zum Hauptinhalt
Eine Frau im Windzug einer einfahrenden U-Bahn in der russischen Hauptstadt.

© Foto: AP/dpa/Frank Augstein

Nur 25 Prozent wollen Angriff fortsetzen: Kriegsmüdigkeit der Russen steigt offenbar massiv an

Der Krieg hinterlässt auch in der russischen Bevölkerung Spuren. Die Stimmung scheint sich zu drehen. Das zeigt eine Umfrage für den internen Gebrauch im Kreml.

Offenbar lehnen immer größere Teile der russischen Bevölkerung den Krieg in der Ukraine ab. Das geht aus nicht-öffentlichen Meinungsumfragen hervor, die dem unabhängigen russischen Online-Medium „Meduza“ vorliegen.

Demnach würden 55 Prozent der befragten Russinnen und Russen Friedensgespräche mit der Ukraine befürworten. Lediglich 25 Prozent sprachen sich offenbar für die Fortsetzung des Krieges aus.

In Auftrag gegeben wurden diese Umfragen vom Kreml und sind „Meduza“ zufolge nur für den internen Gebrauch bestimmt. Durchgeführt werden sie von einer speziellen Abteilung des FSO, des russischen „Föderalen Dienst für Bewachung“ zum Schutze des Präsidenten und der russischen Regierung.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Im Vergleich zu älteren Studien des FSO, so berichtet „Meduza“, habe sich die Kriegsmüdigkeit der Russinnen und Russen verstärkt. Im Juli habe eine interne Umfrage ergeben, dass nur 30 Prozent der Befragen für einen Frieden mit der Ukraine waren, also 25 Prozentpunkte weniger.

Aufgrund dieser für den Kreml schlechten Ergebnisse wird offenbar überlegt, die Befragungen einzustellen. Das berichtet „Meduza“ unter Berufung auf zwei Quellen, die der Präsidialverwaltung nahestehen sollen. In dem Bericht wird eine Quelle so zitiert: „Alles ist jetzt möglich. Es ist besser, es nicht zu tun.“

Jüngste soziologische Umfragen decken sich mit den Ergebnissen

Die Ergebnisse des FSO decken sich in etwa mit den jüngsten Umfragen des Levada-Zentrums, des letzten unabhängigen Soziologischen Instituts in Russland. Demnach haben im Oktober 58 Prozent der Befragten angegeben „sehr besorgt“ über „die derzeitigen Ereignisse in der Ukraine“ zu sein. 

Im August noch gaben nur 37 Prozent der Befragten diese Antwort. Dem Levada-Zentrum zufolge sei besonders die Altersgruppe ab 55 Jahren sehr besorgt: Innerhalb dieser Altersgruppe lag die Zahl bei 75 Prozent.

Besorgt waren der Oktober-Umfrage Levadas zufolge weitere 30 Prozent. Lediglich sechs Prozent waren „nicht allzu besorgt“ (im August waren es 13 Prozent) und fünf Prozent waren „überhaupt nicht besorgt“ (11 Prozent gaben das im August an).

Zustimmung für Verhandlungen steigt

Außerdem haben 22 Prozent der Befragten angegeben, dass „definitiv militärische Aktionen“ in der Ukraine notwendig seien. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als im September. Und 26 Prozent gaben an, dass „definitiv mit Verhandlungen begonnen“ werden sollte. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als im September.

Allerdings: Die allgemeine Zustimmung zu „Aktionen des russischen Militärs in der Ukraine“ hat sich kaum verändert. Wie im Vormonat haben im August 44 Prozent den Krieg „definitiv“ unterstützt.

26 Prozent
aller Befragten gaben an, dass „definitiv mit Verhandlungen begonnen“ werden sollte.

Die Zahl derjenigen, die den Krieg ablehnen, beläuft sich mit 9 Prozent um einen Prozentpunkt niedriger als im Vormonat September.

Meduza berichtete, dass der Direktor des Levada-Zentrums, Denis Wolkow erklärte, dass der Anteil der Russen, die wahrscheinlich Friedensgespräche mit der Ukraine unterstützen würden, nach dem Teilmobilisierungserlass des russischen Präsidenten Wladimir Putin rapide zu steigen begann. „Ihre Unterstützung [der Kämpfe] ist nach wie vor hoch, aber der Wunsch, sich persönlich daran zu beteiligen, ist in der Bevölkerung recht gering.“

Dem US-Think-Tank „Institute for the Study of War“ zufolge haben die Teilmobilisierung und die russischen Rückschläge auf dem Schlachtfeld „wahrscheinlich zu einer zunehmenden Kriegsmüdigkeit in der russischen Öffentlichkeit beigetragen, was sich in den Umfragen widerspiegelt“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false