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Das Licht des Nordens. Riga verbindet traditionelle Architektur mit steilen neuen Ideen. Die Altstadt gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Foto: picture alliance / dpa

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Lettland, Litauen und Estland entsetzt: China-Botschafter zweifelt Souveränität von Baltenstaaten an

China spricht den baltischen Staaten, die früher zur Sowjetunion gehörten, die Souveränität ab. Der Ärger darüber ist groß – Lettland hat für Montag den chinesischen Botschafter einbestellt.

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Eine Aussage, die Russlands Machthaber Wladimir Putin freuen dürfte: In einem Interview im französischen Fernsehen hat der chinesische Botschafter Lu Shaye die Souveränität von Staaten bezweifelt, die einst Teil Sowjetunion waren.

Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, sagte der Spitzen-Diplomat, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte.

Einer Intervention des Moderators, dass die von Russland seit 2014 besetzte Schwarzmeer-Halbinsel völkerrechtlich ein Teil der Ukraine sei, entgegnete Lu: „Im Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion keinen effektiven Status, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren.“

Das französische Außenministerium habe die Aussagen „mit Bestürzung“ zur Kenntnis genommen, wie eine Sprecherin mitteilte. „Wir bekunden unsere volle Solidarität mit allen unseren betroffenen Verbündeten und Partnern, die nach jahrzehntelanger Unterdrückung die lang ersehnte Unabhängigkeit erlangt haben.“

Baltenstaaten erwarten Rücknahme der Äußerungen

Lettland, Litauen und Estland reagierten empört, wollen für Montag offenbar jeweils die Geschäftsträger der chinesischen Botschaften in Riga, Vilnius und Tallinn einbestellen.

Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics nannte die Aussagen „völlig inakzeptabel“: „Wir erwarten von chinesischer Seite eine vollständige Rücknahme dieser Aussage.“

Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics hat Peking aufgefordert, die Aussagen zurückzunehmen.

© REUTERS/Ints Kalnins

Sein litauischer Amtskollege Gabrielius Landsbergis schrieb auf Twitter: „Sollte sich immer noch jemand fragen, warum die baltischen Staaten China nicht vertrauen, ‘Frieden in der Ukraine zu vermitteln’, hier ist ein chinesischer Botschafter, der argumentiert, dass die Krim russisch ist und die Grenzen unserer Länder keine rechtliche Grundlage haben.“

Und auch Estlands Außenminister Margus Tsahkna ließ mitteilen: „Die Äußerungen des chinesischen Diplomaten sind unverständlich, und wir verurteilen solche Äußerungen gegenüber einem unabhängigen und souveränen Land.“

Estland, Lettland und Litauen waren im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende wurden die drei Ostseestaaten gegen ihren Willen jahrzehntelang zu Sowjetrepubliken. Erst 1991 erhielten sie ihre Unabhängigkeit zurück, seit 2004 gehören sie EU und Nato an.

Chinas Verhältnis speziell zu Litauen ist ohnehin angekratzt, seitdem das Land seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan ausgebaut hat, indem es der demokratisch regierten Inselrepublik ermöglichte, in der litauischen Hauptstadt Vilnius eine Repräsentanz unter eigenem Namen zu eröffnen. China reagierte darauf erbost, weil es Taiwan als nicht unabhängigen Staat betrachtet und eine „Vereinigung“ anstrebt.

Partei- und Staatschef Xi Jinping hat dies in Reden als Voraussetzung für den Aufstieg seines Landes zur Großmacht genannt und eine militärische Annexion nicht ausgeschlossen. Die Mehrheit der 23,5 Millionen Taiwanerinnen und Taiwaner möchte Umfragen zufolge jedoch am Status Quo festhalten und lehnt einen Anschluss an die kommunistisch regierte Volksrepublik ab.

Botschafter Lu Shaye hat auch dazu ganz konkrete Vorstellungen: 2022 sagte er, ebenfalls in einem Fernsehinterview in Frankreich, China werde die Taiwanerinnen und Taiwaner nach dem Anschluss an sein Land einer „Umerziehung“ unterziehen müssen.

(Mit dpa)

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