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Der rechte Aktivist Charlie Kirk mit Donald Trump auf einer Veranstaltung im Dezember 2024 in Phoenix, Arizona.

© AFP/JOSH EDELSON

Rechter US-Aktivist auf Uni-Gelände erschossen: Wer war Charlie Kirk?

Durch ihn erreichte Präsident Donald Trump Amerikas Jugend: Mit 31 Jahren ist der rechte Podcaster Charlie Kirk bei einem Auftritt an einer Uni im Bundesstaat Utah erschossen worden.

Stand:

Charlie Kirk wollte nie ins Weiße Haus und keinen Job in der Regierung. Ihm ging es um mehr, viel mehr. Charlie Kirk wollte die amerikanische Politik verändern, den Konservatismus neu erfinden, ihn radikaler machen. Und rechter. Genau das ist ihm mit Donald Trump gelungen.

Es ist keine Untertreibung, dass der 31-jährige Aktivist und erfolgreiche Podcaster Trump zur Präsidentschaft verhalf. Durch Kirk erreichte der Republikaner Amerikas Jugend; der 31-Jährige fuhr für Trump durchs Land, sammelte Stimmen und warb für seine rechte Ideologie.

Auf eben so einer Veranstaltung ist Kirk am Mittwoch bei einem Schusswaffenangriff im US-Bundesstaat Utah getötet worden. Trump selbst bestätigte seinen Tod.

„Der großartige und sogar legendäre Charlie Kirk ist tot“, schrieb der Präsident in seinem Onlinedienst Truth Social. Er ordnete an, die Flaggen für den „großen amerikanischen Patrioten“ landesweit auf halbmast zu setzen, wie es sonst nur für hohe Würdenträger der Fall ist. Kirk sei ein „Märtyrer für Freiheit und Wahrheit“, sagte Trump in einer Videobotschaft aus dem Oval Office und kündigte umfassende Maßnahmen gegen politisch motivierte Gewalt an.

Charles James Kirk wurde am 14. Oktober 1993 in Arlington Heights, einem Vorort von Chicago, geboren. Seine Mutter, eine Psychologin, und sein Vater, ein Architekt, sind konservative Republikaner und waren wichtige Spender von Mitt Romneys Präsidentschaftskampagne 2012.

Von ihrem politischen Engagement inspiriert, entwickelte sich ihr Sohn Kirk schnell zur Medienpersönlichkeit. Sein Studium schloss er nie ab, stattdessen verbreitete er redegewandt rechte Thesen.

Mit seinem Podcast „Charlie Kirk Show“ wurde er noch bekannter. Kirk scharte Millionen Anhänger um sich, die seine provokanten Thesen in Onlinemedien teilten. Dabei verbreitete er routiniert Behauptungen und Verschwörungstheorien von Trumps Maga-Bewegung (Make America Great Again).

Mit 18 Jahren in die Politik

Für das republikanische Establishment und seine Politik, für die alte Größen wie John McCain standen, hatte Kirk nichts übrig. Als Jugendlicher schrieb er für die rechte Seite Breitbart. Mit 18 Jahren gründete Kirk die rechtskonservative Studentenorganisation Turning Point USA (deutsch: Wendepunkt USA). Damit warb er in Schulen und Hochschulen für neokonservative Thesen.

Dazu ermuntert hatte ihn offenbar der rechte und mehr als 50 Jahre ältere Aktivist Bill Montgomery auf einer Uni-Veranstaltung.

„Du kannst nicht aufs College gehen!“, soll Montgomery zu Kirk gesagt haben. Er selbst befand sich damals nach einer Karriere im Marketing bereits im Ruhestand. Dem „National Journal“ erzählte er später von seiner ersten Begegnung mit dem jungen Mann: Das war im Mai 2012 an der Benedictine University im Chicagoer Vorort Lisle.

Ich kenne Sie nicht, aber Sie müssen eine Organisation gründen, um junge Menschen mit Ihrer Botschaft zu erreichen.

