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Plötzlicher Anruf in der Pressekonferenz?: Russische Sprecherin darf Raketenangriff in der Ukraine nicht kommentieren
Moskau hat die Ukraine wohl erstmals mit einer atomwaffenfähigen Interkontinentalrakete angegriffen. In Russland ist das Thema tabu. In der Ukraine werden Teile der Rakete aktuell untersucht.
Stand:
Nach Berichten über den Einsatz einer russischen Interkontinentalrakete gegen die Ukraine hat die Sprecherin des Moskauer Außenministeriums inmitten einer live übertragenen Pressekonferenz die Anordnung erhalten, den Vorfall nicht zu kommentieren.
Maria Sacharowa erhielt am Donnerstag während des Briefings einen Anruf, in dem sie eine männliche Stimme aufforderte, „keinen Kommentar“ zu dem Angriff „ballistischer Raketen“ auf das Zentrum der ukrainischen Stadt Dnipro abzugeben. Laut Kiew war dabei eine Interkontinentalrakete zum Einsatz gekommen.
„Mascha“, sagte die unbekannte männliche Stimme am Telefon unter der Verwendung der Koseform von Sacharowas Vornamen Maria. Zu dem Angriff auf „Juschmasch“, über den der Westen zu sprechen begonnen habe, „geben wir keinen Kommentar“ ab, sagte der Mann weiter. Die Pressekonferenz wurde vom Außenministerium live auf der Onlineplattform Youtube übertragen.
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Laut der ukrainischen Armee war die Stadt Dnipro im zentralen Osten des Landes am Donnerstagmorgen von Russland mit mehreren verschiedenen Raketen angegriffen worden. Dabei habe Russland erstmals seit Beginn seines Angriffskriegs im Februar 2022 eine Interkontinentalrakete eingesetzt. Das Ziel war russischen Militärbloggern zufolge die Satellitenfirma Piwdenmatsch - früher bekannt als Juschmasch. Dort werden wohl auch Raketen für den Krieg hergestellt.
Wie aus Kreisen der ukrainischen Luftwaffe verlautete, war die Rakete „offensichtlich“ nicht mit einem Atomsprengkopf bestückt. Der Kreml gab zu dem Angriff ebenso wie die russische Armee zunächst keinen Kommentar ab. Der Angriff könnte eine Antwort auf die ukrainischen Angriffe mit westlichen Raketen auf russisches Territorium in den vergangenen Tagen gewesen sein.
In einer späteren Stellungnahme gegenüber der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass sagte Sacharowa, das Telefonat habe der Klärung der Frage gedient, ob das Außenministerium für dieses Thema zuständig sei. Eine „Intrige“ wies sie zurück.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, dass die Trümmer der Rakete zur Stunde noch untersucht würden. Selenskyj sagte in einer Videoansprache weiter: „Von ihren technischen Parametern her entspricht sie einer ballistischen Interkontinentalrakete. Alle Merkmale - Geschwindigkeit, Höhe - deuten darauf hin, dass es sich um eine ballistische Interkontinentalrakete gehandelt hat.“
Iwan Stupak, ukrainischer Militärexperte und ehemaliger Geheimdienst-Offizier, erklärte im Fernsehen, dass die Russen schon mehrmals versucht hätten, die Militärfabrik in Dnipro mit Raketen zu treffen. Sie war aber wohl so gut gesichert, dass die benutzten Marschflugkörper keine großen Schäden anrichten konnten. Die jetzt eingesetzte Interkontinentalrakete könne ungefähr die dreifache Sprengkraft von herkömmlichen Raketen haben. Über das Ausmaß der Schäden an der Fabrik ist bisher nichts bekannt.
Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, sollte sich der Angriff mit einer Interkontinentalrakete bestätigen, würde dies „eine weitere klare Eskalation seitens (Russlands Präsident Wladimir) Putin darstellen“. Ein britischer Regierungssprecher sagte, sollte eine solche Rakete abgefeuert worden sein, wäre dies „leichtsinnig und eskalierend“. (AFP, Tsp)
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