzgliedrige Hakenkreuze, besser bekannt als Fylfot. Das Symbol ist in Finnland auf Kriegsdenkmälern zu sehen und findet sich eben auch auf der offiziellen Präsidentenflagge.

© dpa/Thomas Frey
„Zunächst einmal hatte es nichts mit den Nazis zu tun, denn wir haben es 1918 bekommen“, sagt Kai Mecklin, Direktor des finnischen Luftwaffenmuseums, dem öffentlich-rechtlichen Sender Yle bereits 2017. „Es war in Finnland schon immer ein Symbol für Unabhängigkeit und Freiheit.“
In den vergangenen Jahren wurde die Verwendung allerdings immer öfter infrage gestellt. Vor fünf Jahren entfernte die Armee das Hakenkreuz deshalb von ihren Flugzeugen und Uniformen.
In diesem Sommer hat die Diskussion erneut an Schwung gewonnen, nachdem der im Land bekannte Politikwissenschaftler Teivo Teivainen die Geschichte der Swastika untersucht und im Sommer ein Buch dazu veröffentlicht hat.

© dpa/Jouni Laaksomies
Der Professor der Universität Helsinki spricht sich seit Langem gegen die Nutzung des Hakenkreuzes innerhalb der Luftwaffe aus.
Das bevorzugte Symbol finnischer Neonazis ist nicht das Hakenkreuz, sondern ein altes Runenzeichen – für den nordischen Gott des Krieges und Gerechtigkeit, Tyr.
2023 richtete Finnlands konservativer Ministerpräsident, Petteri Orpo, dennoch eine Arbeitsgruppe ein, um ein Gesetz zum Verbot des Hakenkreuzes auszuarbeiten. Bisher ohne Erfolg.
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