
© dpa/Abed Rahim Khatib
Militäroperation nahe Chan Junis: Hamas-Anführer Deif wohl doch nicht von Israel getötet
Israels Armee wollte im südlichen Gazastreifen zwei Hamas-Anführer treffen. Dabei starben dutzende Menschen. „Mohammed Deif geht es gut“, sagte ein Funktionär laut Medienberichten.
Stand:
Der Anführer der islamistischen Hamas in Gaza, Mohammed Deif, ist nach Aussagen der Organisation bei dem israelischen Angriff im Gazastreifen nicht getötet worden. „Mohammed Deif geht es gut, und er befiehlt weiterhin den Widerstand gegen den israelischen Feind“, sagte der Hamas-Funktionär Ali Barakeh der Deutschen Presse-Agentur in Beirut.
Israels Armee hatte den Anführer des militärischen Arms der Hamas nach eigenen Angaben westlich von Chan Junis angegriffen. Dutzende Menschen wurden dabei getötet. Netanjahu bekräftigte, kein Hamas-Anführer werde Israel entkommen.
Deif gilt als „Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober“
Die israelische Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass sie noch prüfe, ob Deif sowie Rafa Salama, der Kommandeur der Chan-Junis-Brigade der Hamas, bei dem Luftschlag ums Leben gekommen seien. Die beiden Männer seien „Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober“ auf israelischem Boden gewesen, hieß es. „Es besteht noch keine absolute Gewissheit“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei einer Pressekonferenz in Tel Aviv.
Man prüfe das Ergebnis des Angriffs. Die Armee habe über äußerst zuverlässige nachrichtendienstliche Informationen verfügt, dass sich die Männer zum Zeitpunkt des Angriffs an dem Ort aufhielten, sagte ein hochrangiger Militärvertreter in einem Online-Briefing für Journalisten.

© AFP/Bashar Taleb
Die israelische Zeitung „Haaretz“ hatte zuvor gemeldet, die Armee gehe davon aus, dass sich Deif unter den Opfern befinde. Die Hamas bestritt laut einer Erklärung einen israelischen Angriff auf ihre Führung nahe der Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets.
Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem israelischen Militäreinsatz mindestens 90 Menschen getötet. Mindestens 300 weitere Menschen seien zudem in der humanitären Zone Al-Mawasi verletzt worden, teilte die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde mit.
Israels Armee bestreitet Angriff auf Zivilisten
„Der Angriff wurde in einem eingezäunten Gebiet durchgeführt, das von der Hamas kontrolliert wird und in dem sich nach unseren Informationen nur Hamas-Terroristen und keine Zivilisten aufhielten“, hieß es von der Armee. „Es war ein präziser Angriff.“ Es werde vermutet, dass die meisten Opfer ebenfalls Terroristen gewesen seien, so das Militär.
Das getroffene Objekt sei in offenem Gelände, umgeben von Bäumen, mehreren Gebäuden und Baracken gewesen. Auf dem Areal gab es demnach keine Zelte. Ein Vertreter des Militärs räumte in einem Online-Briefing für Journalisten ein, dass das getroffene Objekt in der von Israel so deklarierten humanitären Zone westlich von Chan Junis gelegen habe.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
„Es war aber eine abgezäunte, bewachte Hamas-Basis, besetzt mit Terroristen“, fügte er hinzu. Das Militär sei sich auch sehr sicher, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs keine israelischen Geiseln in dem Objekt befunden hätten.
Dagegen hieß es von palästinensischer Seite, Israels Armee habe Zelte von Vertriebenen getroffen. Viele der bei dem Angriff verletzten Palästinenser schwebten in Lebensgefahr, hieß es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen. Die Angaben ließen sich allesamt zunächst nicht unabhängig verifizieren.
Israel sucht Hamas-Anführer im Gazastreifen
Israelische Medien hatten unter Berufung auf die Armee berichtet, es sei unklar, ob sich in der Gegend des Militäreinsatzes auch Geiseln befunden hätten. Es wird davon ausgegangen, dass Hamas-Führer einige der noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln als menschliche Schutzschilde missbrauchen.

© AFP/Bashar Taleb
Israels Außenministerium teilte mit, Verteidigungsminister Joav Galant habe „angesichts der Entwicklungen in Gaza“ kürzlich eine Beurteilung der operativen Lage mit Generalstabschef Herzi Halevi sowie dem Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, durchgeführt.
Ein Ziel Israels im Gaza-Krieg ist es, Deif sowie den Hamas-Führer im Küstengebiet, Jihia al-Sinwar, gefangenzunehmen oder zu töten. Sie gelten als die beiden wichtigsten Anführer der Organisation innerhalb des Gazastreifens. Im März hatte die Armee die Tötung des dritthöchsten Hamas-Führers im Gazastreifen, Marwan Issa, gemeldet.
Nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa gab es am Morgen mehrere heftige Angriffe in der Gegend. Mitarbeiter im nahe gelegenen Nasser-Krankenhauses berichteten, dass es nicht mehr ausreichend Betten gebe, um die große Zahl der Verletzten nach den Angriffen aufzunehmen.
In sozialen Medien verbreiteten sich Aufnahmen, die einen riesigen Krater nach dem Luftschlag zeigen sollen. Zu sehen sind auch Menschen, die im Sand und Schutt graben, vermutlich um nach Überlebenden zu suchen. Die Echtheit des Videos konnte zunächst nicht unabhängig verifiziert werden. Israels Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass die Einsätze im gesamten Gazastreifen andauerten. (dpa/Reuters)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: