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„Erfolgreich abgeschlossen“: China beendet groß angelegte Militärübung rund um Taiwan
Nach einer großen Übung im Mai hat China erneut ein Militärmanöver rund um die demokratische Inselrepublik durchgeführt. Taiwans Verteidigungsministerium sprach von einer „irrationalen Provokation“.
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Mit einem massiven Militärmanöver rund um Taiwan hat China seinen Anspruch auf die Insel unterstrichen. An dem 13-stündigen Manöver „Gemeinsames Schwert-2024B“ waren nach chinesischen Angaben am Montag unter anderem ein Flugzeugträger sowie Kampfflugzeuge beteiligt, zudem bewegten sich Verbände der chinesischen Küstenwache demnach rund um die Insel. Dem Verteidigungsministerium in Taipeh zufolge wurden 125 Kampfflugzeuge gesichtet - so viele wie nie zuvor an einem Tag. Die mit Taiwan verbündeten USA warnten vor einer weiteren Eskalation.
Der chinesische Militärsprecher Li Xi erklärte die Übungen am Montagabend für „erfolgreich abgeschlossen“. Die chinesischen Truppen würden ihre Kampfbereitschaft weiter verstärken und „die separatistischen Bemühungen für eine ‚Unabhängigkeit Taiwans‘“ vereiteln, betonte er. Die Armee habe „die integrierten gemeinsamen Einsatzfähigkeiten ihrer Soldaten vollständig getestet“. Unter anderem hätten die Truppen für einen „Angriff auf Ziele auf dem Meer und an Land“ trainiert.
Parallel dazu nahmen nach Angaben Pekings vier Schiffsverbände der Küstenwache „Inspektionen“ rund um Taiwan vor. Auf einer Grafik der Küstenwache wurde dargestellt, wie die vier Verbände Taiwan einkreisen und sich gegen den Uhrzeigersinn rund um die Insel bewegen. Taiwanischen Angaben zufolge drangen Schiffe dabei kurzzeitig in eine Sperrzone in den Gewässern vor der Insel ein.
Der hochrangige taiwanische Militärgeheimdienstvertreter Hsieh Jih-sheng sagte vor Journalisten, rund um Taiwan seien 125 chinesische Flugzeuge entdeckt worden, so viele wie noch nie zuvor an einem einzigen Tag. Zudem seien 17 Kriegsschiffe ausgemacht worden.
Es ist bereits Chinas viertes großangelegtes Militärmanöver rund um Taiwan binnen zwei Jahren. Die Übungen stünden „im Einklang mit dem auf dem Ein-China-Grundsatz basierenden Gesetz“, sagte der chinesische Küstenwachesprecher Liu Dejun.
Bereits in den vergangenen Tagen hatte es Berichte gegeben, wonach China ein Manöver in Reaktion auf eine vergangene Woche abgehaltene Festtagsrede des taiwanischen Präsidenten Lai Ching-te anlässlich des Nationalfeiertages am 10. Oktober abhalten könnte.
Küstenwache berichtete über ein „Eindringen in die Grauzone“
Inmitten des Militärmanövers hat die taiwanische Küstenwache eigenen Angaben zufolge einen Chinesen auf einer kleinen, China vorgelagerten Insel festgenommen. Es sei „nicht ausgeschlossen“, dass der Vorfall im Zusammenhang mit den Militärübungen stehe und ein „Eindringen in die Grauzone“ darstelle, teilte die Küstenwache am Montag mit. Die Küstenwache verwendete damit eine Formulierung, die feindliche Manöver bezeichnet, die nicht als direkte Kriegshandlung zu werten sind.
Der Festgenommene sei in einem Schlauchboot auf illegale Art und Weise nach Menghu gelangt, einer kleinen Insel, die Teil der von Taiwan verwalteten Kinmen-Inseln ist und nur wenige Kilometer vor der chinesischen Hafenstadt Xiamen liegt. Auf Bildern, die von der taiwanischen Küstenwache veröffentlicht wurden, war zu sehen, wie der Mann auf ein Schiff abgeführt wurde.
Der Verdächtige und sein Boot seien nach Kinmen gebracht worden, teilte die Küstenwache weiter mit. Die Küstenwache habe ihre „Wachsamkeit erhöht“. Kritische Orte würden ständig überwacht und Ziele auf See in „Echtzeit“ beobachtet.
Die Bundesregierung sieht die chinesischen Militärmanöver mit Sorge. Die Entwicklung werde sehr genau verfolgt, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. „Militärische Maßnahmen Chinas erhöhen das Risiko unbeabsichtigter militärischer Zusammenstöße.“ Insofern werde dadurch die Spannung in der Region erhöht. Die Bundesregierung erwarte von China, dass das Land zu Stabilität in der Region beitrage. Die Freiheit der Schifffahrt und der Luftfahrt müssten respektiert werden.
Bereits im Mai große Militärübung abgehalten
Das taiwanische Verteidigungsministerium nannte die chinesische Übung eine „irrationale Provokation“ und erklärte, eigene Streitkräfte entsandt zu haben, um „konkrete Maßnahmen zur Wahrung von Freiheit und Demokratie zu ergreifen“.
Zuletzt im Mai hatte Chinas Volksbefreiungsarmee eine große Militärübung rund um Taiwan gestartet. Die Übung fand kurz nach der Amtseinführung von Lai statt. Seine Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte im Januar die Präsidentschaftswahl gewonnen und tritt für einen Peking-kritischen Kurs ein. Die regierende Kommunistische Partei in Peking wirft der DPP Separatismus vor.
Nachdem die Übung im Mai „Gemeinsames Schwert-2024A“ genannt wurde, läuft die aktuelle Übung unter dem Namen „Gemeinsames Schwert-2024B“.
Der seit Mai amtierenden taiwanische Präsident beharrt deutlicher als seine Vorgängerin Tsai Ing-wen auf Taiwans Souveränität. Peking stuft ihn daher als „Separatisten“ ein. Lai bekräftigte am Montag angesichts der Manöver seinen Willen zur Verteidigung des „demokratischen Taiwan“.
Peking schickt regelmäßig Kampfflugzeuge
China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, obwohl dort seit Jahrzehnten stets unabhängige und demokratisch gewählte Regierungen an der Macht sind. Die Führung in Peking hat bereits mehrmals damit gedroht, die mehr als 23 Millionen Einwohner zählende Insel und das Festland mit militärischen Zwangsmitteln zu vereinen.
Neben regelmäßigen Übungen der Streitkräfte fliegen beinahe täglich Kampfflugzeuge in Richtung Taiwan, um die militärische Macht der Volksbefreiungsarmee zu demonstrieren.
Die US-Regierung sieht in dem chinesischen Militärmanöver rund um Taiwan die Gefahr einer Eskalation. Die Vereinigten Staaten seien ernsthaft besorgt über die Übungen in der Straße von Taiwan und um Taiwan herum, teilte der Sprecher des Außenministeriums in Washington, Matthew Miller, mit. (dpa, AFP)
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