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Lenkt der Kreml ein – oder spielt er auf Zeit?: Russland nennt westliche Soldaten in der Ukraine nun verhandelbar
Die Stationierung ausländischer Soldaten in der Ukraine galt für den Kreml bis dato als absolutes Tabu. Neuerdings deutet Moskau zumindest Gesprächsbereitschaft in der Frage an.
Stand:
Der Kreml hat trotz seiner grundsätzlichen Ablehnung einer Stationierung ausländischer Truppen in der Ukraine Verhandlungsbereitschaft in dieser Frage angedeutet.
Die russische Position zur Stationierung sei bekannt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Aber noch mal, das ist Thema der Verhandlungen“, fügte er hinzu. Bisher hatte Moskau die Stationierung einer multinationalen Truppe strikt abgelehnt.
Der Vorschlag war bei den Gesprächen in Berlin zwischen US-Amerikanern, Europäern und Ukrainern wieder aufgekommen. Die Truppe soll nach Abschluss eines Waffenstillstands in der Ukraine stationiert werden und dessen Einhaltung überwachen. Sie wäre damit Teil der von Kiew geforderten Sicherheitsgarantien gegen einen neuerlichen russischen Angriff.
Will Moskau Zeit schinden?
In der Vergangenheit hat Russland solche Ideen scharf kritisiert: Außenminister Sergej Lawrow drohte erst in der vergangenen Woche, dass „solche sogenannten Friedenstruppen für uns sofort zu legalen Zielen werden“, wenn sie in der Ukraine stationiert würden. Kremlchef Wladimir Putin hatte zudem den Krieg auch damit begründet, einen Nato-Beitritt der Ukraine und somit die Anwesenheit von Soldaten der in Moskau als feindlich empfundenen Militärallianz verhindern zu müssen.
Bei den bisherigen Friedensverhandlungen warfen westliche Experten und Politiker Moskau immer wieder vor, auf Zeit zu spielen. In der Vergangenheit hatte der Kreml häufig betont, dass man bei den laufenden Gesprächen noch etliche Details klären müsse und es noch viele offene Fragen gebe.
Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte jegliche Vorwürfe einer Verzögerungstaktik bei den Gesprächen über eine Beendigung des Ukrainekriegs stets entschieden zurückgewiesen. Russland sei vielmehr daran interessiert, seine Ziele auf diplomatischem Wege zu erreichen, versicherte er zuletzt im Juli, nachdem der ehemalige US-Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, Moskau für die stagnierenden Verhandlungen verantwortlich gemacht hatte.

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Sicherheitsexperten dämpfen nach Ukraine-Gesprächen Erwartungen
Am Sonntag und am Montag traf sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Berlin mit europäischen Verbündeten und US- sowie Nato-Vertretern, um über ein mögliches Ende des Ukrainekriegs und eine aktualisierte Fassung des ursprünglichen US-Friedensplans zu verhandeln. Der russische Präsidentenberater Juri Uschakow erklärte bereits im Vorfeld, dass man gegen Änderungen am Friedensplan zugunsten der ukrainischen Seite „sehr entschieden Einspruch erheben“ wolle.
Peskow erklärte ebenfalls noch vor den Verhandlungen, dass Moskau bei der Suche nach einer „friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ukraine“ an der Position der amerikanischen Partner interessiert sei – und nicht an der europäischen Sichtweise. „Die Europäer spielen ihr eigenes Spiel. Es sieht weiterhin so aus, als wollten sie eine Fortsetzung des Krieges, aber hier orientieren wir uns natürlich eher an unseren Partnern in Washington“, sagte Peskow der Nachrichtenagentur Tass zufolge am Sonntag.
Europäische Sicherheitsexperten dämpften entsprechend die Erwartungen an Moskauer Zugeständnisse. So betonte etwa Sicherheitsexpertin Claudia Major im ARD-„Morgenmagazin“, dass sämtliche „bisherige Verhandlungen immer an dieser russischen Bereitschaft gescheitert“ sind, weil sich der Kreml weder auf einen Waffenstillstand noch auf einen Friedensprozess „überhaupt einlassen“ wollte. Die Sicherheitsgarantien für Kiew in Form einer Bereitstellung von einer multinationalen Truppe für die Ukraine stufte Major als „nicht neue Idee“ ein.
Major zufolge sei die Frage vielmehr, ob die Stationierung einer Truppe das russische Kalkül überhaupt verändere: „Hält das Russland von einem erneuten Angriff ab?“ Weiterhin sei entscheidend, was passiere, wenn Russland die Ukraine erneut angreifen sollte. „Kommt dann jemand, der die Ukraine verteidigt, wie in der Nato? Das ist nicht der Fall“, so die Verteidigungsexpertin. (dpa, mira)
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