zum Hauptinhalt
Der Leiter der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin.

© IMAGO/ITAR-TASS/Konkord Company Press Service/Uncredited

Putins neue Gesetze verbieten Kritik: Wird der Wagner-Chef jetzt in die Schranken gewiesen?

Söldner-Chef Prigoschin hält sich mit Kritik an der russischen Militärführung nicht zurück. Eine Reihe neuer Regelungen könnte ihm nun gefährlich werden.

Das Verhältnis zwischen Wagner-Gründer Jewgeni Prigoschin und der russischen Militärführung ist – um es vorsichtig auszudrücken – angeschlagen. Seit Monaten macht der Söldner-Chef das Verteidigungsministerium in Moskau für die schleppende „Militäroperation“ in der Ukraine verantwortlich.

Ein neues Gesetz, das die „Diskreditierung“ der russischen Armee mit sieben Jahren statt bisher mit fünf Jahren bestrafen soll, könnte als Warnung an den Wagner-Chef verstanden werden: Er soll sich mit seiner Kritik zurückhalten.

Und so scheint Prigoschin das Gesetz auch zu verstehen. Nachdem es am Mittwoch in erster Lesung von der Duma genehmigt wurde, schrieb der Wagner-Chef einen Brief an Wjatscheslaw Wolodin, den Präsidenten des russischen Parlaments.

Darin äußert Prigoschin die Bitte, „die Oberbefehlshaber der Freiwilligenkommandos, einschließlich des PMC ‚Wagner‘, und die Oberbefehlshaber des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation“ von der Regelung auszunehmen.

Prigoschin dankte dem Parlamentspräsidenten zwar für die Verschärfung des Gesetzes und dass die Neufassung auch „Verunglimpfungen“ von Wagner-Söldnern unter Strafe stellt. Kritik an Befehlshabern sei jedoch „notwendig“.

Wagner-Chef befürchtet „strafrechtliche Verfolgung“

Der Wagner-Chef befürchte nun aber, dass „jede öffentliche und konstruktive Kritik an ihren Handlungen zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen“ könnte, schreibt er in seinem Brief. Auch die US-amerikanischen Analysten des Think-Tanks „Institute For The Study Of War“ (ISW) vermuten eine zunehmende Beunruhigung bei Prigoschin.

In ihrem täglichen Lagebericht vom Mittwoch schreiben die ISW-Experten, Prigoschin sei „möglicherweise besorgt, dass der Kreml gegen ultranationalistische Milblogger-Gemeinschaften“ vorgehen könnte. Viele Militärblogger, teilweise mit Verbindung zur Wagner-Truppe, waren schon in der Vergangenheit hart mit Moskau ins Gericht gegangen.

Mindestens sehe Prigoschin jedoch die Gefahr, dass die Gesetzesverschärfung bei den Kritikern der russischen Militärführung „Selbstzensurpraktiken fördern“ könnte, heißt es in dem ISW-Lagebericht.

Russland verbietet Nachrichten-App „Telegram“

Als ein weiterer Versuch Moskaus, die Kritik einzudämmen, kann das Verbot von neun „ausländischen Messengern“ gedeutet werden. Die russische Internetaufsichtsbehörde Roskomnadsor hatte am Mittwoch russischen Organisationen unter anderem die Nutzung der Nachrichten-App „Telegram“ untersagt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Telegram ist in der Szene der russischen Militärbloggern weit verbreitet. Zudem gibt es mehrere Telegram-Kanäle, die mit der Wagner-Truppe oder dessen Chef Jewgeni Prigoschin assoziiert werden.

Jedoch betreiben auch russische Behörden und Ministerien eigene Telegram-Kanäle. Auf dem Kanal des Kreml wurde erst Donnerstagnachmittag noch eine Rede Wladimir Putins gestreamt – einen Tag, nachdem das Verbot verkündet wurde.

Unklar ist aber auch, für wen die Regelung gilt. „Das Gesetz verbietet einer Reihe russischer Organisationen die Nutzung ausländischer Messenger“, teilte Roskomnadsor mit – ohne das genauer zu erläutern.

Wagner und Moskau uneins über Munitionsknappheit

In jüngster Vergangenheit hatte der Wagner-Chef die angebliche Verknappung von Munitionslieferungen an seine Kämpfer in der Ukraine durch das russische Verteidigungsministerium mit „Hochverrat“ gleichgesetzt. Nur um kurze Zeit später einen bösen Brief aus eben jenem zu erhalten.

In mehreren Audiobotschaften beklagte sich Prigoschin, dass der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu und der Generalstabschef Waleri Gerassimow, der Oberbefehlshaber des Einsatzes in der Ukraine, „uns noch immer keine Munition“ geben.

Verteidigungsminister und Generalstabschef würden „auf Teufel komm raus“ Befehle verweigern, der Söldnertruppe Munition zu liefern. „Diejenigen, die uns bei dem Versuch behindern, diesen Krieg zu gewinnen, arbeiten direkt für den Feind“, sagte der Wagner-Chef.

Resultat der Blockadehaltung in Moskau, sei eine hohe Anzahl an Toten unter den Wagner-Kämpfern, die hauptsächlich bei Bachmut eingesetzt sind, erläuterte Prigoschin. Ein Foto soll seinen Angaben nach die Leichen Dutzender seiner Kämpfer zeigen. „Es sollte nur ein Fünftel von ihnen sein.“

Die Antwort aus Moskau ließ nicht lange auf sich warten: Das russische Verteidigungsministerium warf wiederum der Wagner-Gruppe vor, „die Munitionsressourcen zu verbrauchen und damit für Mangel an der gesamten Frontlinie zu sorgen“. So geht es aus einem offiziellen Schriftwechsel hervor, den der Telegram-Kanal „VChK-OGPU“ geteilt hatte.

Der Telegram-Kanal berichtete zudem, dass die Munitionsknappheit an der Front zu „erheblichen Verlusten“ bei der 155. Marinebrigade der russischen Pazifikflotte in Wuhledar geführt habe. „VChK-OGPU“ bezieht sich dabei auf eine anonyme Quelle, die nicht weiter benannt wird.

Doch nicht nur im Kampfgeschehen gibt es Konflikte: Anfang Februar räumte Prigoschin ein, dass er für seine Söldnertruppe keine Häftlinge aus russischen Gefängnissen mehr anwerben dürfe. Vielmehr beanspruche das Verteidigungsministerium in Moskau diese Rekrutierungsquelle nun für sich, wie die Nichtregierungsorganisation „Russland hinter Gittern“ damals bekannt gab. (mit Agenturen)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false