
© AFP/OMAR AL-QATTAA
Nur noch wenige Wochen: Sogar israelische Militärs warnen jetzt vor einer Hungersnot in Gaza
Neben Hilfsorganisationen und der UN halten auch israelische Verteidigungsbeamte die humanitäre Lage im Gazastreifen mittlerweile für prekär. Die Regierung weist die Warnungen zurück.
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Eine Analyse israelischer Militärangehöriger kommt zu dem Schluss, dass den Palästinensern im Gazastreifen eine Hungersnot droht, sollte die Lieferung humanitärer Hilfe nicht innerhalb weniger Wochen wieder aufgenommen werden. Das berichten drei israelische Verteidigungsbeamte, die mit der Lage in dem Gebiet vertraut sind, der „New York Times“.
Israel behauptet offiziell, dass die Blockade von Nahrungsmitteln und Treibstoff für den Gazastreifen keine ernsthafte Bedrohung für das Leben der Zivilbevölkerung darstelle – obwohl die Vereinten Nationen (UN) und andere Hilfsorganisationen bereits seit Längerem vor einer drohenden Hungersnot warnen. Der israelischen Regierung zufolge seien während des verkürzten Waffenstillstands große Mengen an Hilfsgütern in das Gebiet gelangt.
Seit März verschärft sich die Nahrungskrise in Gaza
Die israelischen Beschränkungen für Hilfslieferungen nach Gaza zählen zu den umstrittensten Aspekten des Krieges. Israel kappte die Versorgung des Gazastreifens im März – kurz vor dem Bruch eines Waffenstillstands mit der Hamas, die trotz des Verlusts Tausender Kämpfer weiterhin im Gazastreifen präsent ist.
Israel erklärte, Ziel der Blockade der Hilfslieferungen sei es, der Hamas den Zugang zu Lebensmitteln und Treibstoff, die für die Zivilbevölkerung bestimmt sind, zu erschweren – weil die Terrororganisation daraus Profit schlägt. Ein ranghoher israelischer Verteidigungsbeamter sagte der „New York Times“, durch die Blockade der Hilfslieferungen solle der Druck auf die Hamas erhöht werden, damit sie zusammenbreche oder zumindest mehr der Geiseln freilasse.
Lebensmittelvorräte der UN aufgebraucht
In Gaza sind die meisten Bäckereien mittlerweile geschlossen, auch Suppenküchen haben den Betrieb eingestellt. Das Welternährungsprogramm der UN, das Hilfen verteilt und Lieferungen koordiniert, meldet, dass seine Lebensmittelvorräte aufgebraucht sind.
Das palästinensische Gesundheitsministerium erklärt, dass 57 Kinder an den Folgen von Unterernährung gestorben sind, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht sogar von noch mehr toten Kindern im Zuge der israelischen Blockade aus.
Die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) geht davon aus, dass die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens – rund 2,1 Millionen Menschen – von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen ist. Davon würden bereits jetzt 244.000 Menschen an einer Hungersnot leiden, hieß es. Das Welternährungsprogramm der UN geht sogar von 470.000 Menschen aus.
In einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats sagte der humanitäre Chef der UN, Tom Fletcher, Israel würde „absichtlich und schamlos“ unmenschliche Bedingungen über die Zivilbevölkerung verhängen. Bis auf die USA haben alle Mitglieder des Sicherheitsrats Israel dazu aufgefordert, sofort Hilfslieferungen nach Gaza zuzulassen.
Nach Angaben der Verteidigungsbeamten, die mit der „New York Times“ sprachen, hat die militärische Führung die Schwere der Lage inzwischen anerkannt und prüft Möglichkeiten, Hilfslieferungen wieder aufzunehmen – unter Umgehung der Hamas. (Tsp, dpa, epd, KNA)
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