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Hauptstadt der Färöer-Inseln: Tórshavn

© Getty Images/iStockphoto / 1Tomm

Neuwahlen auf den Färöer-Inseln: Warum Moskau im Nordatlantik noch Partner hat

Die Färöer kooperieren beim Fischfang weiter mit Russland, erst im November wurde das gemeinsame Abkommen verlängert. Jetzt steht die Inselgruppe vor Neuwahlen. Was wird sich ändern?

Stand:

Obwohl die Färöer-Inseln offiziell zu Dänemark gehören, gehen sie in der Russland-Politik eigene Wege. Die Inselgruppe, zwischen Norwegen und Island im Nordatlantik gelegen, verlängerte erst Ende November ein jahrzehntealtes Fischereiabkommen mit Moskau. Seit 1977 ermöglicht es russischen Fischern in färöischen Gewässern und umgekehrt Trawlern von den Färöern in der Barentssee zu fischen.

Als autonomes Überseeterritorium Dänemarks gelten die zahlreichen EU-Sanktionen für die Inselgruppe nicht, Lebensmittel stünden ohnehin nicht auf dieser Liste, argumentierte man in der Hauptstadt Tórshavn.

Kopenhagen versuchte es dennoch mit politischem Druck. Inmitten einer globalen Krise, in der man geeint auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine reagieren müsse, sei das kein gutes Signal, sagte der sozialliberale dänische EU-Parlamentarier Morten Helveg Petersen dem Fernsehsender DR.

Der liberale Ministerpräsident Bárður á Steig Nielsen verteidigte die Entscheidung. Als Regierungschef sei es seine Pflicht, sagte er bei einer Radiodebatte im September, die Wirtschaft auch langfristig zu sichern. Ähnlich äußerte sich der konservative Außenminister Jenis av Rana. Das Abkommen mit Russland sei eine gute Möglichkeit, mit Moskau über Menschenrechte zu verhandeln.

Ein Regierungswechsel steht bevor

Doch die Einigkeit zwischen dem Regierungschef und seinem Außenminister ist vorbei. Wenige Wochen nach dem gemeinsamen Auftritt im Radio kam es zum handfesten Regierungsstreit, der Außenminister wurde entlassen und das Regierungsbündnis zerbrach.

Am Donnerstag kommt es nun zu vorgezogenen Neuwahlen. Ein Regierungswechsel steht jüngsten Umfrage zufolge bevor: Die oppositionellen Sozialdemokraten liegen vor der Partei von Amtsinhaber Nielsen.

Die Regierung scheiterte, da der für seine erzkonservativen Haltungen bekannte av Rana sich geweigert hatte, ein Gesetz zur Stärkung der Rechte gleichgeschlechtlicher Eltern mitzutragen, erläutert der Politikwissenschaftler Ebbe Volquardsen von der Universität Grönland gegenüber dem Tagesspiegel.

Bereits zuvor habe er sich despektierlich über einen homosexuellen dänischen Spitzenpolitiker geäußert.

Die selbstverwaltete Nation ist nur in außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungen an die politischen Leitlinien aus Dänemark gebunden. Bei der Gleichbehandlung von LGTBQI-Personen folgen sie der dänischen Vorreiterrolle nicht. Erst seit 2006 ist die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung offiziell verboten. Dänemark dagegen war weltweit das erste Land, das homosexuellen Paaren 1989 eheähnliche Rechte eingeräumt hatte.

Beide Länder verurteilen Putins Angriffskrieg, doch weder auf Gas noch auf Fischereirechte kann oder will man am Ende gänzlich verzichten.

Ebbe Volquardsen, Politikwissenschaftler an der Universität Grönland

Doch weder der russische Angriffskrieg noch Antidiskriminierungsgesetze seien bei der vorgezogenen Abstimmung wahlentscheidend, stellt Volquardsen klar. „Nichts ist für die Färinger wichtiger als die Fischereipolitik, aus der die Insulaner ihren Wohlstand schöpfen.“

Die Inselgruppe ist bisher nahezu unbeschädigt um eine Wirtschaftskrise herumgekommen. Die Arbeitslosigkeit sinkt seit Jahren konstant, die Inflation lag im September bei 1,7 Prozent.

Partnerschaft mit Russland steht kaum zur Debatte

Im Wahlkampf ging es deshalb weniger um wirtschaftliche Themen. Insbesondere Fragen „der Akzeptanz gegenüber nicht-heterosexuellen Lebensentwürfen, vor allem aber die Debatte um ein Recht auf Abtreibung“ seien laut Volquardsen diskutiert worden. Schwangerschaftsabbrüche sind auf den Färöer-Inseln nur in seltenen Ausnahmefällen möglich.

Laut Umfragen befürwortet die Mehrheit der Bevölkerung diese extrem restriktive Gesetzgebung. Deshalb haben die großen Parteien eine eindeutige Haltung im Wahlkampf vermieden.

Auch die Partnerschaft mit Russland – zumindest im Nordatlantik – stellt kaum eine der Parteien ernsthaft infrage. „An den Einkünften aus der lukrativen Hochseefischerei möchte in Wahlkampfzeiten niemand rütteln“, erklärt Volquardsen.

„In gewisser Weise befinden sich die Färöer in einer ähnlichen Situation wie Deutschland. Beide Länder verurteilen Putins Angriffskrieg, doch weder auf Gas noch auf Fischereirechte kann oder will man am Ende gänzlich verzichten.“

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