Bill Montgomery, rechter US-Aktivist

Bei der Diskussion zum Youth Government Day der Universität habe die Rednerliste „die Kinder“ – einige hundert Highschool-Schüler – „in den Schlaf“ gelullt, sagte Montgomery der Zeitung. Aber als Kirk das Wort ergriff, veränderte sich die Energie im Raum völlig. Die Kinder schliefen nicht mehr. Und ihre Aufmerksamkeit galt nur noch einer Person im Raum – Kirk.

Im Anschluss sei er zu ihm gegangen und habe gesagt: „Ich kenne Sie nicht, aber Sie müssen eine Organisation gründen, um junge Menschen mit Ihrer Botschaft zu erreichen.“ Von da an sei er Kirks Mentor geworden und habe ihm geholfen, Turning Point USA aufzubauen.

Montgomery starb 2020 im Alter von 80 Jahren an den Folgen seiner Covid-Erkrankung. Turning Point löschte daraufhin einen Tweet, der sich über Menschen, die Masken tragen, lustig machte und die Gefahr der Krankheit herunterspielte.

Freund der Trump-Familie

Kirk gehörte zu einem Netzwerk von Trump-nahen, konservativen Influencern, die halfen, die Agenda des Präsidenten zu verbreiten. Auf der Plattform X hatte er 5,3 Millionen Follower und moderierte einen beliebten Podcast sowie eine Radiosendung mit dem Titel „The Charlie Kirk Show“. Zudem war er zuletzt Co-Moderator der Sendung „Fox & Friends“ des konservativen US-Senders Fox News, wo er durch seine kämpferische Rhetorik schon als Jugendlicher Stammgast war.

Kirk war Trumps Sprachrohr für Amerikas Jugend – und trat mit ihm auf politischen Veranstaltungen auf, wie hier beim AmericaFest 2024 im Dezember 2024 in Phoenix, Arizona.

© REUTERS/CHENEY ORR

Durch seine politische Arbeit lernte er 2016 Donald Trump Jr. kennen, galt seitdem als Freund der Präsidentenfamilie. Zu dieser Zeit nahm Turning Point als gemeinnützige Organisation bereits bis zu 100 Millionen US-Dollar pro Jahr ein. In Trumps letztem Wahlkampf nahm Kirk eine Schlüsselrolle ein: Seine Aufgabe war, die Unterstützung junger Wähler bei der Präsidentschaftswahl im November zu mobilisieren.

Er tourte durchs Land, sprach auf republikanischen Wahlveranstaltungen und Podiumsdiskussionen auf Universitätsgeländen; bekannt durch seinen Podcast und seine Rolle als TV-Kommentator zog er zahlreiche Menschen an.

Und: Er half Trump dabei, die einzelnen Fraktionen der Maga-Bewegung zu erreichen, ging dabei strategisch vor. Im vergangenen Sommer trat der republikanische Präsidentschaftskandidat mehrfach bei Events von „Turning Point“ auf – jedes richtete sich an eine andere Gruppe der Maga-Welt.

5,3
Millionen Follower hatte Charlie Kirk auf X.

Mit Kirks Unterstützung sprach Trump vor streng religiösen Anhängern, bei einer Kampagne für mehr Wahlbeteiligung, auf einer „Volksversammlung“, an der der Verschwörungstheoretiker Alex Jones teilnahm, und auf einer Kundgebung mit dem Impfgegner und damaligen Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy Jr..

Regelmäßig griff Kirk etablierte Medien an und befasste sich oft in provokantem Stil mit Kulturkampfthemen wie Migration, Gender und ethnischer Herkunft.

Ein „charismatischer, christlicher Nationalist“

Auch vor Lügen und Fake News schreckte Kirk nicht zurück. So half er Trump, dessen Falschbehauptungen über die angeblich „gestohlene“ Präsidentschaftswahl von 2020 bei einem jungen Publikum populär zu machen und Zweifel an den Corona-Maßnahmen der Demokraten unter Joe Biden zu säen.

