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Eine Iskander-M-Rakete wird während der Militärübung „Zentr-2019” auf dem Übungsgelände Sary-Shagan in Kasachstan abgefeuert. (Archivbild vom 20. September 2019).

© imago images/ITAR-TASS/Russian Defence Ministry via www.imago-images.de

„Gamechanger für Russland“: So trickst Moskau mit seinen Raketen offenbar immer öfter die Luftverteidigung der Ukraine aus

Einer Analyse zufolge hat Russland seine Trefferquote mit klassischen Raketen in der Ukraine verbessert. Die Militärindustrie wurde deswegen empfindlich beschädigt. Moskau kommen dabei zwei Entwicklungen zugute.

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Drohnen in unterschiedlichen Formen dominieren dieser Tage die Schlagzeilen, ob es dabei um den Ukraine-Krieg geht, oder um die Nato-Luftverteidigung gegenüber Russland. Da kann schnell in Vergessenheit geraten, dass die Armee von Wladimir Putin auch mit herkömmlichen Luftwaffen angreift. Neben Marschflugkörpern gehören dazu die in der Regel billiger zu produzierenden, technisch weniger raffinierten ballistischen Raketen – und genau diese werden für die Ukraine offenbar zunehmend zum Problem.

Ende September etwa schlugen zwei ballistische Raketen in ein Ausbildungszentrum des ukrainischen Heeres ein. Kiew sprach von einem „präzisen Treffer“ auf einen Schutzraum. Auch die verfügbaren Zahlen deuten auf ein Problem für die Ukraine hin: Eine Statistik, über die die „Financial Times“ („FT“) berichtet, zeigt eine zuletzt sinkende Abfangrate.

Demnach schoss die ukrainische Luftabwehr im August noch 37 Prozent der ballistischen Raketen aus Russland ab, im September aber nur sieben Prozent – obwohl Moskau – bei seinen insgesamt zunehmenden – Luftattacken weniger auf ballistische Raketen setzte.

Wie lassen sich die russischen Treffer erklären? Die „FT“ liefert zwei Erklärungen.

1. Problem: Russlands Raketen sind cleverer geworden

Westliche und ukrainische Regierungsbeamte gehen davon aus, dass Russland seine ballistischen Raketen verbessert hat. Anstatt teurer Anpassungen an der Hardware brauche es dazu nur eine Änderung im Zielsystem, erklärte Waffenexperte Fabian Hoffmann der Zeitung.

Das bedeutet konkret: Zunächst fliegen die verbesserten russischen Raketen in ihrer typischen Flugbahn auf die Ziele in der Ukraine zu – doch kurz vor dem Einschlag führen sie überraschende Manöver aus, um die Flugabwehr „zu verwirren“.

Die „FT“ zitiert einen ehemaligen ukrainischen Beamten, der in diesem Zusammenhang von einem „Gamechanger für Russland“ spricht. Den Angreifern sei es gelungen, wichtige Militäranlagen und kritische Infrastruktur in der Ukraine vor dem Winter zu zerstören. Zum Beispiel seien mindestens vier Drohnenfabriken im Großraum Kiew in diesem Sommer durch Raketen schwer beschädigt worden.

2. Problem: Die US-Patriots in der Ukraine gehen zur Neige

Für die Ukraine rächt sich nun offenbar auch eine Abhängigkeit von bestimmten ausländischen Verteidigungswaffen. Bei der Abwehr ballistischer Raketen ist das Land auf ein modernes US-System namens „Patriot“ angewiesen. Auch die Bundeswehr lieferte der Ukraine dieses US-System aus ihren Beständen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete es als „Schlüssel zur Abwehr ballistischer Raketen“.

Der Bestand passender Patriot-Abwehrraketen war bereits im Sommer dünn, wie Militärexperte Gustav Gressel dem Tagesspiegel damals mitteilte – aber nun scheinen auch die Systeme selbst zur Neige zu gehen. Stand September waren Medienberichten zufolge zehn Patriots in der Ukraine.

Doch Russland hat es offenbar geschafft, mehrere dieser aus Raketenwerfer, Kontrollstation und Radar bestehenden Patriot-Systeme zu zerstören. Dem Bericht nach hat Moskau außerdem die zur Bedienung der Luftabwehr nötigen Spezialisten ins Visier genommen: Lieutenant und Patriot-Experte Denys Sakun starb im Dezember bei einem russischen Angriff nahe Kiew.

Hinzu kommt wohl ein weiteres Problem: Die Patriots sind demnach zunehmend schutzlos. Sie wurden zuvor von anderen Verteidigungssystem wie dem europäischen Iris-T bewacht, allerdings seien manche davon inzwischen selbst beschädigt oder wurden verlegt, wie die „FT“ berichtet. (mit dpa)

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