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Für Aufklärung und Kommunikation an der Front sind die Ukrainer bislang auf Elon Musks Satellitensystem Starlink angewiesen.

© REUTERS/Clodagh Kilcoyne

Nach Streit mit Musk um Satelliten-Internet: Was sind die europäischen Starlink-Alternativen, die Polen ins Spiel bringt?

Aktuell ist Elon Musks Unternehmen unverzichtbar für die ukrainische Armee. Doch es gibt eine europäische Alternative, deren Börsenwert sich in den vergangenen Tagen bereits verdreifacht hat.

Stand:

Neben Waffenlieferungen und Geheimdienstinformationen unterstützt Washington die Ukraine in einem weiteren Bereich, der kurzfristig sogar noch unverzichtbarer ist: Satelliten-Internet über Elon Musks Firma Starlink.

Die Kommunikation ukrainischer Truppen, die Steuerung von Drohnen und die Lokalisierung von Zielen laufen zu großen Teilen über das US-System. Ein Abschalten würde die Armee vor enorme Probleme stellen.

Der Trump-Berater Musk ist sich dieser Bedeutung bewusst. „Wenn ich es abschalten würde, bräche ihre gesamte Front zusammen“, schrieb er am Montag auf seiner Plattform X. Gleichzeitig beteuerte er, dass die ukrainische Armee dauerhaft Zugang zu dem Satellitennetzwerk behalten werde. „Um es ganz klar zu sagen: Egal, wie sehr ich mit der ukrainischen Politik nicht einverstanden bin, Starlink wird seine Terminals niemals abschalten.

Der reichste Mann der Welt behauptete weiter, sein Satelliten-Internet „niemals als Verhandlungsmasse einsetzen“ zu wollen – obwohl er mit der Betonung der ukrainischen Abhängigkeit genau das tat. Zudem verweigerte er der Ukraine in mindestens einem Fall die Starlink-Nutzung für einen großangelegten Angriff auf die russische Schwarzmeerflotte. Nachdem er den Dienst dem angegriffenen Land zunächst auf eigene Kosten zur Verfügung gestellt hatte, deutete er später an, die Finanzierung nicht unbegrenzt fortsetzen zu wollen.

„Sei still, kleiner Mann“ – blafft Musk

Damals sprang Polen ein, stellte der Ukraine rund 25.000 Terminals zur Verfügung und trägt aktuell laufende Kosten von 50 Millionen Dollar im Jahr. Als der polnische Außenminister Radosław Sikorski betonte, dass man sich nach Alternativen umsehen müsse, falls Starlink sich nicht als zuverlässiger Partner erweise, löste dies erboste Reaktionen aus. Musk entgegnete: „Sei still, kleiner Mann.“ Polen zahle nur einen Bruchteil der Kosten. „Und es gibt keinen Ersatz für Starlink.“

Dabei existiert in Europa zumindest ein ähnliches Unternehmen: Eutelsat OneWeb. Die britische Satellitenkonstellation OneWeb, mittlerweile im Besitz des französischen Satellitenbetreibers Eutelsat, betreibt derzeit rund 600 Satelliten im Orbit. Das ist zwar deutlich weniger als die 7.000 Starlink-Satelliten, doch mit einer Höhe von etwa 1.200 Kilometern fliegen sie doppelt so hoch wie die US-Konkurrenz. Entsprechend größer ist die Erdoberfläche, die sie abdecken können. Hinzu kommen sogenannte geostationäre Satelliten, die fest über Europa positioniert sind.

Es gibt allerdings auch Preisunterschiede: Während Eutelsat für OneWeb-Terminals einmalig deutlich höhere Preise verlangt (bis zu 10.000 US-Dollar), sind die monatlichen Abo-Preise mit maximal 70 Euro günstig. Starlink berechnet in der Ukraine eine einmalige Zahlung von 589 US-Dollar, aber einen Monatsbeitrag von bis zu 440 US-Dollar.

OneWeb-Satelliten sind bereits in der Ukraine im Einsatz. Dort gibt es „Tausende“ Terminals, sagte Geschäftsführerin Eva Berneke dem US-Sender „Bloomberg“. In den kommenden Monaten könnten Zehntausende weitere geliefert werden. Darüber führt Eutelsat bereits Gespräche mit der EU-Kommission.

Aktienmärkte sind optimistisch, Experten skeptisch

Das Unternehmen gibt an, in Europa dieselben Kapazitäten wie Starlink bieten zu können – insbesondere mit Blick auf die für militärische Nutzung entscheidende Latenzzeit. Unklar bleibt jedoch, ob das europäische Satelliten-Internet bereits auch militärisch – oder nur für andere Zwecke – genutzt wird.

An den Finanzmärkten herrscht Vertrauen in das französisch-britische Unternehmen. Dessen Aktienkurs hat sich in den letzten zwei Tagen mehr als verdreifacht. Militärexperten bleiben jedoch skeptisch. Melinda Haring, Senior Fellow beim Atlantic Council, sagte der Nachrichtenagentur „Reuters“, dass Starlink für die ukrainischen Streitkräfte, insbesondere für den Betrieb von Drohnen, unverzichtbar sei.

Dem stimmt auch Andreas Knopp, Professor für Satellitenkommunikation an der Bundeswehr-Universität München, zu. „Es gibt momentan keine vollwertige Alternative zu Starlink in der Ukraine“, sagte er der „Zeit“. Selbst wenn die Europäer mittelfristig eine gleichwertige technische Lösung anbieten könnten, wäre eine Umstellung der Systeme extrem kritisch.

Schon eine Unterbrechung der Verbindung für wenige Stunden würde viele Frontabschnitte unter großen Druck setzen. Ohne Zehntausende permanent in der Luft befindliche Drohnen haben die ukrainischen Streitkräfte den russischen Angriffen wenig entgegenzusetzen. (Trf)

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