
© AFP/OMAR AL-QATTAA
Angriff auf Schulgebäude in Gaza: Israel will mindestens 31 Islamisten getötet haben – insgesamt offenbar 93 Tote
Der israelischen Armee nach habe die Hamas das Gebäude als Versteck genutzt. Die Terrororganisation dementiert das und spricht von Dutzenden verbrannten Opfern. Der Angriff löste internationale Empörung aus.
Stand:
Die israelische Arme hat bei ihrem Angriff auf ein Schulgebäude im Gazastreifen nach eigenen Angaben 31 Kämpfer der militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad getötet.
Wie die Armee am Montag in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Geheimdienst mitteilte, wurden mittlerweile die „Identitäten von 31 Terroristen der Hamas und des Islamischen Dschihad“ bestätigt. Dazu veröffentlichte die Armee eine Liste mit Namen und Fotos der mutmaßlich getöteten Kämpfer.
Wenige Stunden nach dem Angriff hatte die israelische Armee zunächst von 19 getöteten Kämpfern gesprochen. Die der Hamas unterstehende Zivilschutzbehörde im Gazastreifen hatte dagegen mitgeteilt, bei dem Angriff auf die Al-Tabien-Schule am Samstagmorgen seien mindestens 93 Menschen getötet worden, darunter auch mehrere Kinder. Die Nachrichtenagentur AFP konnte die Opferzahl nicht unabhängig überprüfen.
Die israelische Armee hatte die Koranschule mit angrenzender Moschee nach eigenen Angaben mit mehreren „Präzisionswaffen“ angegriffen. Ihren Angaben zufolge hatten Hamas und Islamischer Dschihad das Gebäude als Kommandozentrale genutzt. Nach palästinensischen Angaben hatten sich in dem Gebäude dagegen Menschen aufgehalten, die durch die Kämpfe im Gazastreifen vertrieben wurden.
Der Sprecher des Zivilschutzes im Gazastreifen, Mahmud Bassal, sagte am Montag, mittlerweile seien 75 der 93 Toten identifiziert worden. Unter den Toten seien elf Kinder und sechs Frauen. Der Notarzt Amjad Aliwa vom Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza bestätigte die Zahl von 75 Identifizierten. Die Identifizierung der anderen Opfer werde länger dauern, da die Leichen stark verstümmelt und verbrannt oder alle Angehörigen geflohen seien.
Es gibt keine Rechtfertigung für diese Massaker.
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell
Der Angriff auf die Al-Tabien-Schule hatte international Kritik ausgelöst. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte die Berichte aus Gaza am Sonntag im Onlinedienst X als „schrecklich“ bezeichnet. „Dass Zivilisten getötet werden, die Schutz suchen, ist nicht hinnehmbar“, erklärte das deutsche Außenministerium weiter. „Die wiederholten Angriffe der israelischen Armee auf Schulen müssen aufhören und rasch aufgeklärt werden.“
Eine Außenamtssprecherin und ein Regierungssprecher sagten am Montag in Berlin, über diese sehr klaren Worte hinaus werde die Bundesregierung keine Bewertung des Vorfalls vornehmen. Der genaue Hergang von Ereignissen in Nahost sei von Berlin aus nicht einzuschätzen, sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner.
Israels Armee habe die als Vertriebenen-Unterkunft genutzte Schule während des muslimischen Gebets am frühen Morgen angegriffen, teilte das von der Hamas kontrollierte Medienbüro mit. Das israelische Militär bestätigte den Angriff, der einer Kommandozentrale der Hamas galt.
Vor dem Angriff seien „zahlreiche Maßnahmen“ ergriffen worden, um das Risiko für Zivilisten zu mindern, teilte die israelische Armee weiter mit.
Vermittler-Staaten verurteilten den Angriff
Von dem Gebäude aus seien Anschläge gegen Israels Truppen und den Staat Israel geplant und vorbereitet worden. Dutzende der Opfer seien bei dem Angriff verbrannt, teilte das von der Hamas kontrollierte Medienbüro weiter mit.
Augenzeugen berichteten von schrecklichen Szenen. Der Geruch von verbranntem Fleisch habe die Luft erfüllt, Leichenteile seien weit verstreut gewesen, sagte ein Mann aus der Nachbarschaft, der nach der Detonation zum Schauplatz geeilt war. Ihm seien die Tränen gekommen, führte er weiter aus. Eine Frau, die den Angriff im Obergeschoss überlebte, gab an, zehn Verwandte verloren zu haben, unter ihnen den Vater, zwei Söhne und ihre Brüder.
Palästinensische medizinische und Sicherheitskreise gingen von mehr als 100 Toten und weiteren Dutzenden Verletzten aus. Der Sprecher des Zivilschutzes wies darauf hin, dass noch viele Menschen sterben würden, weil die Krankenhäuser im Gazastreifen kaum mehr imstande seien, Schwerverletzten entsprechend zu helfen.
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Der folgenschwere Angriff rief in der Region Empörung hervor. Ägypten und Katar – zwei arabische Länder, die bei den indirekten Waffenruhe-Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas vermitteln – verurteilten das „Massaker“. Es handle sich um eine „Fortsetzung von Verbrechen in großem Maßstab“, bei denen „gewaltige Zahlen unbewaffneter Zivilisten“ getötet würden, teilte das Außenministerium in Kairo mit. Der Angriff sei ein „klarer Beweis“ dafür, dass es auf israelischer Seite keinen Willen gebe, den brutalen Krieg im Gazastreifen zu beenden.
Das katarische Außenministerium sprach in einer Erklärung, die die staatliche Nachrichtenagentur QNA verbreitete, von einem „brutalen Verbrechen an schutzlosen Zivilisten“. Katar fordere eine dringende internationale Untersuchung des Vorfalls.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zeigte sich entsetzt über den Angriff. „Mindestens zehn Schulen wurden in den vergangenen Wochen ins Visier genommen. Es gibt keine Rechtfertigung für diese Massaker“, schrieb Borrell auf der Plattform X. „Wir sind bestürzt über die schreckliche Gesamtzahl der Opfer.“ Ein Waffenstillstand sei der einzige Weg, das Töten von Zivilisten zu beenden und die Freilassung der Geiseln sicherzustellen, mahnte er.
Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer, der katastrophalen humanitären Lage und der verheerenden Zerstörungen in Gaza steht Israel international stark in der Kritik. Laut dem Generalkommissar des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, sind inzwischen zwei von drei Gebäuden in Gaza beschädigt oder zerstört. Er stützt sich auf neueste Daten des Satellitenbeobachtungsprogramms der UN. Mit jedem Tag, den der Krieg andauere, gehe die Zerstörung einer ganzen Gemeinschaft weiter, beklagte Lazzarini auf X. (dpa)
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