Die Weltgesundheitsorganisation beschimpfte er als „Wuhan Health Organization“, warf ihr vor, den Ursprung der Pandemie in China zu vertuschen. In einer Rede 2021 in Minnesota nannte er George Floyd, der in dem Bundesstaat als Opfer rassistischer Gewalt von einem Polizisten ermordet worden war, einen „Drecksack“. Martin Luther King bezeichnete Kirk als einen „schlechten Mann“.

Kirk bei einer Parteiveranstaltung der Republikaner am 17. Juli 2024 in Wisconsin. Er trägt ein T-Shirt, das den Moment des versuchten Attentats auf Donald Trump zeigt.

© REUTERS/CHENEY ORR

Kirk sei ein „charismatischer christlicher Nationalist“ gewesen, „der im Wesentlichen als Sprecher für den Trumpismus und extremistische Ideen agiert“ habe, sagt die US-Autorin Kyle Spencer, die ein Buch über ihn geschrieben hat. Heute gilt Turning Point als größte Jugendbewegung für Rechtskonservative in den USA.

Eine aktive Rolle in der US-Regierung strebte Kirk nicht an, wenngleich das nach Trumps Wiederwahl ein leichtes gewesen wäre. Ihm ging es darum, die amerikanische Politik zu verändern, nicht weniger. „Wir möchten die Kultur verändern“, sagte er dem „New York Times Magazine“ im Februar.

So zog er auch nicht nach Washington, wo man ihn als Trumps Lobbyist zunächst vielleicht erwartet hätte. Mit seiner Frau Erika, dem einjährigen Sohn und der dreijährigen Tochter blieb er in Scottsdale, Arizona. Ein reicher Vorort von Phoenix mit gut 240.000 Einwohnern. Der Film „Little Miss Sunshine“ spielt hier, steht darin für ein gutbürgerliches, langweiliges Leben an einem abgeschiedenen Ort.

Zur Amtseinführung im Januar nahm Kirk seine Familie für zehn Tage mit in die amerikanische Hauptstadt; zuvor hatten sie mehrere Wochen in Palm Beach verbracht, nahe Trumps Luxusresort Mar-a-Lago, Florida.

Kirk war auf Tour in Utah

Als der Schuss fiel, tourte Kirk gerade unter dem Motto „American Comeback“ durch US-Universitäten. Bei Redeveranstaltungen wie diesen lud er Studierende ein, im schnellen Schlagabtausch mit ihm zu diskutieren. Die Videos dieser Auftritt gingen oft viral, zumal wenn er „linke“ Überzeugungen zerpflückte. Kirk habe für Ideen geworben, von denen viele andere nicht zu sprechen wagten, sagten Anhänger.

Trauernde bringen Blumen zur Zentrale von Kirks rechtskonservativer Organisation „Turning Point USA“ in Phoenix, Arizona.

© REUTERS/Caitlin O'Hara

Als der Schuss fiel und Kirk am Hals getroffen wurde, sei ihm ausgerechnet eine Frage zu Transgender-Attentätern gestellt worden, berichtete der frühere republikanische Kongressabgeordnete Jason Chaffetz, der der Veranstaltung beiwohnte.

Wie Trump hatte Kirk Transgender-Menschen und auch Migranten immer wieder scharf angegriffen. Die Debatte über Attentäter war in rechten Kreisen entbrannt, nachdem ein angeblicher Transgender-Schütze in einer Kirche in Minneapolis im August zwei Kinder getötet hatte.

Trump schrieb, niemand habe die Jugend in den Vereinigten Staaten besser verstanden als Kirk. „Er wurde von ALLEN geliebt und bewundert, besonders von mir, und jetzt ist er nicht mehr bei uns“, erklärte der US-Präsident. (mit AFP, Reuters)

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