
© dpa/Christoph Soeder
„Ich kann mir nur ein Horrorszenario ausdenken“: Ischinger warnt vor einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj
Der ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz sieht ein baldiges Treffen zwischen Putin und Selenskyj sehr kritisch. Stattdessen schlägt Ischinger einen anderen Weg vor.
Stand:
Der ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sieht nach dem Ukraine-Gipfel in Alaska keine Anzeichen für ein baldiges Kriegsende. Im Deutschlandfunk erklärte er: „Es gibt kein einziges Indiz dafür, dass Präsident Putin bereit ist, diesen Krieg im Augenblick zu beenden.“
Ischinger warnt vor einem Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj, das nicht intensiv vorbereitet ist.
Eine solche Begegnung würde Putin nach Einschätzung des Diplomaten nur für sich nutzen: „Ich kann mir hier eigentlich nur ein Horrorszenario ausdenken.“ Das Treffen würde nicht zu einer Lösung führen, sondern von Putin genutzt werden, um Zeit zu gewinnen und Einwände vorzubringen.
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Putins Taktik beschreibt Ischinger als geschickt: „Er sagt zu Trump nicht nein. Damit Trump nicht böse wird, sondern er sagt zu Trump, ja, natürlich, klar, ich bin für Frieden.“
Anschließend bringe Putin jedoch zahlreiche Einwände vor, einschließlich der sogenannten „Root Causes“ – der ursprünglichen Gründe für den Konflikt.
Aus russischer Sicht liegen diese darin, dass die Ukraine eine Regierung habe, die sich Russland nicht von vornherein unterworfen habe, anders als frühere Regierungen.
Donald Trump wolle diesen Krieg beenden und glaube, dass er das im Vorbeifahren mit einem Gipfeltreffen hinkriege, so Ischinger. „Das verkennt die Komplexität dieses Vorgangs“.
Ischinger plädiert für Expertengremium
Statt eines Treffen der Staatschefs schlägt der erfahrene Krisendiplomat vor, Fachleute aus allen beteiligten Ländern – aus den USA, Europa, Russland und der Ukraine – mit der Ausarbeitung eines Textes zu beauftragen.
Dieser sollte dann den verantwortlichen Staatschefs zur Diskussion und zur Unterschrift vorgelegt werden. „Das wird nicht Stunden und Tage, das wird Wochen, vielleicht Monate dauern“, so Ischinger.
Zur weiteren Rolle der USA äußert sich der Ex-Botschafter differenziert. Er sieht zwei Strömungen in Washington: Einerseits Präsident Trump, der glaubt, er könne Putin zum Einlenken bewegen, andererseits Senatoren, die für härtere Sanktionen gegen Russland plädieren. 80 von 100 Senatoren hätten bereits ihre Unterschrift unter ein umfängliches Sanktionspaket gesetzt.
Falls es nicht zu konkreten weiteren Fortschritten kommt, könnte der Druck aus dem amerikanischen Senat auf das Weiße Haus steigen, so Ischinger. Er hält verschärfte Sanktionen für den vielversprechendsten Weg, um Moskau zum Einlenken zu bewegen.
Debatte um Entsendung von Nato-Soldaten sei „kontraproduktiv“
Zur aktuellen Debatte über eine mögliche Stationierung deutscher Soldaten in der Ukraine äußert sich Ischinger kritisch: „Ich halte das für eine im Augenblick abwegige und eher kontraproduktive Debatte.“
Er betont, dass eine solche Präsenz von Nato-Truppen für Russland nicht akzeptabel wäre. „Das ist aus russischer Sicht absolut gleichbedeutend mit der Nato-Mitgliedschaft.“
Er plädiert dafür, die Ukraine militärisch so auszustatten, dass sie sich effektiv verteidigen kann: „Die Ukraine muss zum militärischen Stachelschwein werden. Der Tiger vermeidet, das Stachelschwein anzugreifen, weil das wehtut.“ Konkret fordert er mehr Luftabwehr, Waffen und Munition für die Ukraine. (Tsp)
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