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Ruwa Romman, derzeit Abgeordnete im House of Representatives von Georgia, möchte 2026 Gouverneurin ihres Bundesstaats werden

© Ruwa Romman Campaign

„Müssen die Machtverhältnisse im Land neu bewerten“: Ruwa Romman möchte die erste muslimische Gouverneurin der USA werden

Die palästinensischstämmige Abgeordnete aus Georgia gehört wie der neugewählte New Yorker Bürgermeister dem linken Parteiflügel der Demokraten an. Kann sie von Zohran Mamdanis Erfolg profitieren?

Stand:

Frau Romman, Sie möchten 2026 Gouverneurin von Georgia werden, gelten aber als Außenseiterkandidatin. Wie der neu gewählte New Yorker Bürgermeister Zohran Mamdani gehören Sie dem linken Flügel der US-Demokraten an. Stimmt Sie seine Wahl zuversichtlich, dass Sie tatsächlich Erfolg haben könnten?
Ja. Ich habe Zohran Mamdani in seinem Wahlkampf auch unterstützt. Sein Sieg ist ein Beispiel für die Art von Mobilisierung, die Politiker wie er und ich seit Langem fordern. Natürlich sind New York City und Georgia zwei sehr unterschiedliche Orte. Vieles, was sich in der Großstadt umsetzen lässt, passt nicht auf einen großen Bundesstaat wie Georgia.

Aber seine Kommunikationsweise, seine Wählernähe, seine Strategien, mit denen er Freiwillige rekrutiert und eingesetzt hat – all das sind Dinge, die ich auch in meiner Kampagne nutzen möchte. Mamdanis Erfolg zeigt denjenigen, die bislang bezweifelt haben, dass ich in Georgia gewinnen kann, dass das durchaus möglich ist.

Die beliebte Politikerin Stacey Abrams ist 2018 und 2022 für die Demokraten in Georgia angetreten, hat es aber nicht geschafft, Gouverneurin zu werden. Warum glauben Sie, dass Sie es schaffen könnten?
Ich sehe drei entscheidende Faktoren. Erstens den demografischen Wandel. Georgia hat eine der jüngsten Bevölkerungen der USA. Und wir sind ein Bundesstaat, in dem die Minderheiten gemeinsam die Mehrheit haben. Die Regierung von Georgia bildet das derzeit aber nicht ab. Viele jüngere Menschen fühlen sich von den vorigen Generationen verraten. Das muss sich ändern.

Zweitens befinden sich die USA gerade in einer schweren Krise. Aber die republikanische Führung ist weitgehend still, wenn es um die verheerenden Auswirkungen der aktuellen Politik auf die Menschen geht.

Drittens leben wir in einer zunehmend digitalen Welt. Viele Kandidaten wissen das aber immer noch nicht optimal für sich zu nutzen. Daher sticht meine Kampagne gerade auch mit Blick auf unser Engagement in den Sozialen Medien hervor.

Wo sehen Sie die größten Fehler der Demokraten, wenn es um die Mobilisierung von Wählern geht?
Viele Menschen sitzen in unserer Partei schon viel zu lange fest im Sattel. Es hat in den vergangenen Jahren zu wenig Raum für jüngere Führungskräfte gegeben. Die Demokraten sind selbstgefällig und bräsig geworden. Die Partei muss dringend die nächste Generation aufbauen und fördern. In unseren Strategien müssen wir kreativer werden.

Der entscheidendste Punkt ist jedoch, dass die Demokraten sich über viele Jahre leider sehr schwer damit getan haben, zu definieren, was ihre Politik ist und wofür sie stehen. Die Demokraten hatten als Partei keine einheitliche Botschaft. Doch das ist für den politischen Erfolg maßgeblich.

Die demokratische Partei deckt ein breites politisches Spektrum ab. Kann es da überhaupt eine einheitliche Botschaft geben?
Wenn wir auf die Wahlgewinner von Anfang November blicken, also Zohran Mamdani in New York City und Abigail Spanberger und Mikie Sherrill in New Jersey, sind ihre Ziele im Kern gar nicht so unterschiedlich. Sie alle wollen Lösungen für die alltäglichen wirtschaftlichen Sorgen der Menschen finden – mit unterschiedlichen Strategien. Die Republikaner verstehen es, demokratische Politiker auf völlig absurde Weise als Extremisten zu diffamieren. Davon dürfen wir uns nicht beirren lassen, sondern müssen dagegenhalten.

