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Waffenruhe zwischen Indien und Pakistan: Warum US-Vize Vance dann doch zum Telefon griff
Nachdem in der Nacht zu Samstag beide Länder gegenseitige Angriffe geflogen hatten, gab es überraschend eine Feuerpause. US-Präsident Trump will weiter in dem Konflikt vermitteln.
Stand:
Im aufgeheizten Konflikt zwischen Indien und Pakistan scheint sich die Lage mit der Vereinbarung einer auch durch die USA vermittelten Waffenruhe vorerst beruhigt zu haben. Zwar warf Indien den pakistanischen Streitkräften am Samstagabend Verstöße gegen die Feuerpause vor, die von der Gegenseite umgehend dementiert wurden.
In den Nachtstunden gab es aber keine schwerwiegenden Anschuldigungen oder Berichte über Angriffe beider Seiten mehr. Pakistans Regierung hatte am Abend versichert, sie setze sich weiterhin für die Umsetzung der kurz zuvor vereinbarten Waffenruhe ein.
Auf den Straßen beider Länder wurde der Durchbruch von erleichterten Menschen bejubelt. Pakistanische und indische Medien schrieben am Morgen von einer langsamen Rückkehr zum normalen Alltag.
Am Samstag war im aufgeheizten Konflikt zwischen den beiden Ländern völlig überraschend eine Waffenruhe vereinbart worden. „Pakistan und Indien haben sich mit sofortiger Wirkung auf einen Waffenstillstand geeinigt“, schrieb Pakistans Außenminister Ishaq Dar auf der Plattform X. Indien bestätigte die Einigung auf eine Feuerpause. Zuvor hatte bereits US-Präsident Donald Trump eine „vollständige und sofortige Waffenruhe“ verkündet.

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USA sahen weitere Eskalation zwischen den Großmächten
Trump zeigt sich zufrieden mit der zwischen Pakistan und Indien vereinbarten und von den USA vermittelten Feuerpause. Er sei sehr stolz auf die starke und unerschütterliche Führung in Pakistan und in Indien, schrieb er am späten Samstagabend auf seiner Plattform Truth Social.
Beide hätten die Stärke, voll und ganz zu verstehen, dass es Zeit gewesen sei aufzuhören. „Ich werde mit Indien und Pakistan zusammenarbeiten, um zu sehen, ob nach ‚tausend Jahren eine Lösung für die Kaschmir-Frage gefunden werden kann‘“ fügt er hinzu. Zudem werde er den Handel mit beiden Staaten ausweiten.

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Laut CNN hatte sich die US-Regierung wegen besorgniserregender Geheimdiensterkenntnisse zu einer drohenden „dramatischen Eskalation“ des Konflikts als Vermittler eingeschaltet – so hätten es drei gut informierte Quellen im Regierungsapparat dem US-Sender bestätigt. Unter anderem habe Trumps Vizepräsident JD Vance deshalb am Freitag mit dem indischen Premierminister Narendra Modi telefoniert. Kurz zuvor hatte die US-Seite noch erklärt, der Konflikt sei nicht Sache der USA.
Laut US-Außenminister Marco Rubio vereinbarten beide Seiten den Beginn von Verhandlungen über verschiedene Streitthemen, die auf neutralem Boden stattfinden sollen. Die Zeitung „Times of India“ berichtete unter Verweis auf ranghohe Militärvertreter, die Armeeführungen beider Länder würden am Montag über die Umsetzung der Waffenruhe sprechen.
Der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif bedankte sich in einer Rede an die Nation bei Trump für dessen Unterstützung einer Waffenruhe. Auch andere Länder wie Saudi-Arabien, Großbritannien, die Türkei, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten eine wichtige Rolle bei den Bemühungen um eine Feuerpause gespielt.
Nacht mit Angriffen und Gegenattacken
Mit der Einigung gab es neue Hoffnung, dass sich die beiden rivalisierenden Nachbarn wieder näherkommen. Noch in der Nacht auf Samstag wurden Tote und Verletzte nach Angriffen und Gegenangriffen in der umkämpften Kaschmir-Region beklagt. Beide Länder lieferten sich erneut Feuergefechte entlang ihrer Grenze und überzogen sich gegenseitig mit Angriffen aus der Luft.

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„Der angekündigte Waffenstillstand zwischen Indien und Pakistan ist ein wichtiger Schritt zur Deeskalation. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um seine Einhaltung zu gewährleisten“, schrieb die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bei X. Die Europäische Union setze sich weiterhin für Frieden, Stabilität und Terrorismusbekämpfung in der Region ein.
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Terroranschlag als Auslöser der jüngsten Spannungen
Angesichts der bedrohlichen Lage auf dem Subkontinent wuchs zuletzt die internationale Besorgnis vor einem Krieg. Seit einem Terroranschlag mit 26 Toten im indisch kontrollierten Teil der Himalaya-Region Kaschmir Ende April nahmen die Spannungen stetig zu.
Neu-Delhi wirft Pakistan eine Beteiligung an dem Anschlag vor. Islamabad weist das zurück und forderte eine unabhängige Untersuchung. Beide Länder kontrollieren jeweils einen Teil der Kaschmir-Region, beanspruchen sie aber vollständig für sich.
Als Reaktion auf den Terroranschlag startete Indien in der Nacht auf Mittwoch die „Operation Sindoor“ und griff pakistanische Ziele an. Zuletzt weiteten sich die Angriffe auch über die Konfliktregion Kaschmir aus. In der vergangenen Nacht wurden auch Explosionen nahe der pakistanischen Hauptstadt Islamabad gemeldet.
Pakistan setzte auch Hyperschallraketen ein
Nach pakistanischen Angaben wurden bei den Angriffen Dutzende Menschen getötet oder verletzt. Auch Indien meldete in den vergangenen Tagen immer wieder Tote und Verletzte nach pakistanischen Gegenangriffen.
Nach indischen Angaben kamen allein seit Freitag mindestens fünf Menschen im indischen Unionsterritorium Jammu und Kaschmir ums Leben. Ein Sprecher der Nationalen Katastrophenbehörde in Islamabad sagte, im pakistanisch verwalteten Teil von Kaschmir seien in der Nacht zehn Menschen getötet worden. Umso überraschender wirkte wenige Stunden später die Ankündigung der Waffenruhe.
Pakistans Streitkräfte setzten im Rahmen ihrer Reaktion, der „Operation Bunyan Marsus“ (Eisenmauer), nach eigenen Angaben auch Hyperschallraketen ein. Diese Raketen gelten als besonders gefährlich, da sie wegen ihrer hohen Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit schwer von Raketenabwehrsystemen abzufangen sind.
Die Ursprünge des wieder aufgeflammten Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück. 1947 entließen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen auf. Aus der Teilung entstand neben dem überwiegend hinduistischen Indien der neue Staat Pakistan für Muslime.
Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir. (mit Agenturen)
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