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Putin zieht Friedensplan zurück: „Das Treffen von Trump und Selenskyj steht unter keinem guten Stern“
Am Sonntag spricht der US-Präsident mit seinem ukrainischen Amtskollegen über einen Friedensplan. Putin lobt derweil angebliche Kampferfolge Russlands. Was kann das Treffen von Trump und Selenskyj bringen?
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Während in vielen Orten der Welt dieser Tage Weihnachten gefeiert wurde, gingen die Kämpfe in der Ukraine weiter. Für Russland erfolgreich, so zumindest stellt es der Kreml dar.
Russische Kommandeure melden nach offiziellen Angaben die Einnahme mehrerer Städte in den Regionen Donezk und Saporischschja – das ukrainische Militär widerspricht. Aber für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist es Anlass genug, die Friedensverhandlungen infrage zu stellen.
„Das Tempo des Vormarsches der russischen Streitkräfte im Donbass reduziert Moskaus Interesse am Abzug der ukrainischen Streitkräfte aus diesen Gebieten auf null“, sagte er laut der russischen Staatsagentur Tass am Samstag. Russland werde deshalb „alle Probleme mit militärischen Mitteln lösen“.
Ob und wie sehr Russland an der Front tatsächlich vorankommt, lässt sich unabhängig nicht überprüfen. Immer wieder erklären zuletzt nicht nur ukrainische Experten, sondern auch moskautreue Militärblogger, dass die unter Druck stehenden russischen Kommandierenden teils über Erfolge berichten, die es so nicht gibt.
Schwierige Ausgangslage für Selenskyj
In jedem Fall dürften Putins Aussagen einen konkreten Anlass haben: An diesem Sonntag um 13 Uhr Ortszeit (19 Uhr deutscher Zeit) trifft sich der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump in dessen Anwesen Mar-a-Lago. Die beiden wollen über eine überarbeitete Version des Friedensplans sprechen.
„Selenskyjs Treffen mit Trump in Florida steht unter keinem guten Stern“, sagt Klemens Fischer, Professor für Internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln, dem Tagesspiegel. Jetzt, wo das Momentum klar aufseiten der russischen Armee sei, sehe Putin „keine Notwendigkeit mehr für einen Kompromiss über seine ursprünglichen Kriegsziele, da die Armee an allen Frontabschnitten vorrückt“.
Selenskyj sollte alles vermeiden, was den US-Präsidenten verärgern könnte.
Klemens Fischer, Politikwissenschaftler
Kein gutes Zeichen für Selenskyj. Hinzu kommt, dass der vom ukrainischen Staatschef an Weihnachten vorgestellte 20-Punkte-Plan für Putin inakzeptabel sein dürfte.
„Grundforderungen wie die Verkleinerung der ukrainischen Armee oder die russische Nutzung des Kernkraftwerks Saporischschja sind darin nicht enthalten“, sagt Stefan Meister. Er ist Programmleiter Internationale Ordnung und Demokratie bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Auf andere Punkte wie die Errichtung einer demilitarisierten Zone und Abtretungen von erobertem Territorium werde Putin sich nicht einlassen. „Mein Eindruck ist, dass das alles ein ‚Spiel‘ der Kriegsparteien ist, um Trump zu beeindrucken und die andere Seite als Schuldige am Scheitern darstellen zu können“, sagt Meister.
Und Trump? Der will den Ukraine-Konflikt endlich vom Tisch haben, sagt Politologe Fischer. „Selenskyj sollte deshalb alles vermeiden, was den US-Präsidenten verärgern könnte.“
Im Vorfeld des Treffens scheint ihm genau das nicht zu gelingen. Auf eine Äußerung Selenskyjs zu Journalisten, dass ein Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und den USA „fast fertig“ sei, entgegnete Trump: „Er hat gar nichts, solange ich es nicht absegne. Wir werden also sehen, was er hat.“
Auf dem Weg zu Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago machte Selenskyj ausgerechnet in Kanada einen Zwischenhalt. „Mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney hat der US-Präsident keineswegs das beste Einvernehmen“, sagt Fischer.

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Pressewirksam führten die beiden eine Telefonkonferenz mit ausgewählten EU-Staats- und Regierungschefs wie Bundeskanzler Friedrich Merz und außerdem mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Sie alle bestärkten ihre Unterstützung für die Ukraine und einen Friedensschluss in ihrem Sinne. „Damit versuchen sie, dem Gespräch mit Trump eine bestimmte Richtung zu geben. Er wird sich dafür sicher bedanken“, glaubt Fischer.
Dass das Treffen zwischen Trump und Selenskyj am Sonntag zu einem maßgeblichen Ergebnis kommt, halten die Experten vor diesem Hintergrund für unwahrscheinlich.
„Die Positionen Russlands und der Ukraine sind in den Kernfragen weiterhin unversöhnlich“, sagt Politologe Fischer. „Wenn Selenskyj geschickt vorgeht, könnte er Trump im Boot halten. Und das wäre in der derzeitigen Lage schon ein Erfolg.“
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