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Hongkonger Verleger Jimmy Lai schuldig gesprochen: „Ein Schauprozess, der sich als Gerechtigkeit tarnt“
Hongkongs Justiz spricht den pro-demokratischen Verleger Jimmy Lai in einem viel beachteten Prozess schuldig. Das Strafmaß steht noch aus. Was Lai schlimmstenfalls drohen könnte.
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Er gehört zu Hongkongs prominentesten Demokratie-Aktivisten – und muss wohl noch für lange Zeit im Gefängnis bleiben. Ein Gericht in Hongkong hat den Verleger Jimmy Lai im Verfahren um Verstöße gegen die nationale Sicherheit schuldig gesprochen.
Die Richter sahen die Anklagepunkte gegen den Gründer der pro-demokratischen Zeitung „Apple Daily“ als erwiesen an: „Verschwörung zur Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften sowie Veröffentlichung aufrührerischer Publikationen“. Das geht aus dem am Montag ergangenen Urteil hervor.
Scharfe Kritik von Menschenrechtlern
Das Strafmaß wird erst später verkündet. Ein Zeitpunkt dafür stand jedoch noch nicht fest. Lai droht im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe. Der Verleger hatte sich in dem Verfahren um insgesamt drei Anklagepunkte – von denen es bei zwei um die Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften ging – nicht schuldig bekannt.
Die Justiz hatte Lai Verstöße gegen das umstrittene Sicherheitsgesetz vorgeworfen, weswegen auch schon andere pro-demokratische Aktivisten verurteilt worden waren. Ohnehin sitzt der heute 78-Jährige bereits seit mehr als fünf Jahren im Gefängnis, weil er schon zu Haftstrafen in anderen Fällen verurteilt wurde.
Der Prozess gegen Jimmy Lai war eine groteske Übung in rechtlicher Subversion und Trickserei.
Mark Sabah, Direktor des Committee for Freedom in Hongkong Foundation
„Dieses Urteil sollte absolut niemanden überraschen“, sagt Mark Sabah, Direktor der Committee for Freedom in Hongkong Foundation UK and Europe. „Der Prozess gegen Jimmy Lai war eine groteske Übung in rechtlicher Subversion und Trickserei – ein Schauprozess, der sich als Gerechtigkeit tarnt.“
Was jedoch tatsächlich zu sehen gewesen sei, „ist die vollständige und totale Zerstörung des Rufs Hongkongs als globales Rechtszentrum“. So haben Sabah zufolge drei handverlesene Richter Lai verurteilt, „nachdem ihm sein verfassungsmäßig geschütztes Recht auf ein Schwurgerichtsverfahren verweigert worden war“.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen auch andere Menschenrechtler. „Das Urteil gegen Jimmy Lai war vorhersehbar – das macht es aber nicht weniger bestürzend“, sagt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, dem Tagesspiegel. Seine Verurteilung komme einem Todesurteil für die Pressefreiheit in Hongkong gleich. „Unabhängiger Journalismus wird nun als Straftat eingestuft.“
Duchrow fordert, das „Sicherheitsgesetz“ international zu verurteilen – und zwar als einen Vorwand für die Behörden in Peking und Hongkong, „um die Unterdrückung der Menschen in Hongkong fortzusetzen“.
Unabhängiger Journalismus wird nun als Straftat eingestuft.
Julia Duchrow, Amnesty International
Zuletzt hatten sich Lais Unterstützer zunehmend Sorgen um dessen Gesundheitszustand gemacht. Am Tag des Urteils patrouillierten zahlreiche Polizisten vor dem Gericht im Stadtteil West Kowloon. Neben Lais Angehörigen waren auch ausländische Diplomaten vor Ort, wie Fotos zeigten.

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Die Behörden in Hongkong hatten Kritik am Umgang mit Lai in der Vergangenheit zurückgewiesen und erklärt, der Fall werde „streng“ auf der Grundlage von Beweisen und „im Einklang mit dem Gesetz“ behandelt.
Der Medienmogul, der auch einen britischen Pass besitzt, hatte die Hongkonger Zeitung „Apple Daily“ gegründet, die 2021 zwangsweise eingestellt wurde, nachdem die Behörden wegen Verstößen gegen das Sicherheitsgesetz ermittelt hatten.
Das Sicherheitsgesetz in der früheren britischen Kronkolonie richtet sich gegen die pro-demokratische Opposition und Aktivitäten, welche Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. 2020 trat es als Reaktion auf große Demonstrationen für mehr Demokratie in Kraft. (mit dpa)
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