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Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Termin in der Stadt Jakutsk, Russland, 18. Juni 2024.

© REUTERS/Petr Kovalev

Kaffeeklatsch im Kreml: Putin spricht erstmals über mögliche Nachfolge – und zeigt sich in Propaganda-Doku privat

Für eine TV-Dokumentation gewährt Putin Einblicke ins Privatleben und gibt sich als netter Großvater. Er verrät außerdem, dass er mögliche Amtsnachfolger genau beobachtet und bewertet.

Stand:

Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich erstmals zu einer möglichen Nachfolge für sein Amt geäußert. In einem Fernsehinterview mit dem russischen Staats- und Propagandasender „Russia 1“, das innerhalb der Dokumentation „Russland. Kreml. Putin. 25 Jahre“ veröffentlicht und am Sonntag ausgestrahlt wurde, gewährte der Kremlchef anlässlich seines Amtsjubiläums Einblicke in sein Privatleben.

In dem eineinhalbstündigen Dokumentarfilm ist zunächst zu sehen, wie Putin dem Propagandisten Pawel Sarubin Teile seiner Amtswohnung unweit seines Kremlbüros zeigt. Zu sehen sind helle Sofas und ein großes Porträt von Zar Alexander III. im Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, eine Bibliothek, ein Fitnessraum und die hauseigene Privatkapelle.

Im Interview mit dem Haus- und Hofreporter des Kremls berichtet Putin über die bisherigen Erfolge seiner 25-jährigen Regierungszeit, plaudert aber auch sichtlich um Nahbarkeit bemüht aus dem Nähkästchen. Sarubin bietet er in der Küche einen Kefir aus seinem Kühlschrank an und betont: „Normalerweise kommen die Jungs und helfen. Aber wozu jetzt? Wir gießen uns den Kefir selbst ein.“ Zwei leere Kaffeetassen, ein Keksschüsselchen und die Kefirflasche werden in das Empfangszimmer balanciert. Via X berichteten Nutzer wie „Mandrake“ oder „Max_otto4“, dass die Kefirmarke nach Ausstrahlung der Doku vielerorts ausverkauft war.

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Auf eine spätere Nachfrage des Reporters, ob er für seine Enkelkinder ein strenger Großvater sei, beteuert Putin: „Nein, nein!“

Putin stärkt im Subtext seine Herrschaft in Russland

In dem Interview äußert sich der Kremlchef außerdem über eine potenzielle Nachfolge für das Präsidentenamt und die Mindestanforderungen dafür. „Ich denke immerzu darüber nach“, antwortete Putin auf die Frage von Sarubin, was – oder eher wer – als Nächstes kommen könnte. Der Kremlchef hält inne und betont unverhältnismäßig oft, dass es Wahlverfahren gäbe und letztlich die Nation über einen Nachfolger entscheiden müsse: „Am Ende gehört die Wahl dem Volk, dem russischen Volk, den Bürgern, den Wählern.“

Wer auch immer das Präsidentenamt anstrebe, müsse zwingend „das Vertrauen des Volkes“ genießen, so Putin. Das sei „ein absolut grundlegender Punkt“. Andernfalls werde die Person „kaum eine reelle Chance haben, etwas Ernsthaftes zu erreichen“ unterstreicht der aktuelle Kremlchef und untermauert damit zugleich im Subtext seine eigene durch das Volk gewählte Herrschaft.

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Putin beobachtet und bewertet potenzielle Nachfolger

Putin fährt fort, dass sich eine Person als Nachfolger herauskristallisieren müsse und korrigiert sich umgehend: „oder besser noch, mehrere Personen“. Die Menschen müssten die Wahl haben und schließlich entscheiden, „wer das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes verdient.“

Auf die direkte Nachfrage vom Staatsjournalisten Sarubin, ob der Kremlchef das Potenzial eines jeden möglichen Nachfolgers beobachte und bewerte, bestätigt dieser: „Ja, das tue ich.“ Welche konkreten Personen Putin im Auge behält, verrät er im Rahmen des Propaganda-Interviews nicht.

Nachfolge-Thema als „Loyalitätstest für Putins inneren Kreis“?

Warum der Kremlchef sich ausgerechnet jetzt erstmals zu einer Nachfolge äußert, sorgt indes für allerhand Spekulationen.

Es scheint sich um eine Art Loyalitätstest für Putins inneren Kreis zu handeln.

Anton Gerashchenko über Putins Äußerungen

Der ehemalige Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Gerashchenko, mutmaßt via X, dass Putin damit indirekt seine Kreml-Gefolgsleute zu mehr Integrität ermahnen will: „Was könnte der Auslöser für dieses Statement gewesen sein? Es scheint sich um eine Art Loyalitätstest für Putins inneren Kreis zu handeln – mit dem Ziel, den Wettbewerb und die Rivalität unter ihnen zu intensivieren.“

Bis wann kann Putin Russland regieren?

Putin selbst wurde 1999 zum Nachfolger des ehemaligen Präsidenten Boris Jelzin ernannt. Obwohl die russische Verfassung es verbietet, den Präsidenten länger als zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten innezuhaben, umging Putin diese Einschränkung im Jahr 2008 indirekt, indem er unter dem damals gewählten Präsidenten und seinem engen Verbündeten Dmitri Medwedew zwischenzeitlich zum Premierminister ernannt wurde. Unter Kreml-Kritikern wurde Medwedew gemeinhin als Marionette Putins gehandelt.

Im Jahr 2012 verlängerte Putin die Amtszeit des Präsidenten schließlich von vier auf sechs Jahre. Durch eine weitere Verfassungsänderung 2020 und eine Annullierung seiner Amtszeit auf quasi Null wurde dem Kremlchef eine erneute Präsidentschaftskandidatur und damit einhergehend ein theoretischer Machterhalt bis zum Jahr 2036 ermöglicht. Putin wäre dann 83 Jahre alt.

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