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Symbolbild: Der britische Staatsbürger James Scott Rhys Anderson bei einer Anhörung vor dem regionalen Gericht in Kursk.

© IMAGO/SNA

„Bis sie alle verstummen”: Russland sperrt eigene Propaganda-Blogger weg, wenn sie zu kritisch werden

Gleich drei kremltreue Militärblogger wurden in den letzten Wochen von Russlands Justiz abgestraft. Sie hatten zuvor Kritik an hochrangigen Kommandanten oder dem Kreml-Regime geäußert.

Stand:

In den letzten Wochen ist Russlands Regierung vermehrt juristisch gegen inländische Militärblogger vorgegangen, die öffentlich Kritik am Kreml, Machthaber Wladimir Putin oder der russischen Militärführung geübt hatten.

Wie das internationale Nachrichtenmagazin „The Economist“ jüngst berichtete, zielen die Maßnahmen russischer Justizbehörden vorrangig auf sogenannte „Z-Blogger“ ab. Diese sollen hochrangige Kremlbeamte, Kommandeure oder andere Propagandisten in den sozialen Medien kritisiert haben. 

Russischer „Z-Blogger“ als ausländischer Agent eingestuft

„The Economist“ nennt in diesem Zusammenhang gleich mehrere Beispiele von Justizmaßnahmen gegen „Z-Blogger“. So wurde beispielsweise im September der Militärblogger und ehemalige Berater des Ex-Gouverneurs von Kursk, Roman Alyokhin, vom Kreml als „ausländischer Agent“ gebrandmarkt. Wie unter anderem die „Moscow Times“ berichtete, wurde gegen den Blogger ein vorläufiges Betrugsermittlungsverfahren eingeleitet, weil er für die Fronttruppen bestimmte Gelder über seine eigene Wohltätigkeitsstiftung gewaschen haben soll.

Der Spendensammler für die russischen Truppen war bereits zuvor mit kremltreuen Autoritäten aneinandergeraten. Weil er öffentlich Kritik an dem russischen Fernsehmoderator und Top-Propagandisten Wladimir Solowjow geübt hatte, wurde ein Vertrag mit den tschetschenischen Achmat-Spezialeinheiten aufgekündigt.

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Der Moskauer Tageszeitung „Nowaja Gaseta“ zufolge habe das Gericht in seiner Urteilsbegründung angegeben, dass Alyokhin außerdem auf seinem Telegram-Kanal „ungenaue Informationen über die russischen Behörden“ verbreitet habe – „mit dem Ziel, ein negatives Bild von russischen Soldaten zu erzeugen“.

Alyokhin selbst bezeichnete die Anschuldigungen im Betrugsermittlungsverfahren via Telegram als „absurd“ und mutmaßte: „Vielleicht hat es jemandem nicht gefallen, dass die von uns eingeführte Frontkommunikation zu aktiv geworden ist.“ Seinem Vaterland wolle er auch weiterhin treu ergeben sein und es nicht verraten, allerdings werde er ab jetzt „keine Werbung mehr machen, die sie nicht mögen“, schrieb Alyokhin, mutmaßlich an Kreml und Militär gerichtet.

Vorzeige-Propagandistin als „Terroristin“ gebrandmarkt

Ende Oktober setzte Moskau dann die prorussische Kriegspropagandistin Tatyana Montyan auf die Liste der „Terroristen und Extremisten“. Sie soll ebenfalls Spendengelder für die Fronttruppen veruntreut haben.

Als ehemalige Anwältin in Kiew, die im Jahr 2021 nach Russland zog, wurde Montyan im russischen Staatsfernsehen oftmals als glühende Befürworterin des russischen Einmarsches in die Ukraine präsentiert. Allerdings fiel Montyan jüngst vermehrt durch negative Berichterstattung auf. Dabei wurden etwa russische Korruptionsfälle, chaotische Zustände in den von Russland besetzten Gebieten, das Kreml-Regime unter Wladimir Putin oder „Kriegsverbrechen an der Front“ thematisiert, wie etwa die dänische Nachrichtenseite „Dagens“ berichtete.

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Russische „Z-Bloggerin“ trotz Entschuldigung angeklagt

Im November schließlich wurden die „Z-Blogger“ Oksana Kobelewa und ihr Ehemann im russischen Kabardinka festgenommen. Die Russin hatte zuvor auf ihrem Telegram-Kanal den Kommandeur der Achmat-Spezialeinheit, Apti Alaudinow, kritisiert.

Die Maschinerie wird so weit hochgefahren, bis sie alle verstummen werden.

Apti Alaudinow, Achmat-Kommandeur

Wie das kaukasische Online-Medium „KavkazUzel“ (deutsch: „Der Kaukasus-Knoten“) berichtete, sei Kobelewa später zu einem Prozess wegen Rufschädigung der russischen Armee vorgeladen worden. Dass sich die Russin kurz nach ihrer Festnahme auf ihrem Telegram-Kanal für die Kritik an Alaudinow öffentlich entschuldigte, konnte die Anklage nicht abwenden. „Ich bedauere zutiefst, was ich geschrieben habe. Das hätte ich nicht tun sollen. Es hat Russland nicht geholfen, sondern dem Feind in die Hände gespielt“, schrieb sie.

Russland will noch härter gegen Kritiker vorgehen

Wie „The Economist“ berichtet, sollen Begnadigungsanfragen der „Z-Blogger“ seitens der russischen Behörden bis heute unbeantwortet geblieben sein. Stattdessen betonte der zuvor von Kobelewa und anderen Militärbloggern kritisierte Generalmajor Alaudinow, dass man nun härter gegen Kritiker vorgehen wolle, sollten diese sich nicht öffentlich entschuldigen.

Im gleichen Zuge kündigte der Achmat-Kommandeur einen breit angelegten Feldzug gegen alles an, was er selbst als „innere Feinde” bezeichnen würde. All diejenigen, die keine gemeinsame Basis suchten, würden „rechtlich vernichtet” werden, warnte er. „Die Maschinerie wird so weit hochgefahren, bis sie alle verstummen werden”, so der Generalmajor.

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