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EU-Gipfel in Brüssel.

© AFP/JOHN THYS

Trotz stundenlanger Verhandlungen: EU-Gipfel erzielt bei Nutzung russischer Vermögen nur einen Minimalkompromiss

Bundeskanzler Merz und viele Kollegen wollen das in der EU eingefrorene Vermögen Russlands für die Ukraine nutzen. Beim EU-Gipfel wird lange gerungen, am Ende gibt es nur einen kleinen Etappenerfolg.

Stand:

Nach stundenlangen Verhandlungen über die mögliche Verwendung von eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU nur auf einen Minimalkompromiss geeinigt.

In einer Gipfelerklärung beauftragten sie am Donnerstagabend die EU-Kommission lediglich damit, Optionen für die finanzielle Unterstützung der Ukraine zu prüfen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach im Anschluss dennoch von einer „wichtigen“ Entscheidung, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) von einer „guten, zielführenden Diskussion“.

In der Abschlusserklärung zur Ukraine hieß es weiter, die russischen Vermögenswerte sollen solange eingefroren bleiben, bis Russland „die durch seinen Krieg verursachten Schäden kompensiert“.

EU-Diplomaten zufolge schließt diese Formulierung nicht aus, dass die Kommission auch die Nutzung russischer Vermögen in ihre Überlegungen einfließen lässt. Die Gipfelerklärung blieb damit allerdings weit hinter der ursprünglich anvisierten Einigung zurück. Geplant war ursprünglich, die Kommission konkret damit zu beauftragen, eine rechtssichere Umsetzung des Vorhabens zu erarbeiten. Die EU-Kommission hat nun bis zum nächsten EU-Gipfel am 18. Dezember Zeit, ihre Vorschläge vorzulegen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, es seien die Punkte ermittelt worden, die noch geklärt werden müssten, um Reparationsdarlehen an die Ukraine mit eingefrorenen russischen Vermögenswerten zu finanzieren. „Und dann werden wir in der Tat mit den verschiedenen Optionen zurückkommen.“

Von der Leyen hatte im September vorgeschlagen, rund 140 Milliarden Euro russischer Zentralbankgelder, die in Belgien eingefroren sind, für Kredite an die Ukraine zu nutzen. Russland sollte demnach erst dann wieder auf das Geld zugreifen können, wenn es Reparationen an Kiew zahlt. Haften würden zunächst die EU-Mitgliedstaaten für das Geld.

Insbesondere Belgien machte jedoch massive rechtliche Bedenken geltend. Regierungschef Bart de Wever sagte nach Gipfelende: „Eine Rechtsgrundlage ist kein Luxus. Sie ist kein Detail.“ Zugleich signalisierte der Belgier Bereitschaft, eine Lösung zu finden. „Wir haben ein paar Wochen Zeit und die Probleme sind nicht zu unterschätzen“, sagte er. „Ich denke, wir werden bis tief in die Nacht arbeiten müssen.“

Selenskyj begrüßt die Ergebnisse

Belgien fürchtet unter anderem, dass sein Land finanzielle Risiken durch mögliche Gegenmaßnahmen Russlands alleine tragen müsste. Dem Vernehmen nach teilten auch andere EU-Staaten in Teilen die belgischen Bedenken.

Bundeskanzler Merz sprach von „wirklich ernsthafte Themen, die wir lösen müssen“. Es handele sich um einen Vorgang, der „in seiner ganzen Tragweite“ einmalig sei, betonte Merz, der sich zuvor dafür stark gemacht hatte, die russischen Gelder zu nutzen.

Selenskyj begrüßte im Onlinedienst X die „guten Ergebnisse“ des EU-Gipfels. Er sieht demnach „die politische Unterstützung in Bezug auf eingefrorene russische Vermögenswerte und deren maximale Nutzung zur Abwehr russischer Aggressionen“ als gesichert an. Selenskyj hatte am Donnerstagvormittag an den Gipfelberatungen teilgenommen.

Der gesamte Teil der Gipfelerklärung zum Thema Ukraine wurde nur von 26 der 27 Mitgliedstaaten getragen. Ungarn beteiligte sich wie schon bei vorigen Gipfeln nicht. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatte Sanktionen gegen Russland in der Vergangenheit immer wieder blockiert.

In ihrer Abschlusserklärung zum Thema Verteidigung und Sicherheit bekannten sich die Staats- und Regierungschefs im Großen und Ganzen zu einem Vorschlag der Kommission aus der vergangenen Woche, der unter anderem den Aufbau einer effizienten Drohnenabwehr vorsieht.

Sie forderten eine besondere Ausrichtung auf Drohnenabwehr und Luftverteidigung. Die EU reagiert damit auf das Eindringen russischer Drohnen und Kampfflugzeuge in europäischen Luftraum sowie mysteriöse Drohnensichtungen in mehreren EU-Ländern .(Reuters)

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