Macht Trump etwas richtig, was die Demokraten falsch machen?
Er geht einfach voll rein, mit seinem ganzen Wesen. In der Politik geht es sowohl um die Inhalte als auch um das „Schauspiel“. Es ist als Politikerin unerlässlich, eine gute Kommunikatorin zu sein. Und man muss bereit sein, sich auf die Leute einzulassen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Bei den Demokraten herrschte lange die Ansicht, dass wenn wir etwas Gutes für die Menschen tun, wir dafür auch honoriert werden. Aber da gibt es keinen Automatismus. Man muss den Menschen immer wieder erklären, wofür man steht und welche Erfolge man für sie erreicht hat. Die Sozialen Medien machen das inzwischen sehr einfach, aber es tut sich nicht von selbst.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht unter der zweiten Trump-Administration die Politik verändert?
Die Reaktion auf Trump ist dieses Mal viel zurückhaltender. Während der ersten Administration gab es in Wirtschaft und Politik viel mehr Menschen, die bereit waren, Rassismus und Diskriminierung beim Namen zu nennen. Gerade auch bei Unternehmen ist zu beobachten, dass sie selbst zu Entscheidungen schweigen, die sich negativ auf sie auswirken. Wir müssen die Machtverhältnisse, die in unserem Land seit langer Zeit bestehen, neu bewerten.

Sie sind als erste Muslimin Abgeordnete im House of Representatives von Georgia geworden. Erfahren Sie in Ihrem Amt Diskriminierung und Rassismus?
Nicht von meinen Kollegen. Da habe ich eher eine Art positive Neugier erlebt. Als ich 2022 neu gewählt war, kamen viele der anderen Abgeordneten auf mich zu und wollten mit mir sprechen. Insbesondere in den Sozialen Medien gibt es dagegen sehr viel Hass. Wenn Sie sich manche der Kommentare unter meinen Posts ansehen, bleibt Ihnen die Luft weg.

Erhalten Sie und Ihre Familie Drohungen?
Ja. Die Herausforderung unserer Zeit ist, dass es eine kleine Gruppe von Menschen gibt, die hasserfüllt und militant ist. Man wird sie nicht von ihren Ansichten abbringen können. Auf ihnen liegt nicht mein Fokus. Ich konzentriere mich auf die Menschen, die es derzeit nicht besser wissen, aber bereit sind zu lernen. Ich treffe immer wieder Menschen, die noch nie einer Muslimin oder einer Palästinenserin begegnet sind. Es freut mich zu sehen, wenn sie durch den Austausch mit mir dann ihre Vorurteile überwinden.

Trump macht in seinen Reden immer wieder Stimmung gegen Muslime.
Das ist leider kein neues Muster. Während der ersten Amtszeit von Donald Trump habe ich mich in einer Initiative engagiert, die Menschen unterstützt hat, die infolge des „Muslim ban“ der Regierung an Flughäfen gestrandet sind. Wir haben damals erlebt, dass Menschen Moscheen oder Angehörige der islamischen Gemeinden bedroht haben.

Das beobachten wir auch jetzt wieder – nur in einer neuen Qualität. Denn nun werden die Drohungen teils durch Angehörige der Regierung und der staatlichen Behörden wie der Einwanderungsbehörde ICE ausgesprochen. Das ist eine bedenkliche Eskalation.

Ihre demokratische Kollegin Esther Panitch, die einzige jüdische Abgeordnete im House of Representatives von Georgia, hat vor Kurzem ein Gesetz gegen Antisemitismus eingebracht. Sie haben dagegen gestimmt. Warum?
Der Gesetzentwurf hat Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt. Das war für mich inakzeptabel.

Die USA wie auch andere Länder verzeichnen derzeit einen rapiden Anstieg von Antisemitismus. Wie kann dagegen vorgegangen werden?
Antisemitismus ist in den USA leider eine traurige Realität. Es ist eine Schande für unsere Gesellschaft. Wir müssen die Mittel für die Ermittlung und Strafverfolgung von Hassverbrechen erhöhen. Und wir müssen mit Aufklärungs- und Bildungsprogrammen in die Schulen gehen. Viele staatliche Programme auf diesem Gebiet wurden eingestellt. Das kann ich nicht nachvollziehen.

Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, die lange Zeit Trump-Loyalistin war, macht aktuell wegen ihres Konflikts mit dem Präsidenten Schlagzeilen. Sie haben dieselbe High School wie „MTG“ besucht. Verbindet Sie darüber hinaus irgendetwas mit der rechtskonservativen Politikerin?
Marjorie Taylor Greene und ich waren beide auf der South Forsyth High School in Cumming, Georgia. Allerdings nicht zur selben Zeit, weil Frau Greene viel älter ist als ich. In vielen unserer politischen Positionen stehen wir uns quasi diametral gegenüber. Aber in einem Punkt sind wir doch einer Meinung: und zwar, dass die Steuervergünstigungen verlängert werden müssen, auf die viele Amerikaner angewiesen sind, um ihre Krankenversicherung zu bezahlen.

Transparenzhinweis: Das Interview wurde im Rahmen einer Speakers Tour des American Council on Germany geführt.

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