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Ein Beamter steht vor einem Monitor, der eine Live-Übertragung aus dem Verhandlungssaal zeigt, in dem Alexej Nawalny (3.v.l), Oppositionspolitiker aus Russland, während einer vorläufigen Anhörung in der Strafkolonie Melechowo spricht.

© dpa/Alexander Zemlianichenko

Update

Nawalny drohen 30 Jahre Haft: Neuer Prozess gegen russischen Oppositionellen hat begonnen

Seit mehr als zwei Jahren sitzt der Kreml-Kritiker in Russland im Gefängnis. Nun beginnt ein neuer Prozess wegen des Vorwurfs des „Extremismus“.

Stand:

Gegen den bereits seit mehr als zwei Jahren in Russland inhaftierten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny hat ein neuer Prozess wegen des Vorwurfs des „Extremismus“ begonnen.

Der Prozess begann am Montag im Hochsicherheits-Straflager IK-6 in Melechowo, wo der 46-jährige Nawalny inhaftiert ist, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP vor Ort berichtete. Nawalny befand sich zusammen mit seinen Anwälten im Verhandlungsaal. Für den Vorwurf des „Extremismus“ droht Nawalny eine 30-jährige Haftstrafe.

Journalisten konnten die Verhandlungen lediglich per Video aus einem anderen Raum verfolgen. Auch Nawalnys Eltern, die nach Melechowo gereist waren, mussten draußen bleiben.

In Berlin sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner, die russischen Behörden suchten „immer wieder nach neuen Vorwänden“, um Nawalnys Haftstrafe zu verlängern. Die Bundesregierung halte weiter an der Forderung fest, den Oppositionspolitiker unverzüglich freizulassen. Wie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bereits 2017 festgestellt habe, beruhe Nawalnys Inhaftierung auf politisch motivierten Urteilen.

Nawalny wird in dem neuen Verfahren vorgeworfen, eine „extremistische“ Organisation gegründet und finanziert, zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen und „Nazi-Ideologie wiederbelebt“ zu haben.

Auch wenn der Umfang der Akten klar macht, dass ich ein raffinierter und hartnäckiger Krimineller bin, ist es unmöglich, herauszufinden, was genau mir vorgeworfen wird.

Russischer Oppositioneller Alexej Nawalny 

Seine Anwälte hatten lediglich zehn Tage Zeit erhalten, um die 196 Ordner mit insgesamt 3828 Seiten umfassende Anklage zu sichten. „Auch wenn der Umfang der Akten klar macht, dass ich ein raffinierter und hartnäckiger Krimineller bin, ist es unmöglich, herauszufinden, was genau mir vorgeworfen wird“, hatte Nawalny vor Prozessbeginn ironisch erklärt.

Es sei das erste Mal, dass gegen Nawalny auch formell politische Vorwürfe erhoben würden, betonte sein Team. „Er wird wegen seiner politischen Arbeit vor Gericht gestellt“, sagte seine Sprecherin Kira Jarmysch der Nachrichtenagentur AFP. Nach eigenen Angaben droht Nawalny zudem ein Prozess vor einem Militärgericht wegen „Terrorismus“-Vorwürfen. Dabei drohe ihm lebenslange Haft.

Mutmaßlich vom Kreml vergiftet

Der Gegner von Staatschef Wladimir Putin war 2020 nach einer Vergiftung, für die er den Kreml verantwortlich macht, in der Berliner Charité behandelt worden. Nach seiner Genesung kehrte er im Januar 2021 nach Russland zurück, wurde sofort verhaftet und später zu neun Jahren Gefängnis wegen „Betrugs“ verurteilt. (AFP)

Nawalny hatte mit seinem Team Fälle von systematischer Korruption in der russischen Elite aufgedeckt und dokumentiert. Über ein Netzwerk von Büros in ganz Russland hatte er zudem Oppositionspolitiker unterstützt.

Nawalny wirft den Strafvollzugsbehörden vor, ihn hinter Gittern zu misshandeln. So sei er wiederholt wegen angeblicher Verstöße in eine „Strafzelle“ eingeschlossen, in einem Fall mit einem kranken Häftling zusammengesperrt sowie einer „Putin-Folter“ unterzogen worden, indem er gemeinsam mit Mitgefangenen Reden von Staatschef Putin anhören musste. (AFP)

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