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FPÖ-Chef zieht zurück: Österreichs Präsident fordert Kompromisse nach Scheitern von Koalitionsgesprächen
Nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP klinkt sich das Staatsoberhaupt ein. Jetzt könnte es Neuwahlen geben – oder doch ein Dreier-Bündnis.
Stand:
Nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP will Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit den Parteien ausloten, welche Optionen aus der politischen Sackgasse führen. Dazu werde er sich in den nächsten Tagen mit den Parteivertretern treffen, sagte Van der Bellen.
Er ermahnte die Politiker, endlich wieder aufeinander zuzugehen. „Der Kompromiss ist in Verruf geraten“, sagte das Staatsoberhaupt. Aber ohne dieses „österreichische Erfolgsrezept“ werde es nicht gehen. Er forderte die parlamentarischen Parteien auf, sich auf das Staatsganze zu konzentrieren.
Als Lösungen aus der derzeitigen Situation zählte das Staatsoberhaupt mehrere mögliche Optionen auf: Neuwahlen in einigen Monaten, eine neue Minderheitsregierung unter Duldung des Parlaments, oder eine Expertenregierung. Zudem schloss Van der Bellen nicht aus, dass sich Parteien in einem weiteren Anlauf doch noch auf eine tragfähige Koalition einigen könnten.
Parteien geben sich gegenseitig die Schuld

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Bei einer Einigung wäre mit Kickl erstmals ein Kanzler aus den Reihen der Rechtspopulisten ins Kanzleramt eingezogen. Obwohl die FPÖ der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sei, „waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt“, hieß es in einem Schreiben Kickls an das Staatsoberhaupt.
Die konservative ÖVP sieht die Verantwortung für das Scheitern der Koalitionsgespräche bei FPÖ-Chef Herbert Kickl. „Leider ist Herbert Kickl aus der Rolle des Oppositionspolitikers nicht ausreichend in die Rolle eines Regierungschefs gewechselt“, sagte ÖVP-Chef Christian Stocker.
Nicht zuletzt das Bestehen der FPÖ auf dem Innenministerium, das auch für die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste verantwortlich ist, sei inakzeptabel gewesen, so Stocker.
Die Gespräche von FPÖ und ÖVP waren von Anfang an von Unterschieden gerade in außen- und sicherheitspolitischen Fragen überschattet. So waren die Rechtspopulisten gegen eine weitere Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland. Obendrein ist die FPÖ extrem EU-kritisch, die ÖVP dagegen tief überzeugt von den Vorteilen der Europäischen Union. Weiterer wichtiger Streitpunkt war bis zuletzt das Innenministerium, das beide Parteien jeweils für sich reklamierten.
FPÖ kann bei Neuwahlen mit noch höherem Sieg rechnen
Insgesamt war in den rund vierwöchigen Gesprächen aber vor allem klar geworden, dass beide Parteien eine andere Weltsicht haben. Während die ÖVP auf die enge internationale Einbindung der kleinen Alpenrepublik setzt, hatte die FPÖ immer wieder ihren Slogan von der „Festung Österreich“ propagiert.
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ÖVP-Chef Christian Stocker hatte die FPÖ aufgefordert, angesichts der neuen Verantwortung nun von weit rechts in die politische Mitte zu rücken. Die Atmosphäre zwischen FPÖ und ÖVP wurde im Laufe der Verhandlungen immer angespannter.
Erneute Wahlen müsste die FPÖ nicht fürchten. Nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen im Herbst 2024 mit knapp 29 Prozent könnten die Rechtspopulisten laut Umfragen inzwischen mit etwa 34 Prozent rechnen.
ÖVP und SPÖ kämen den Demoskopen zufolge auf jeweils rund 20 Prozent, die Neos auf rund 10 Prozent, die Grünen auf etwa 8 Prozent der Stimmen. Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleiben die bisherigen Minister aus ÖVP und Grünen im Amt. (dpa)
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