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Steht das Getreideabkommen mit der Ukraine vor dem Aus?

© picture alliance/dpa/Ukrinform

Update

Vertrag läuft am Montag aus: Moskau könnte das Getreideabkommen mit Kiew verlängern

Am Montag läuft das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine aus. Die Vereinten Nationen wollen es unbedingt verlängern – und bitten in einem Brief an den Kreml-Chef um Hilfe.

Von Jan Dirk Herbermann

Das weltwirtschaftlich und politisch bedeutsame Getreideabkommen zwischen der Ukraine und Russlands steht womöglich vor der Verlängerung.

Am Freitag erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, sein russischer Amtskollege Wladimir Putin sei bereit, die Übereinkunft fortzusetzen. Die Vereinbarung zwischen Kiew und Moskau endet am Montag, der Kreml drohte damit, die Initiative nicht verlängern zu wollen.

In einem Brief unterbreitete UN-Generalsekretär António Guterres Putin verschiedene Vorschläge, um das Abkommen zu retten. Während Guterres die Initiative als „unverzichtbar“ für die globale Ernährungssicherheit bewertet, steht Russland dem Pakt skeptisch gegenüber. Der Generalsekretär sei „bereit, mit dem Präsidenten zu sprechen“, ließ ein UN-Sprecher diese Woche verlauten.

Im Rahmen der Getreide-Initiative hat die Agrarnation Ukraine mehr als 32 Millionen Tonnen Lebensmittel über das Schwarze Meer verschifft.

Die Lieferungen von Getreide, Speiseöl und anderen Agrarerzeugnissen aus dem Land gingen in den vergangenen Monaten zwar um mehrere Millionen Tonnen zurück.

Sie trugen aber zu einer nachhaltigen Senkung der weltweiten Lebensmittelpreise bei. Der UN zufolge liegen die Preise nun um mehr als 23 Prozent unter den Rekordwerten von März 2022.

Zudem hat die Schwarzmeer-Initiative eine politische Dimension: Sie demonstriert, dass die erbitterten Feinde Russland und Ukraine sich verständigen können.

32
Millionen Tonnen Lebensmittel hat die Ukraine im Rahmen der Schwarzmeer-Getreide-Initiative verschifft

Zum ersten Jahrestag der Initiative hatte Russland damit gedroht, den Deal nicht zu verlängern. Zuletzt betonte der russische Botschafter bei den UN in Genf, Gennadi Gatilow, es gebe keinen Grund, den „Status quo“ des Abkommens zu bewahren.

Ich weiß nicht, welche Argumente diejenigen vorbringen können, die die Schwarzmeer-Initiative fortsetzen wollen.

Sergei Lawrow, russischer Außenminister

Der Chefvolkswirt der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, Maximo Torero, rechnet mit Preissteigerungen auf den globalen Lebensmittelmärkten, sollte die Putin-Regierung das Abkommen kippen.

„Die Verschiffung dieser Waren trägt zur Stabilisierung der Weltmärkte bei“, sagte Torero dem Tagesspiegel. „Die Käufer, einschließlich der Länder mit niedrigem Einkommen, profitieren von den niedrigeren Preisen.“

23
Prozent unter den Rekordwerten von 2022 liegen die Lebensmittelpreise weltweit durch das Abkommen

Die Ukraine und Russland zählten vor dem Start des Ukrainekriegs zu den weltweit größten Agrarexporteuren. „Vor Beginn des Krieges wurden über 90 Prozent der ukrainischen Ausfuhren, rund 5 Millionen Tonnen pro Monat, über die Häfen am Schwarzen Meer abgewickelt“, erklärt der Maximo Torero.

Nach dem russischen Einmarsch in das Nachbarland aber blockierten die Kreml-Streitkräfte die ukrainische Ausfuhr über das Schwarze Meer. Vor knapp einem Jahr einigten sich dann die Ukraine, Russland und die Türkei in Istanbul auf die Initiative. UN-Generalsekretär Guterres vermittelte.

Die Parteien vereinbarten die sichere Ausfuhr von ukrainischem Getreide und anderen landwirtschaftlichen Produkten aus Odessa und zwei weiteren Häfen der Ukraine.

5
Millionen Tonnen Lebensmittel fuhr die Ukraine vor Februar 2022 über das Schwarze Meer aus

In einer zweiten Vereinbarung zwischen den Vereinten Nationen und Russland, willigten die Vereinten Nationen damals ein, sich für die ungehinderte Ausfuhr russischer Lebens- und Düngemittel auf die Weltmärkte einzusetzen.

Nun stellt Moskau eine Reihe von Forderungen: So soll die Russische Landwirtschaftsbank (Rosselkhozbank) wieder an das SWIFT-Zahlungssystem angebunden werden.

Zudem verlangt Russland die Wiederinbetriebnahme der Pipeline für russisches Amoniak, ein Grundmittel für Dünger, ins ukrainische Odessa. Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge hätten ukrainische Einheiten in einem „terroristischen Akt“ aber einen Pipeline-Abschnitt gesprengt. Nun entscheidet Putin erneut über den Deal.

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