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Internes Papier von BND und Bundeswehr: Russland in wenigen Jahren offenbar bereit für Angriff auf Nato
Deutsche Sicherheitsbehörden gehen einem Bericht zufolge davon aus, dass Moskau den Krieg ausweiten will. Die Kriegswirtschaft produziere mehr, als das Land Verluste in der Ukraine erleide.
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Die Bundeswehr und der Bundesnachrichtendienst (BND) gehen offenbar davon aus, dass der Kreml systematisch die Voraussetzungen für einen groß angelegten Krieg schafft. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass derzeit in Berliner Sicherheitskreisen ein von Armee und Nachrichtendienst gemeinsam verfasstes Papier zur Lage in Russland kursiert, in dem die Möglichkeit eines Angriffs auf einen Nato-Staat in wenigen Jahren diskutiert wird.
Nach Erkenntnissen der Dienste könne Russland trotz westlicher Sanktionen seine Verluste in der Ukraine nicht nur ausgleichen, sondern sogar überkompensieren. Die Kriegswirtschaft ermögliche eine gesteigerte Rüstungsproduktion – und Russlands Präsident Wladimir Putin plane, die Truppenstärke bis 2026 auf 1,5 Millionen Soldaten aufzustocken.
Zwar seien derzeit rund drei Viertel der russischen Kräfte an der ukrainischen Front gebunden, doch Luftwaffe und Marine blieben an der Nordostflanke einsatzbereit. Sollte der Ukraine-Krieg enden, könnten Truppen rasch in Grenzregionen verlegt werden. Waffenlager und Kasernen seien bereits wieder aufgefüllt.
Ein begrenzter Vorstoß könnte die Bündnistreue testen
Neu sind diese Szenarien nicht. „Es geht Putin nicht nur um die Ukraine“, hatte der Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer bereits zuvor öffentlich gewarnt. Russland habe die Zahl seiner Soldaten im Vergleich zur Vorkriegszeit verdoppelt und seine Militärstruktur klar gegen den Westen ausgerichtet. Ein Ende der Kämpfe in der Ukraine werde daher „nicht bedeuten, dass wir wieder Frieden auf dem europäischen Kontinent haben“, so Breuer.
Auch BND-Präsident Bruno Kahl warnte schon im vergangenen Jahr vor einem Kriegsszenario: „Wir sehen die realistische Gefahr eines russischen Angriffs auf einen NATO-Staat – und das in wenigen Jahren.“
Russische Militärs zweifelten zunehmend daran, dass das Bündnis im Ernstfall geschlossen reagieren würde. Diese Unsicherheit erhöhe das Risiko, dass Moskau den Verteidigungsfall mit einem begrenzten Vorstoß teste. Gelänge Moskau auch nur ein marginaler Angriff, der unbeantwortet bliebe, wäre die Abschreckung des westlichen Militärbündnisses dahin.
Litauischer Geheimdienst teilt die Einschätzung
Mutmaßliches Ziel solcher militärischen Vorstöße, oder auch nur Störaktionen, wären wohl die baltischen Staaten. Als ehemaliger Teil der Sowjetunion werden sie von revanchistischen Kreisen in Moskau ohnehin als russisches Gebiet betrachtet.
Zudem leben im Baltikum russische Minderheiten, deren angebliche Diskriminierung – ähnlich wie bei der Annexion der Krim und der Invasion der Ukraine – als Vorwand für eine Intervention dienen könnte. Da die Länder mit jeweils nur wenigen Millionen Einwohnern ein entsprechend kleines Militär unterhalten, sind sie vollständig auf den Schutz der Nato angewiesen.
Auch der als besonders gut informiert geltende litauische Geheimdienst VSD teilt diese Grundannahmen. In Übereinstimmung mit den deutschen Diensten geht man dort davon aus, dass Russland derzeit zwar noch nicht in der Lage ist, einen umfassenden Krieg gegen die Nato zu führen, wohl aber begrenzte militärische Operationen im Grenzgebiet.
Zudem sei die russische Rüstungsproduktion trotz Sanktionen in zentralen Bereichen wie Munition und Raketen weiter angestiegen. Die Bedrohung sei noch nicht unmittelbar, aber real. Ein strategischer Systemkonflikt zwischen Russland und dem Westen sei längst im Gange – und die militärische Vorbereitung darauf in vollem Gang. (Trf)
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